Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

C. 2. Man müsse sich zuerst bekehren.
gen und nicht unser; und so lernen wir täglich mehr
nichts von uns zu halten und an uns selbst zu ver-
zagen, bis wir endlich völlig wissen, daß wir uns
vor uns selbst immer fürchten sollen, und unsere
Zuflucht allezeit und unverrückt nur zu JEsu neh-
men.

Findet ein Gläubiger in heiliger Schrifft herr-
liche Tugenden
da siehet er, wie viel ihm doch
noch fehle, so oft er von JEsu entfernt in ihm
selbst lebet; welches ihn abermal seines Elendes
überweiset, damit er täglich JEsu anklebe, in
welchem wir alles vermögen. Findet er eine Be-
schreibung der Herrlichkeit GOttes,
wie reich,
wie schön, wie herrlich und selig in ihm selbst, wie
weise, wie starck, wie gut und heilig er sey: so be-
trachtet er das alles so, daß er nicht verzage in sei-
ner eigenen Armuth, Schande, Creutz und Noth,
und in der Ueberzeugung von seiner eigenen Un-
erkäntniß und Schwachheit; weil GOtt verheis-
sen hat, alle arme, verachtete, betrübte, thoren und
schwache in Christo vollkommen zu machen: wel-
ches uns aber, wann wir reich, weise, fromm, ver-
gnügt und selig in uns selbst wären, und unsers
strauchelns nicht achteten, gantz und gar nicht an-
gienge. Und so sind wir durch den Glauben an
JEsum dennoch selig, wann wir gleich arm, un-
rein, jämmerlich und besudelt in uns selbst sind
weil wir in JEsu alles haben und finden. Also,
also blühet aus des alten Menschen Tode die
schöne Lilie, das Leben vom Himmel aus GOtt
hervor, und wird aus dem verwesenen Kern der
Baum; also überwindet Christi Geist unsern Wil-
len; also eröffnet die Armuth am Geist die erste
Thür am neuen Jerusalem, und vereiniget mit
GOtt, wo nur diese Wahrheiten fleißig geübet

wer-
P p 5

C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren.
gen und nicht unſer; und ſo lernen wir taͤglich mehr
nichts von uns zu halten und an uns ſelbſt zu ver-
zagen, bis wir endlich voͤllig wiſſen, daß wir uns
vor uns ſelbſt immer fuͤrchten ſollen, und unſere
Zuflucht allezeit und unverruͤckt nur zu JEſu neh-
men.

Findet ein Glaͤubiger in heiliger Schrifft herr-
liche Tugenden
da ſiehet er, wie viel ihm doch
noch fehle, ſo oft er von JEſu entfernt in ihm
ſelbſt lebet; welches ihn abermal ſeines Elendes
uͤberweiſet, damit er taͤglich JEſu anklebe, in
welchem wir alles vermoͤgen. Findet er eine Be-
ſchreibung der Herrlichkeit GOttes,
wie reich,
wie ſchoͤn, wie herrlich und ſelig in ihm ſelbſt, wie
weiſe, wie ſtarck, wie gut und heilig er ſey: ſo be-
trachtet er das alles ſo, daß er nicht verzage in ſei-
ner eigenen Armuth, Schande, Creutz und Noth,
und in der Ueberzeugung von ſeiner eigenen Un-
erkaͤntniß und Schwachheit; weil GOtt verheiſ-
ſen hat, alle arme, verachtete, betruͤbte, thoren und
ſchwache in Chriſto vollkommen zu machen: wel-
ches uns aber, wann wir reich, weiſe, fromm, ver-
gnuͤgt und ſelig in uns ſelbſt waͤren, und unſers
ſtrauchelns nicht achteten, gantz und gar nicht an-
gienge. Und ſo ſind wir durch den Glauben an
JEſum dennoch ſelig, wann wir gleich arm, un-
rein, jaͤmmerlich und beſudelt in uns ſelbſt ſind
weil wir in JEſu alles haben und finden. Alſo,
alſo bluͤhet aus des alten Menſchen Tode die
ſchoͤne Lilie, das Leben vom Himmel aus GOtt
hervor, und wird aus dem verweſenen Kern der
Baum; alſo uͤberwindet Chriſti Geiſt unſern Wil-
len; alſo eroͤffnet die Armuth am Geiſt die erſte
Thuͤr am neuen Jeruſalem, und vereiniget mit
GOtt, wo nur dieſe Wahrheiten fleißig geuͤbet

wer-
P p 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0621" n="601"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">C. 2. Man mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich zuer&#x017F;t bekehren.</hi></fw><lb/>
gen und nicht un&#x017F;er; und &#x017F;o lernen wir ta&#x0364;glich mehr<lb/>
nichts von uns zu halten und an uns &#x017F;elb&#x017F;t zu ver-<lb/>
zagen, bis wir endlich vo&#x0364;llig wi&#x017F;&#x017F;en, daß wir uns<lb/>
vor uns &#x017F;elb&#x017F;t immer fu&#x0364;rchten &#x017F;ollen, und un&#x017F;ere<lb/>
Zuflucht allezeit und unverru&#x0364;ckt nur zu JE&#x017F;u neh-<lb/>
men.</p><lb/>
          <p>Findet ein Gla&#x0364;ubiger in heiliger Schrifft <hi rendition="#fr">herr-<lb/>
liche Tugenden</hi> da &#x017F;iehet er, wie viel ihm doch<lb/>
noch fehle, &#x017F;o oft er von JE&#x017F;u entfernt in ihm<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t lebet; welches ihn abermal &#x017F;eines Elendes<lb/>
u&#x0364;berwei&#x017F;et, damit er ta&#x0364;glich JE&#x017F;u anklebe, in<lb/>
welchem wir alles vermo&#x0364;gen. Findet er eine <hi rendition="#fr">Be-<lb/>
&#x017F;chreibung der Herrlichkeit GOttes,</hi> wie reich,<lb/>
wie &#x017F;cho&#x0364;n, wie herrlich und &#x017F;elig in ihm &#x017F;elb&#x017F;t, wie<lb/>
wei&#x017F;e, wie &#x017F;tarck, wie gut und heilig er &#x017F;ey: &#x017F;o be-<lb/>
trachtet er das alles &#x017F;o, daß er nicht verzage in &#x017F;ei-<lb/>
ner eigenen Armuth, Schande, Creutz und Noth,<lb/>
und in der Ueberzeugung von &#x017F;einer eigenen Un-<lb/>
erka&#x0364;ntniß und Schwachheit; weil GOtt verhei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en hat, alle arme, verachtete, betru&#x0364;bte, thoren und<lb/>
&#x017F;chwache in Chri&#x017F;to vollkommen zu machen: wel-<lb/>
ches uns aber, wann wir reich, wei&#x017F;e, fromm, ver-<lb/>
gnu&#x0364;gt und &#x017F;elig in uns &#x017F;elb&#x017F;t wa&#x0364;ren, und un&#x017F;ers<lb/>
&#x017F;trauchelns nicht achteten, gantz und gar nicht an-<lb/>
gienge. Und &#x017F;o &#x017F;ind wir durch den Glauben an<lb/>
JE&#x017F;um dennoch &#x017F;elig, wann wir gleich arm, un-<lb/>
rein, ja&#x0364;mmerlich und be&#x017F;udelt in uns &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind<lb/>
weil wir in JE&#x017F;u alles haben und finden. Al&#x017F;o,<lb/>
al&#x017F;o blu&#x0364;het aus des alten Men&#x017F;chen Tode die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Lilie, das Leben vom Himmel aus GOtt<lb/>
hervor, und wird aus dem verwe&#x017F;enen Kern der<lb/>
Baum; al&#x017F;o u&#x0364;berwindet Chri&#x017F;ti Gei&#x017F;t un&#x017F;ern Wil-<lb/>
len; al&#x017F;o ero&#x0364;ffnet die Armuth am Gei&#x017F;t die er&#x017F;te<lb/>
Thu&#x0364;r am neuen Jeru&#x017F;alem, und vereiniget mit<lb/>
GOtt, wo nur die&#x017F;e Wahrheiten fleißig geu&#x0364;bet<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p 5</fw><fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[601/0621] C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren. gen und nicht unſer; und ſo lernen wir taͤglich mehr nichts von uns zu halten und an uns ſelbſt zu ver- zagen, bis wir endlich voͤllig wiſſen, daß wir uns vor uns ſelbſt immer fuͤrchten ſollen, und unſere Zuflucht allezeit und unverruͤckt nur zu JEſu neh- men. Findet ein Glaͤubiger in heiliger Schrifft herr- liche Tugenden da ſiehet er, wie viel ihm doch noch fehle, ſo oft er von JEſu entfernt in ihm ſelbſt lebet; welches ihn abermal ſeines Elendes uͤberweiſet, damit er taͤglich JEſu anklebe, in welchem wir alles vermoͤgen. Findet er eine Be- ſchreibung der Herrlichkeit GOttes, wie reich, wie ſchoͤn, wie herrlich und ſelig in ihm ſelbſt, wie weiſe, wie ſtarck, wie gut und heilig er ſey: ſo be- trachtet er das alles ſo, daß er nicht verzage in ſei- ner eigenen Armuth, Schande, Creutz und Noth, und in der Ueberzeugung von ſeiner eigenen Un- erkaͤntniß und Schwachheit; weil GOtt verheiſ- ſen hat, alle arme, verachtete, betruͤbte, thoren und ſchwache in Chriſto vollkommen zu machen: wel- ches uns aber, wann wir reich, weiſe, fromm, ver- gnuͤgt und ſelig in uns ſelbſt waͤren, und unſers ſtrauchelns nicht achteten, gantz und gar nicht an- gienge. Und ſo ſind wir durch den Glauben an JEſum dennoch ſelig, wann wir gleich arm, un- rein, jaͤmmerlich und beſudelt in uns ſelbſt ſind weil wir in JEſu alles haben und finden. Alſo, alſo bluͤhet aus des alten Menſchen Tode die ſchoͤne Lilie, das Leben vom Himmel aus GOtt hervor, und wird aus dem verweſenen Kern der Baum; alſo uͤberwindet Chriſti Geiſt unſern Wil- len; alſo eroͤffnet die Armuth am Geiſt die erſte Thuͤr am neuen Jeruſalem, und vereiniget mit GOtt, wo nur dieſe Wahrheiten fleißig geuͤbet wer- P p 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/621
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/621>, abgerufen am 21.11.2024.