hatte. Ein jeder soll seine eigene Natur kennen, was und wie viel sie erfordere, daß der Leib ein tüchtig Werckzeug einer gottgeheiligten Seele blei- be. Nur daß man die Fleischeslust nicht hege, sondern selbige um GOttes und des Himmelreichs willen creutzige.
Erasmus schreibet: Cavendi potus, qui non sitientes ad bibendum illectent; cavendi cibi, qui non esurientes ad edendum invitent. Man solle niemals essen und trincken, man seye denn hung- rig und durstig. O daß man diese Gesundheits- regel in acht nähme an denen Orten, da man vor eitelem Müßiggang fast nicht weiß was vorzuneh- men! da man nie weder hungrig noch durstig wird, weil man spat aufstehet, und gleich frühstücket; und ehe dieses aus dem Magen; so ist das Mit- tagmal schon bereit; ja kaum hat man sich da ge- sättiget, so gehet das Thee und Caffee trincken wie- der an: also daß man fast mehr besorget seyn muß, wie der Magen zu entladen, und was darinnen ist zu verzehren, als seinen Hunger und Durst aus GOttes segnender Hand, zufolge seiner heiligen Ordnung, nach Nothdurft zu stillen; will von Collationen und Excessen bis in die späte Nacht hinein nichts melden. JEsus selbst hat uns deßfalls diese Vor- schrift hinterlassen: Luc. 21. Hütet euch, daß eure Hertzen nicht etwa beschweret werden. Er will uns zum wachen und beten anmahnen. Ueber- ladest du nun die Wagschalen deines Leibes, und führest dein Gemüth aus dem Gleichgewicht der andächtig betenden Stille hinaus, also daß du trä- ge und zum geistlichen Emporschwingen deines Hertzens untüchtig werdest: so gehorchest du nicht der Stimme des HErrn deines GOttes, und da- für wirst du dich vor seinem Angesicht zu verant-
wor-
Anhang zum dritten Theil,
hatte. Ein jeder ſoll ſeine eigene Natur kennen, was und wie viel ſie erfordere, daß der Leib ein tuͤchtig Werckzeug einer gottgeheiligten Seele blei- be. Nur daß man die Fleiſchesluſt nicht hege, ſondern ſelbige um GOttes und des Himmelreichs willen creutzige.
Eraſmus ſchreibet: Cavendi potus, qui non ſitientes ad bibendum illectent; cavendi cibi, qui non eſurientes ad edendum invitent. Man ſolle niemals eſſen und trincken, man ſeye denn hung- rig und durſtig. O daß man dieſe Geſundheits- regel in acht naͤhme an denen Orten, da man vor eitelem Muͤßiggang faſt nicht weiß was vorzuneh- men! da man nie weder hungrig noch durſtig wird, weil man ſpat aufſtehet, und gleich fruͤhſtuͤcket; und ehe dieſes aus dem Magen; ſo iſt das Mit- tagmal ſchon bereit; ja kaum hat man ſich da ge- ſaͤttiget, ſo gehet das Thee und Caffee trincken wie- der an: alſo daß man faſt mehr beſorget ſeyn muß, wie der Magen zu entladen, und was darinnen iſt zu verzehren, als ſeinen Hunger und Durſt aus GOttes ſegnender Hand, zufolge ſeiner heiligen Ordnung, nach Nothdurft zu ſtillen; will von Collationen und Exceſſen bis in die ſpaͤte Nacht hinein nichts melden. JEſus ſelbſt hat uns deßfalls dieſe Vor- ſchrift hinterlaſſen: Luc. 21. Huͤtet euch, daß eure Hertzen nicht etwa beſchweret werden. Er will uns zum wachen und beten anmahnen. Ueber- ladeſt du nun die Wagſchalen deines Leibes, und fuͤhreſt dein Gemuͤth aus dem Gleichgewicht der andaͤchtig betenden Stille hinaus, alſo daß du traͤ- ge und zum geiſtlichen Emporſchwingen deines Hertzens untuͤchtig werdeſt: ſo gehorcheſt du nicht der Stimme des HErrn deines GOttes, und da- fuͤr wirſt du dich vor ſeinem Angeſicht zu verant-
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Anhang zum dritten Theil,
hatte. Ein jeder ſoll ſeine eigene Natur kennen,
was und wie viel ſie erfordere, daß der Leib ein
tuͤchtig Werckzeug einer gottgeheiligten Seele blei-
be. Nur daß man die Fleiſchesluſt nicht hege,
ſondern ſelbige um GOttes und des Himmelreichs
willen creutzige.
Eraſmus ſchreibet: Cavendi potus, qui non
ſitientes ad bibendum illectent; cavendi cibi, qui
non eſurientes ad edendum invitent. Man ſolle
niemals eſſen und trincken, man ſeye denn hung-
rig und durſtig. O daß man dieſe Geſundheits-
regel in acht naͤhme an denen Orten, da man vor
eitelem Muͤßiggang faſt nicht weiß was vorzuneh-
men! da man nie weder hungrig noch durſtig wird,
weil man ſpat aufſtehet, und gleich fruͤhſtuͤcket;
und ehe dieſes aus dem Magen; ſo iſt das Mit-
tagmal ſchon bereit; ja kaum hat man ſich da ge-
ſaͤttiget, ſo gehet das Thee und Caffee trincken wie-
der an: alſo daß man faſt mehr beſorget ſeyn muß,
wie der Magen zu entladen, und was darinnen iſt zu
verzehren, als ſeinen Hunger und Durſt aus GOttes
ſegnender Hand, zufolge ſeiner heiligen Ordnung,
nach Nothdurft zu ſtillen; will von Collationen
und Exceſſen bis in die ſpaͤte Nacht hinein nichts
melden. JEſus ſelbſt hat uns deßfalls dieſe Vor-
ſchrift hinterlaſſen: Luc. 21. Huͤtet euch, daß eure
Hertzen nicht etwa beſchweret werden. Er
will uns zum wachen und beten anmahnen. Ueber-
ladeſt du nun die Wagſchalen deines Leibes, und
fuͤhreſt dein Gemuͤth aus dem Gleichgewicht der
andaͤchtig betenden Stille hinaus, alſo daß du traͤ-
ge und zum geiſtlichen Emporſchwingen deines
Hertzens untuͤchtig werdeſt: ſo gehorcheſt du nicht
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/578>, abgerufen am 27.11.2024.
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