Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
voller Maser-Flecken aus; dachte aber nicht, daß diese schänd-
liche Gewohnheit, die ich noch immerfortsetzte, Ursach dar-
an wäre. Und wenn ich solche im Bette verübete, so ver-
ursachte es mir ein Feuer-heisses Stechen auf der gantzen
Seite und Schenckel, auf welchem ich lag. Dieses hat mich
in einen traurigen Zustand versetzet. Denn ich kann weder
recht ruhig sitzen noch liegen, ich mag mich legen auf welche
Seite ich will. Es verursachet nach der Hitze eine starcke
Erstarrung an diesen Theilen, als ob sie todt wären; wie bey
dem jungen Menschen, dessen Exempel in ihrem Buche vor-
kommt. Dessen ungeachtet wuste ich diese gantze Zeit über
nicht, was die rechte Ursach meiner Plage sey, bis ich über
drey Jahr damit behafftet gewesen. Jch gerieth zwar bis-
weilen auf die Gedancken, es müste von dieser thörichten
Action herrühren: (denn für was kluges konnte ich sie auch
nicht halten). Wenn ich aber bedachte, wie viele sich deren
schuldig machten, und doch keine solche üblen Wirckungen
verspürten: so hielte ich meinen Zustand für was besonders.
Als ich aber einige von Jhrem Buche und von der Sünde
der Selbstbefleckung reden hörte: so wandte ich allen Fleiß an
zu untersuchen, was ein oder der andere Autor davon sagte.
Jch konnte aber gar wenige antreffen, die recht deutlich und
ausdrücklich davon geredet hätten. Jmmittelst konnte ich
mir doch so viel daraus nehmen, daß es eine Sünde sey.
Unter andern fand ich in einem gelehrten Autore, der von der
Traurigkeit handelte, daß dieses eine Ursach davon sey. Die
Selbstbefleckung, und andere dergleichen heimliche Sünden,
stürtzen die Leute öfters in eine tieffe Melancholie, weil sie
wissen, daß es eine Sünde ist, und dennoch in muthwilliger
Begehung derselben leben. Dieses verursachte mir ein tief-
fes Nachdencken; ob mir schon der Doctor, der mich unter
Händen hatte, nichts dergleichen zu verstehen gab. Er sagte,
ich hätte mir entweder wehe gethan, oder mich erkältet, daß
mir die Feuchtigkeit herab in den Schoos gefallen wäre, un-
geachtet er mich eine geraume Zeit unter Händen hatte. Der
andere Doctor aber, dem ich in die Hände gerieth, tractirte
mich, als ob ich die venerische Kranckheit hätte; und dieses
hielt er mir alsobald vor, als ich zu ihm kam. Allein ich
leugnete es beständig, und sagte, ich hätte nie mit einem
Weibsen etwas zu thun gehabt. Jmmittelst hatte mir das
elende Mittel, so er gebrauchte, grossen Schaden gethan, wie
mich andere Doctores seit dem berichtet haben. Sie mögen
nun sonst von meinem Zustande gehalten haben, was sie wol-
len: denn ich habe nie keinem, ausser einem eintzigen, ge-
standen, daß ich mich durch diese Gottlosigkeit verletzet hätte.
Aber auf meine Kranckheit zu kommen: Als ich mich eine
Zeitlang unter dieses Doctors Händen befunden, verspürte

ich

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
voller Maſer-Flecken aus; dachte aber nicht, daß dieſe ſchaͤnd-
liche Gewohnheit, die ich noch immerfortſetzte, Urſach dar-
an waͤre. Und wenn ich ſolche im Bette veruͤbete, ſo ver-
urſachte es mir ein Feuer-heiſſes Stechen auf der gantzen
Seite und Schenckel, auf welchem ich lag. Dieſes hat mich
in einen traurigen Zuſtand verſetzet. Denn ich kann weder
recht ruhig ſitzen noch liegen, ich mag mich legen auf welche
Seite ich will. Es verurſachet nach der Hitze eine ſtarcke
Erſtarrung an dieſen Theilen, als ob ſie todt waͤren; wie bey
dem jungen Menſchen, deſſen Exempel in ihrem Buche vor-
kommt. Deſſen ungeachtet wuſte ich dieſe gantze Zeit uͤber
nicht, was die rechte Urſach meiner Plage ſey, bis ich uͤber
drey Jahr damit behafftet geweſen. Jch gerieth zwar bis-
weilen auf die Gedancken, es muͤſte von dieſer thoͤrichten
Action herruͤhren: (denn fuͤr was kluges konnte ich ſie auch
nicht halten). Wenn ich aber bedachte, wie viele ſich deren
ſchuldig machten, und doch keine ſolche uͤblen Wirckungen
verſpuͤrten: ſo hielte ich meinen Zuſtand fuͤr was beſonders.
Als ich aber einige von Jhrem Buche und von der Suͤnde
der Selbſtbefleckung reden hoͤrte: ſo wandte ich allen Fleiß an
zu unterſuchen, was ein oder der andere Autor davon ſagte.
Jch konnte aber gar wenige antreffen, die recht deutlich und
ausdruͤcklich davon geredet haͤtten. Jmmittelſt konnte ich
mir doch ſo viel daraus nehmen, daß es eine Suͤnde ſey.
Unter andern fand ich in einem gelehrten Autore, der von der
Traurigkeit handelte, daß dieſes eine Urſach davon ſey. Die
Selbſtbefleckung, und andere dergleichen heimliche Suͤnden,
ſtuͤrtzen die Leute oͤfters in eine tieffe Melancholie, weil ſie
wiſſen, daß es eine Suͤnde iſt, und dennoch in muthwilliger
Begehung derſelben leben. Dieſes verurſachte mir ein tief-
fes Nachdencken; ob mir ſchon der Doctor, der mich unter
Haͤnden hatte, nichts dergleichen zu verſtehen gab. Er ſagte,
ich haͤtte mir entweder wehe gethan, oder mich erkaͤltet, daß
mir die Feuchtigkeit herab in den Schoos gefallen waͤre, un-
geachtet er mich eine geraume Zeit unter Haͤnden hatte. Der
andere Doctor aber, dem ich in die Haͤnde gerieth, tractirte
mich, als ob ich die veneriſche Kranckheit haͤtte; und dieſes
hielt er mir alſobald vor, als ich zu ihm kam. Allein ich
leugnete es beſtaͤndig, und ſagte, ich haͤtte nie mit einem
Weibſen etwas zu thun gehabt. Jmmittelſt hatte mir das
elende Mittel, ſo er gebrauchte, groſſen Schaden gethan, wie
mich andere Doctores ſeit dem berichtet haben. Sie moͤgen
nun ſonſt von meinem Zuſtande gehalten haben, was ſie wol-
len: denn ich habe nie keinem, auſſer einem eintzigen, ge-
ſtanden, daß ich mich durch dieſe Gottloſigkeit verletzet haͤtte.
Aber auf meine Kranckheit zu kommen: Als ich mich eine
Zeitlang unter dieſes Doctors Haͤnden befunden, verſpuͤrte

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <floatingText>
              <body>
                <div type="letter">
                  <p><pb facs="#f0204" n="184"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">I.</hi> Th.) <hi rendition="#b">Anatomi&#x017F;ch-Medicini&#x017F;che</hi></fw><lb/>
voller Ma&#x017F;er-Flecken aus; dachte aber nicht, daß die&#x017F;e &#x017F;cha&#x0364;nd-<lb/>
liche Gewohnheit, die ich noch immerfort&#x017F;etzte, Ur&#x017F;ach dar-<lb/>
an wa&#x0364;re. Und wenn ich &#x017F;olche im Bette veru&#x0364;bete, &#x017F;o ver-<lb/>
ur&#x017F;achte es mir ein Feuer-hei&#x017F;&#x017F;es Stechen auf der gantzen<lb/>
Seite und Schenckel, auf welchem ich lag. Die&#x017F;es hat mich<lb/>
in einen traurigen Zu&#x017F;tand ver&#x017F;etzet. Denn ich kann weder<lb/>
recht ruhig &#x017F;itzen noch liegen, ich mag mich legen auf welche<lb/>
Seite ich will. Es verur&#x017F;achet nach der Hitze eine &#x017F;tarcke<lb/>
Er&#x017F;tarrung an die&#x017F;en Theilen, als ob &#x017F;ie todt wa&#x0364;ren; wie bey<lb/>
dem jungen Men&#x017F;chen, de&#x017F;&#x017F;en Exempel in ihrem Buche vor-<lb/>
kommt. De&#x017F;&#x017F;en ungeachtet wu&#x017F;te ich die&#x017F;e gantze Zeit u&#x0364;ber<lb/>
nicht, was die rechte Ur&#x017F;ach meiner Plage &#x017F;ey, bis ich u&#x0364;ber<lb/>
drey Jahr damit behafftet gewe&#x017F;en. Jch gerieth zwar bis-<lb/>
weilen auf die Gedancken, es mu&#x0364;&#x017F;te von die&#x017F;er tho&#x0364;richten<lb/>
Action herru&#x0364;hren: (denn fu&#x0364;r was kluges konnte ich &#x017F;ie auch<lb/>
nicht halten). Wenn ich aber bedachte, wie viele &#x017F;ich deren<lb/>
&#x017F;chuldig machten, und doch keine &#x017F;olche u&#x0364;blen Wirckungen<lb/>
ver&#x017F;pu&#x0364;rten: &#x017F;o hielte ich meinen Zu&#x017F;tand fu&#x0364;r was be&#x017F;onders.<lb/>
Als ich aber einige von Jhrem Buche und von der Su&#x0364;nde<lb/>
der Selb&#x017F;tbefleckung reden ho&#x0364;rte: &#x017F;o wandte ich allen Fleiß an<lb/>
zu unter&#x017F;uchen, was ein oder der andere Autor davon &#x017F;agte.<lb/>
Jch konnte aber gar wenige antreffen, die recht deutlich und<lb/>
ausdru&#x0364;cklich davon geredet ha&#x0364;tten. Jmmittel&#x017F;t konnte ich<lb/>
mir doch &#x017F;o viel daraus nehmen, daß es eine Su&#x0364;nde &#x017F;ey.<lb/>
Unter andern fand ich in einem gelehrten Autore, der von der<lb/>
Traurigkeit handelte, daß die&#x017F;es eine Ur&#x017F;ach davon &#x017F;ey. Die<lb/>
Selb&#x017F;tbefleckung, und andere dergleichen heimliche Su&#x0364;nden,<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rtzen die Leute o&#x0364;fters in eine tieffe Melancholie, weil &#x017F;ie<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, daß es eine Su&#x0364;nde i&#x017F;t, und dennoch in muthwilliger<lb/>
Begehung der&#x017F;elben leben. Die&#x017F;es verur&#x017F;achte mir ein tief-<lb/>
fes Nachdencken; ob mir &#x017F;chon der Doctor, der mich unter<lb/>
Ha&#x0364;nden hatte, nichts dergleichen zu ver&#x017F;tehen gab. Er &#x017F;agte,<lb/>
ich ha&#x0364;tte mir entweder wehe gethan, oder mich erka&#x0364;ltet, daß<lb/>
mir die Feuchtigkeit herab in den Schoos gefallen wa&#x0364;re, un-<lb/>
geachtet er mich eine geraume Zeit unter Ha&#x0364;nden hatte. Der<lb/>
andere Doctor aber, dem ich in die Ha&#x0364;nde gerieth, tractirte<lb/>
mich, als ob ich die veneri&#x017F;che Kranckheit ha&#x0364;tte; und die&#x017F;es<lb/>
hielt er mir al&#x017F;obald vor, als ich zu ihm kam. Allein ich<lb/>
leugnete es be&#x017F;ta&#x0364;ndig, und &#x017F;agte, ich ha&#x0364;tte nie mit einem<lb/>
Weib&#x017F;en etwas zu thun gehabt. Jmmittel&#x017F;t hatte mir das<lb/>
elende Mittel, &#x017F;o er gebrauchte, gro&#x017F;&#x017F;en Schaden gethan, wie<lb/>
mich andere Doctores &#x017F;eit dem berichtet haben. Sie mo&#x0364;gen<lb/>
nun &#x017F;on&#x017F;t von meinem Zu&#x017F;tande gehalten haben, was &#x017F;ie wol-<lb/>
len: denn ich habe nie keinem, au&#x017F;&#x017F;er einem eintzigen, ge-<lb/>
&#x017F;tanden, daß ich mich durch die&#x017F;e Gottlo&#x017F;igkeit verletzet ha&#x0364;tte.<lb/>
Aber auf meine Kranckheit zu kommen: Als ich mich eine<lb/>
Zeitlang unter die&#x017F;es Doctors Ha&#x0364;nden befunden, ver&#x017F;pu&#x0364;rte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
                </div>
              </body>
            </floatingText>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0204] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche voller Maſer-Flecken aus; dachte aber nicht, daß dieſe ſchaͤnd- liche Gewohnheit, die ich noch immerfortſetzte, Urſach dar- an waͤre. Und wenn ich ſolche im Bette veruͤbete, ſo ver- urſachte es mir ein Feuer-heiſſes Stechen auf der gantzen Seite und Schenckel, auf welchem ich lag. Dieſes hat mich in einen traurigen Zuſtand verſetzet. Denn ich kann weder recht ruhig ſitzen noch liegen, ich mag mich legen auf welche Seite ich will. Es verurſachet nach der Hitze eine ſtarcke Erſtarrung an dieſen Theilen, als ob ſie todt waͤren; wie bey dem jungen Menſchen, deſſen Exempel in ihrem Buche vor- kommt. Deſſen ungeachtet wuſte ich dieſe gantze Zeit uͤber nicht, was die rechte Urſach meiner Plage ſey, bis ich uͤber drey Jahr damit behafftet geweſen. Jch gerieth zwar bis- weilen auf die Gedancken, es muͤſte von dieſer thoͤrichten Action herruͤhren: (denn fuͤr was kluges konnte ich ſie auch nicht halten). Wenn ich aber bedachte, wie viele ſich deren ſchuldig machten, und doch keine ſolche uͤblen Wirckungen verſpuͤrten: ſo hielte ich meinen Zuſtand fuͤr was beſonders. Als ich aber einige von Jhrem Buche und von der Suͤnde der Selbſtbefleckung reden hoͤrte: ſo wandte ich allen Fleiß an zu unterſuchen, was ein oder der andere Autor davon ſagte. Jch konnte aber gar wenige antreffen, die recht deutlich und ausdruͤcklich davon geredet haͤtten. Jmmittelſt konnte ich mir doch ſo viel daraus nehmen, daß es eine Suͤnde ſey. Unter andern fand ich in einem gelehrten Autore, der von der Traurigkeit handelte, daß dieſes eine Urſach davon ſey. Die Selbſtbefleckung, und andere dergleichen heimliche Suͤnden, ſtuͤrtzen die Leute oͤfters in eine tieffe Melancholie, weil ſie wiſſen, daß es eine Suͤnde iſt, und dennoch in muthwilliger Begehung derſelben leben. Dieſes verurſachte mir ein tief- fes Nachdencken; ob mir ſchon der Doctor, der mich unter Haͤnden hatte, nichts dergleichen zu verſtehen gab. Er ſagte, ich haͤtte mir entweder wehe gethan, oder mich erkaͤltet, daß mir die Feuchtigkeit herab in den Schoos gefallen waͤre, un- geachtet er mich eine geraume Zeit unter Haͤnden hatte. Der andere Doctor aber, dem ich in die Haͤnde gerieth, tractirte mich, als ob ich die veneriſche Kranckheit haͤtte; und dieſes hielt er mir alſobald vor, als ich zu ihm kam. Allein ich leugnete es beſtaͤndig, und ſagte, ich haͤtte nie mit einem Weibſen etwas zu thun gehabt. Jmmittelſt hatte mir das elende Mittel, ſo er gebrauchte, groſſen Schaden gethan, wie mich andere Doctores ſeit dem berichtet haben. Sie moͤgen nun ſonſt von meinem Zuſtande gehalten haben, was ſie wol- len: denn ich habe nie keinem, auſſer einem eintzigen, ge- ſtanden, daß ich mich durch dieſe Gottloſigkeit verletzet haͤtte. Aber auf meine Kranckheit zu kommen: Als ich mich eine Zeitlang unter dieſes Doctors Haͤnden befunden, verſpuͤrte ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/204
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/204>, abgerufen am 22.11.2024.