grösten Schmertzen liegen. Ach! daß nur sol- che, die sich ihre Lust so süsse einbilden, ein eini- ges mal dieser jämmerlichen Leute ihr Geschrey und Heulen anhören könten: damit sie es sehen möchten, welch eine Glückseligkeit sie sich geweh- let haben, und was sie für einen Ausgang neh- men kann!
Doch das ist erst der Noth Anfang. Sie beschweren sich bey alle dem, wenn auch gleich die Schmertzen manchmal ausbleiben, über den völligen Verlust ihrer Stärcke und Kraft; sind in allen Gliedern so schwach und laß, daß sie sich kaum halten können. Jn den Inguinibus oder Weichen entstehen harte Knoten und Beu- len, so bey den Medicis bubones venerei heis- sen. Das Gesicht ist scheußlich, und um die Augen eine noch viel duncklere schwartzblasse Farbe. Was das greulichste ist, so hat die ei- ternde Materie, so von ihnen fliesset, eine an- steckende fermentirende Kraft, welche sich an- fangs darin äussert, daß die übrigen herzuflies- senden humores in gleiche Gährung und Fäul- niß gesetzet werden. Daher um solche Leute ein überaus widerwärtiger und schädlicher Gestanck ist, welcher alles, wo sie sich legen oder setzen, zum Exempel, die Betten, Kleider, Sessel, Sat- tel, Trinckgeschirr, Schermesser etc. ja zu theurest die Wäsche inficiret: so, daß auch andere un- schuldige Personen, wenn sie an dergleichen Or- te, vornehmlich so lange sie noch warm sind, kommen, in grosses Unglück gestürtzet werden können. Auch so gar ihr Athem steckt andere
Leu-
I. Th. Betr. der Unreinigk. K
Betrachtung der Unreinigkeit.
groͤſten Schmertzen liegen. Ach! daß nur ſol- che, die ſich ihre Luſt ſo ſuͤſſe einbilden, ein eini- ges mal dieſer jaͤmmerlichen Leute ihr Geſchrey und Heulen anhoͤren koͤnten: damit ſie es ſehen moͤchten, welch eine Gluͤckſeligkeit ſie ſich geweh- let haben, und was ſie fuͤr einen Ausgang neh- men kann!
Doch das iſt erſt der Noth Anfang. Sie beſchweren ſich bey alle dem, wenn auch gleich die Schmertzen manchmal ausbleiben, uͤber den voͤlligen Verluſt ihrer Staͤrcke und Kraft; ſind in allen Gliedern ſo ſchwach und laß, daß ſie ſich kaum halten koͤnnen. Jn den Inguinibus oder Weichen entſtehen harte Knoten und Beu- len, ſo bey den Medicis bubones venerei heiſ- ſen. Das Geſicht iſt ſcheußlich, und um die Augen eine noch viel duncklere ſchwartzblaſſe Farbe. Was das greulichſte iſt, ſo hat die ei- ternde Materie, ſo von ihnen flieſſet, eine an- ſteckende fermentirende Kraft, welche ſich an- fangs darin aͤuſſert, daß die uͤbrigen herzuflieſ- ſenden humores in gleiche Gaͤhrung und Faͤul- niß geſetzet werden. Daher um ſolche Leute ein uͤberaus widerwaͤrtiger und ſchaͤdlicher Geſtanck iſt, welcher alles, wo ſie ſich legen oder ſetzen, zum Exempel, die Betten, Kleider, Seſſel, Sat- tel, Trinckgeſchirr, Schermeſſer ꝛc. ja zu theureſt die Waͤſche inficiret: ſo, daß auch andere un- ſchuldige Perſonen, wenn ſie an dergleichen Or- te, vornehmlich ſo lange ſie noch warm ſind, kommen, in groſſes Ungluͤck geſtuͤrtzet werden koͤnnen. Auch ſo gar ihr Athem ſteckt andere
Leu-
I. Th. Betr. der Unreinigk. K
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0165"n="145"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Betrachtung der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/>
groͤſten Schmertzen liegen. Ach! daß nur ſol-<lb/>
che, die ſich ihre Luſt ſo ſuͤſſe einbilden, ein eini-<lb/>
ges mal dieſer jaͤmmerlichen Leute ihr Geſchrey<lb/>
und Heulen anhoͤren koͤnten: damit ſie es ſehen<lb/>
moͤchten, welch eine Gluͤckſeligkeit ſie ſich geweh-<lb/>
let haben, und was ſie fuͤr einen Ausgang neh-<lb/>
men kann!</p><lb/><p>Doch das iſt erſt der Noth Anfang. Sie<lb/>
beſchweren ſich bey alle dem, wenn auch gleich<lb/>
die Schmertzen manchmal ausbleiben, uͤber den<lb/>
voͤlligen Verluſt ihrer Staͤrcke und Kraft; ſind<lb/>
in allen Gliedern ſo ſchwach und laß, daß ſie<lb/>ſich kaum halten koͤnnen. Jn den <hirendition="#aq">Inguinibus</hi><lb/>
oder Weichen entſtehen harte Knoten und Beu-<lb/>
len, ſo bey den <hirendition="#aq">Medicis bubones venerei</hi> heiſ-<lb/>ſen. Das Geſicht iſt ſcheußlich, und um die<lb/>
Augen eine noch viel duncklere ſchwartzblaſſe<lb/>
Farbe. Was das greulichſte iſt, ſo hat die ei-<lb/>
ternde Materie, ſo von ihnen flieſſet, eine an-<lb/>ſteckende fermentirende Kraft, welche ſich an-<lb/>
fangs darin aͤuſſert, daß die uͤbrigen herzuflieſ-<lb/>ſenden <hirendition="#aq">humores</hi> in gleiche Gaͤhrung und Faͤul-<lb/>
niß geſetzet werden. Daher um ſolche Leute ein<lb/>
uͤberaus widerwaͤrtiger und ſchaͤdlicher Geſtanck<lb/>
iſt, welcher alles, wo ſie ſich legen oder ſetzen,<lb/>
zum Exempel, die Betten, Kleider, Seſſel, Sat-<lb/>
tel, Trinckgeſchirr, Schermeſſer ꝛc. ja zu theureſt<lb/>
die Waͤſche inficiret: ſo, daß auch andere un-<lb/>ſchuldige Perſonen, wenn ſie an dergleichen Or-<lb/>
te, vornehmlich ſo lange ſie noch warm ſind,<lb/>
kommen, in groſſes Ungluͤck geſtuͤrtzet werden<lb/>
koͤnnen. Auch ſo gar ihr Athem ſteckt andere<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">I.</hi> Th. <hirendition="#fr">Betr. der Unreinigk.</hi> K</fw><fwplace="bottom"type="catch">Leu-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[145/0165]
Betrachtung der Unreinigkeit.
groͤſten Schmertzen liegen. Ach! daß nur ſol-
che, die ſich ihre Luſt ſo ſuͤſſe einbilden, ein eini-
ges mal dieſer jaͤmmerlichen Leute ihr Geſchrey
und Heulen anhoͤren koͤnten: damit ſie es ſehen
moͤchten, welch eine Gluͤckſeligkeit ſie ſich geweh-
let haben, und was ſie fuͤr einen Ausgang neh-
men kann!
Doch das iſt erſt der Noth Anfang. Sie
beſchweren ſich bey alle dem, wenn auch gleich
die Schmertzen manchmal ausbleiben, uͤber den
voͤlligen Verluſt ihrer Staͤrcke und Kraft; ſind
in allen Gliedern ſo ſchwach und laß, daß ſie
ſich kaum halten koͤnnen. Jn den Inguinibus
oder Weichen entſtehen harte Knoten und Beu-
len, ſo bey den Medicis bubones venerei heiſ-
ſen. Das Geſicht iſt ſcheußlich, und um die
Augen eine noch viel duncklere ſchwartzblaſſe
Farbe. Was das greulichſte iſt, ſo hat die ei-
ternde Materie, ſo von ihnen flieſſet, eine an-
ſteckende fermentirende Kraft, welche ſich an-
fangs darin aͤuſſert, daß die uͤbrigen herzuflieſ-
ſenden humores in gleiche Gaͤhrung und Faͤul-
niß geſetzet werden. Daher um ſolche Leute ein
uͤberaus widerwaͤrtiger und ſchaͤdlicher Geſtanck
iſt, welcher alles, wo ſie ſich legen oder ſetzen,
zum Exempel, die Betten, Kleider, Seſſel, Sat-
tel, Trinckgeſchirr, Schermeſſer ꝛc. ja zu theureſt
die Waͤſche inficiret: ſo, daß auch andere un-
ſchuldige Perſonen, wenn ſie an dergleichen Or-
te, vornehmlich ſo lange ſie noch warm ſind,
kommen, in groſſes Ungluͤck geſtuͤrtzet werden
koͤnnen. Auch ſo gar ihr Athem ſteckt andere
Leu-
I. Th. Betr. der Unreinigk. K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/165>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.