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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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(II. Th.) Theologische Betrachtung
alle ersinnliche Vorstellungen thun; es mögen ihm die
heiligen Engel, Propheten und Apostel aufs beweg-
lichste zureden; ja GOtt selbst mag sich mit den er-
schrecklichsten Donnerschlägen auf Sinai und im Ge-
wissen hören lassen; man mag ihm JEsum GOttes
eingebohrnen Sohn (vor dem die Welt billich als vor
ihrem Heiland allen Respect haben soll) mit seinem
Angstgeschrey am Creutz noch so lebhaft und hertzrüh-
rend vorstellen; man mag dounern, blitzen, warnen,
ruffeu, singen und sagen was man will: der Rohrdom-
mel der Unkeuschheit überschreyet alles, und sie hören
wegen der Entfernung des Hertzens von jenen Dingen,
und wegen der täglichen Herannäherung zu diesem Un-
flat wenig ode[r] nichts davon. Unkeuschheit verleitet
endlich alle Blutstropfen, ja alle Lebensgeister auf ihr
mühlrad. Dieser Fluchbaum flechtet seine Zäserlein
durch das gantze Erdreich des äusseren und inneren
Menschen, so daß er mit keinem Wohl und Wehe mehr
auszurotten ist. Der Schnee des hohen Alters selbst
kan dis heimliche Lustfeuer nicht bey allen und allemal
dämpfen.

§. 36.

Unkeuschheit verunruhiget entweder das
Gewissen oder verhärtet dasselbe, darinnen doch sonst
eine süsse Ruhe und sanfter Friede regieren solte. Bey
vielen schlägt das Gewissen wegen der Unkeuschheit die
Freudigkeit den Muth und Freymüthigkeit vor den Leu-
ten dermassen darnieder, daß sie meinen, die Sünde sey
ihnen an der Stirn geschrieben; jederman sehe es ih-
nen an und rede davon; der Tod und das Gericht
schrecken sehr, solte es auch nur unterweilen seyn, wie
ein Blitz und Wetterstreich. Dieser Handel wehret
sofort, bis es zum Abdruck und Sterben gehet; da
denn die vormals fo kurtzweilig gewesene Befle-
ckungen wie erzörnte Leoparden auf die zitternde Seele
passen, und der selbstgemachte Glaube vermag sie nicht
abzutreiben. Ein entsetzlich Exempel erzehlet Con-
rad Mel in seiner
Posaune der Ewigkeit pag. 152.
Peter Vasti ein wohlhabender Bürger, der in

Sauf-

(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
alle erſinnliche Vorſtellungen thun; es moͤgen ihm die
heiligen Engel, Propheten und Apoſtel aufs beweg-
lichſte zureden; ja GOtt ſelbſt mag ſich mit den er-
ſchrecklichſten Donnerſchlaͤgen auf Sinai und im Ge-
wiſſen hoͤren laſſen; man mag ihm JEſum GOttes
eingebohrnen Sohn (vor dem die Welt billich als vor
ihrem Heiland allen Reſpect haben ſoll) mit ſeinem
Angſtgeſchrey am Creutz noch ſo lebhaft und hertzruͤh-
rend vorſtellen; man mag dounern, blitzen, warnen,
ruffeu, ſingen und ſagen was man will: der Rohrdom-
mel der Unkeuſchheit uͤberſchreyet alles, und ſie hoͤren
wegen der Entfernung des Hertzens von jenen Dingen,
und wegen der taͤglichen Herannaͤherung zu dieſem Un-
flat wenig ode[r] nichts davon. Unkeuſchheit verleitet
endlich alle Blutstropfen, ja alle Lebensgeiſter auf ihr
muͤhlrad. Dieſer Fluchbaum flechtet ſeine Zaͤſerlein
durch das gantze Erdreich des aͤuſſeren und inneren
Menſchen, ſo daß er mit keinem Wohl und Wehe mehr
auszurotten iſt. Der Schnee des hohen Alters ſelbſt
kan dis heimliche Luſtfeuer nicht bey allen und allemal
daͤmpfen.

§. 36.

Unkeuſchheit verunruhiget entweder das
Gewiſſen oder verhaͤrtet daſſelbe, darinnen doch ſonſt
eine ſuͤſſe Ruhe und ſanfter Friede regieren ſolte. Bey
vielen ſchlaͤgt das Gewiſſen wegen der Unkeuſchheit die
Freudigkeit den Muth und Freymuͤthigkeit vor den Leu-
ten dermaſſen darnieder, daß ſie meinen, die Suͤnde ſey
ihnen an der Stirn geſchrieben; jederman ſehe es ih-
nen an und rede davon; der Tod und das Gericht
ſchrecken ſehr, ſolte es auch nur unterweilen ſeyn, wie
ein Blitz und Wetterſtreich. Dieſer Handel wehret
ſofort, bis es zum Abdruck und Sterben gehet; da
denn die vormals fo kurtzweilig geweſene Befle-
ckungen wie erzoͤrnte Leoparden auf die zitternde Seele
paſſen, und der ſelbſtgemachte Glaube vermag ſie nicht
abzutreiben. Ein entſetzlich Exempel erzehlet Con-
rad Mel in ſeiner
Poſaune der Ewigkeit pag. 152.
Peter Vaſti ein wohlhabender Buͤrger, der in

Sauf-
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[326/0346] (II. Th.) Theologiſche Betrachtung alle erſinnliche Vorſtellungen thun; es moͤgen ihm die heiligen Engel, Propheten und Apoſtel aufs beweg- lichſte zureden; ja GOtt ſelbſt mag ſich mit den er- ſchrecklichſten Donnerſchlaͤgen auf Sinai und im Ge- wiſſen hoͤren laſſen; man mag ihm JEſum GOttes eingebohrnen Sohn (vor dem die Welt billich als vor ihrem Heiland allen Reſpect haben ſoll) mit ſeinem Angſtgeſchrey am Creutz noch ſo lebhaft und hertzruͤh- rend vorſtellen; man mag dounern, blitzen, warnen, ruffeu, ſingen und ſagen was man will: der Rohrdom- mel der Unkeuſchheit uͤberſchreyet alles, und ſie hoͤren wegen der Entfernung des Hertzens von jenen Dingen, und wegen der taͤglichen Herannaͤherung zu dieſem Un- flat wenig oder nichts davon. Unkeuſchheit verleitet endlich alle Blutstropfen, ja alle Lebensgeiſter auf ihr muͤhlrad. Dieſer Fluchbaum flechtet ſeine Zaͤſerlein durch das gantze Erdreich des aͤuſſeren und inneren Menſchen, ſo daß er mit keinem Wohl und Wehe mehr auszurotten iſt. Der Schnee des hohen Alters ſelbſt kan dis heimliche Luſtfeuer nicht bey allen und allemal daͤmpfen. §. 36.Unkeuſchheit verunruhiget entweder das Gewiſſen oder verhaͤrtet daſſelbe, darinnen doch ſonſt eine ſuͤſſe Ruhe und ſanfter Friede regieren ſolte. Bey vielen ſchlaͤgt das Gewiſſen wegen der Unkeuſchheit die Freudigkeit den Muth und Freymuͤthigkeit vor den Leu- ten dermaſſen darnieder, daß ſie meinen, die Suͤnde ſey ihnen an der Stirn geſchrieben; jederman ſehe es ih- nen an und rede davon; der Tod und das Gericht ſchrecken ſehr, ſolte es auch nur unterweilen ſeyn, wie ein Blitz und Wetterſtreich. Dieſer Handel wehret ſofort, bis es zum Abdruck und Sterben gehet; da denn die vormals fo kurtzweilig geweſene Befle- ckungen wie erzoͤrnte Leoparden auf die zitternde Seele paſſen, und der ſelbſtgemachte Glaube vermag ſie nicht abzutreiben. Ein entſetzlich Exempel erzehlet Con- rad Mel in ſeiner Poſaune der Ewigkeit pag. 152. Peter Vaſti ein wohlhabender Buͤrger, der in Sauf-

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/346>, abgerufen am 21.11.2024.