Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

(II. Th.) Theologische Betrachtung
"und nagenden Gewissens sollen gebraten werden in
"Ewigkeit."

§. 37.

Bey einigen wird das Gewissen verhärtet
und verstockt. Und da meinen sie, wunder was sie für
glückselige Leute und großmächtige Helden wären, weil
sie ohne Gewissensschläge und gleichsam mit Freuden sün-
digen könnten! Allein gesetzt auch, ein Mensch sey
zweyfach verstocket, [a]) daß er die Sünde nicht
fühle,
(wie denn gewisse Leute, deren gantzes Leben
so beschaffen ist, daß eine stete Hölle in ihrem Gewissen
lichterloh brennen solte, dennoch scheinen allerdings lu-
stig und wohl dran zu seyn: So sind sie durch ihre Fühl-
losigkeit nicht glücklicher gemacht, als ein schlaffender
Mensch, der mit samt dem Schiffe schon in die Tieffe
niedersincket, nur daß ers nicht weiß. Dis sind gantz
eigene Antichristen, ärger als die ärgsten Heiden, die
durch lange Gewohnheit auf der Höllen-Strasse eine
harte Haut bekommen haben; also daß sie ohne Schmer-
tzen über alle Unzuchtdornen und Sündensteine hinge-
hen können. Eph. 4, 18. 19.

[b]) Daß er die Straffe nicht achte, so den unzüchti-
gen auf den Fersen nachtritt, oder über ihren Köpfen
henget, (wenn z. E. alle ihre Sachen den Krebsgang
gehen, Schulden, Armuth, Blödigkeit, Schmertzen,
Mißcredit, übler Ruff etc. sie umgeben und verfolgen:)
so ist sein Zustand um desto ungerechter, kläglicher und
unseliger, weil er sich so gar auch hier nicht mehr unter
die Hand, so ihn schlägt beugen mag: sondern stirbt
in äusserster Verstockung dahin.

§. 38.

Sagst du: Es bekehren sich doch alleweil
einige? So antworte ich, 1) das kann seyn: aber
wunderselten. Einmal verderben die meisten in ihren
Sünden, oder in falscher Heuchelbusse. Es bleibt
dennoch darbey, daß wer Unkeuschheit nicht als ein
Seelen-gefährlich Ubel erkennen will, derselbe sich
muthwillens in die Sicherheit und die daranhangende
Hölle wirft. 2) Gesetzt man bekehre sich, so henget
sich gleichwol ein unkeusch gewesener Mensch eine dop-

pelte

(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
„und nagenden Gewiſſens ſollen gebraten werden in
„Ewigkeit.‟

§. 37.

Bey einigen wird das Gewiſſen verhaͤrtet
und verſtockt. Und da meinen ſie, wunder was ſie fuͤr
gluͤckſelige Leute und großmaͤchtige Helden waͤren, weil
ſie ohne Gewiſſensſchlaͤge und gleichſam mit Freuden ſuͤn-
digen koͤnnten! Allein geſetzt auch, ein Menſch ſey
zweyfach verſtocket, [α]) daß er die Suͤnde nicht
fuͤhle,
(wie denn gewiſſe Leute, deren gantzes Leben
ſo beſchaffen iſt, daß eine ſtete Hoͤlle in ihrem Gewiſſen
lichterloh brennen ſolte, dennoch ſcheinen allerdings lu-
ſtig und wohl dran zu ſeyn: So ſind ſie durch ihre Fuͤhl-
loſigkeit nicht gluͤcklicher gemacht, als ein ſchlaffender
Menſch, der mit ſamt dem Schiffe ſchon in die Tieffe
niederſincket, nur daß ers nicht weiß. Dis ſind gantz
eigene Antichriſten, aͤrger als die aͤrgſten Heiden, die
durch lange Gewohnheit auf der Hoͤllen-Straſſe eine
harte Haut bekommen haben; alſo daß ſie ohne Schmer-
tzen uͤber alle Unzuchtdornen und Suͤndenſteine hinge-
hen koͤnnen. Eph. 4, 18. 19.

[β]) Daß er die Straffe nicht achte, ſo den unzuͤchti-
gen auf den Ferſen nachtritt, oder uͤber ihren Koͤpfen
henget, (wenn z. E. alle ihre Sachen den Krebsgang
gehen, Schulden, Armuth, Bloͤdigkeit, Schmertzen,
Mißcredit, uͤbler Ruff ꝛc. ſie umgeben und verfolgen:)
ſo iſt ſein Zuſtand um deſto ungerechter, klaͤglicher und
unſeliger, weil er ſich ſo gar auch hier nicht mehr unter
die Hand, ſo ihn ſchlaͤgt beugen mag: ſondern ſtirbt
in aͤuſſerſter Verſtockung dahin.

§. 38.

Sagſt du: Es bekehren ſich doch alleweil
einige? So antworte ich, 1) das kann ſeyn: aber
wunderſelten. Einmal verderben die meiſten in ihren
Suͤnden, oder in falſcher Heuchelbuſſe. Es bleibt
dennoch darbey, daß wer Unkeuſchheit nicht als ein
Seelen-gefaͤhrlich Ubel erkennen will, derſelbe ſich
muthwillens in die Sicherheit und die daranhangende
Hoͤlle wirft. 2) Geſetzt man bekehre ſich, ſo henget
ſich gleichwol ein unkeuſch geweſener Menſch eine dop-

pelte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0348" n="328"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">II.</hi> Th.) <hi rendition="#b">Theologi&#x017F;che Betrachtung</hi></fw><lb/>
&#x201E;und nagenden Gewi&#x017F;&#x017F;ens &#x017F;ollen gebraten werden in<lb/>
&#x201E;Ewigkeit.&#x201F;</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 37.</head>
            <p>Bey einigen wird das Gewi&#x017F;&#x017F;en verha&#x0364;rtet<lb/>
und ver&#x017F;tockt. Und da meinen &#x017F;ie, wunder was &#x017F;ie fu&#x0364;r<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elige Leute und großma&#x0364;chtige Helden wa&#x0364;ren, weil<lb/>
&#x017F;ie ohne Gewi&#x017F;&#x017F;ens&#x017F;chla&#x0364;ge und gleich&#x017F;am mit Freuden &#x017F;u&#x0364;n-<lb/>
digen ko&#x0364;nnten! Allein ge&#x017F;etzt auch, ein Men&#x017F;ch &#x017F;ey<lb/>
zweyfach ver&#x017F;tocket, <supplied>&#x03B1;</supplied>) <hi rendition="#fr">daß er die Su&#x0364;nde nicht<lb/>
fu&#x0364;hle,</hi> (wie denn gewi&#x017F;&#x017F;e Leute, deren gantzes Leben<lb/>
&#x017F;o be&#x017F;chaffen i&#x017F;t, daß eine &#x017F;tete Ho&#x0364;lle in ihrem Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
lichterloh brennen &#x017F;olte, dennoch &#x017F;cheinen allerdings lu-<lb/>
&#x017F;tig und wohl dran zu &#x017F;eyn: So &#x017F;ind &#x017F;ie durch ihre Fu&#x0364;hl-<lb/>
lo&#x017F;igkeit nicht glu&#x0364;cklicher gemacht, als ein &#x017F;chlaffender<lb/>
Men&#x017F;ch, der mit &#x017F;amt dem Schiffe &#x017F;chon in die Tieffe<lb/>
nieder&#x017F;incket, nur daß ers nicht weiß. Dis &#x017F;ind gantz<lb/>
eigene Antichri&#x017F;ten, a&#x0364;rger als die a&#x0364;rg&#x017F;ten Heiden, die<lb/>
durch lange Gewohnheit auf der Ho&#x0364;llen-Stra&#x017F;&#x017F;e eine<lb/>
harte Haut bekommen haben; al&#x017F;o daß &#x017F;ie ohne Schmer-<lb/>
tzen u&#x0364;ber alle Unzuchtdornen und Su&#x0364;nden&#x017F;teine hinge-<lb/>
hen ko&#x0364;nnen. Eph. 4, 18. 19.</p><lb/>
            <p><supplied>&#x03B2;</supplied>) Daß er <hi rendition="#fr">die Straffe nicht achte,</hi> &#x017F;o den unzu&#x0364;chti-<lb/>
gen auf den Fer&#x017F;en nachtritt, oder u&#x0364;ber ihren Ko&#x0364;pfen<lb/>
henget, (wenn z. E. alle ihre Sachen den Krebsgang<lb/>
gehen, Schulden, Armuth, Blo&#x0364;digkeit, Schmertzen,<lb/>
Mißcredit, u&#x0364;bler Ruff &#xA75B;c. &#x017F;ie umgeben und verfolgen:)<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ein Zu&#x017F;tand um de&#x017F;to ungerechter, kla&#x0364;glicher und<lb/>
un&#x017F;eliger, weil er &#x017F;ich &#x017F;o gar auch hier nicht mehr unter<lb/>
die Hand, &#x017F;o ihn &#x017F;chla&#x0364;gt beugen mag: &#x017F;ondern &#x017F;tirbt<lb/>
in a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ter Ver&#x017F;tockung dahin.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 38.</head>
            <p>Sag&#x017F;t du: Es bekehren &#x017F;ich doch alleweil<lb/>
einige? So <hi rendition="#fr">antworte</hi> ich, 1) das kann &#x017F;eyn: aber<lb/>
wunder&#x017F;elten. Einmal verderben die mei&#x017F;ten in ihren<lb/>
Su&#x0364;nden, oder in fal&#x017F;cher Heuchelbu&#x017F;&#x017F;e. Es bleibt<lb/>
dennoch darbey, daß wer Unkeu&#x017F;chheit nicht als ein<lb/>
Seelen-gefa&#x0364;hrlich Ubel erkennen will, der&#x017F;elbe &#x017F;ich<lb/>
muthwillens in die <hi rendition="#fr">Sicherheit</hi> und die daranhangende<lb/>
Ho&#x0364;lle wirft. 2) Ge&#x017F;etzt man bekehre &#x017F;ich, &#x017F;o henget<lb/>
&#x017F;ich gleichwol ein unkeu&#x017F;ch gewe&#x017F;ener Men&#x017F;ch eine dop-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">pelte</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0348] (II. Th.) Theologiſche Betrachtung „und nagenden Gewiſſens ſollen gebraten werden in „Ewigkeit.‟ §. 37.Bey einigen wird das Gewiſſen verhaͤrtet und verſtockt. Und da meinen ſie, wunder was ſie fuͤr gluͤckſelige Leute und großmaͤchtige Helden waͤren, weil ſie ohne Gewiſſensſchlaͤge und gleichſam mit Freuden ſuͤn- digen koͤnnten! Allein geſetzt auch, ein Menſch ſey zweyfach verſtocket, α) daß er die Suͤnde nicht fuͤhle, (wie denn gewiſſe Leute, deren gantzes Leben ſo beſchaffen iſt, daß eine ſtete Hoͤlle in ihrem Gewiſſen lichterloh brennen ſolte, dennoch ſcheinen allerdings lu- ſtig und wohl dran zu ſeyn: So ſind ſie durch ihre Fuͤhl- loſigkeit nicht gluͤcklicher gemacht, als ein ſchlaffender Menſch, der mit ſamt dem Schiffe ſchon in die Tieffe niederſincket, nur daß ers nicht weiß. Dis ſind gantz eigene Antichriſten, aͤrger als die aͤrgſten Heiden, die durch lange Gewohnheit auf der Hoͤllen-Straſſe eine harte Haut bekommen haben; alſo daß ſie ohne Schmer- tzen uͤber alle Unzuchtdornen und Suͤndenſteine hinge- hen koͤnnen. Eph. 4, 18. 19. β) Daß er die Straffe nicht achte, ſo den unzuͤchti- gen auf den Ferſen nachtritt, oder uͤber ihren Koͤpfen henget, (wenn z. E. alle ihre Sachen den Krebsgang gehen, Schulden, Armuth, Bloͤdigkeit, Schmertzen, Mißcredit, uͤbler Ruff ꝛc. ſie umgeben und verfolgen:) ſo iſt ſein Zuſtand um deſto ungerechter, klaͤglicher und unſeliger, weil er ſich ſo gar auch hier nicht mehr unter die Hand, ſo ihn ſchlaͤgt beugen mag: ſondern ſtirbt in aͤuſſerſter Verſtockung dahin. §. 38.Sagſt du: Es bekehren ſich doch alleweil einige? So antworte ich, 1) das kann ſeyn: aber wunderſelten. Einmal verderben die meiſten in ihren Suͤnden, oder in falſcher Heuchelbuſſe. Es bleibt dennoch darbey, daß wer Unkeuſchheit nicht als ein Seelen-gefaͤhrlich Ubel erkennen will, derſelbe ſich muthwillens in die Sicherheit und die daranhangende Hoͤlle wirft. 2) Geſetzt man bekehre ſich, ſo henget ſich gleichwol ein unkeuſch geweſener Menſch eine dop- pelte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/348
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/348>, abgerufen am 21.11.2024.