schmecket, als in irdischer Liebe und Schande, so zu- letzt ein unendlich Uebel verursachen; also daß nicht nur der kindliche Respect vor GOtt sondern auch un- ser eigener Nutz uns nöthiget, den Willen des GOt- tes der Liebe über alles zu setzen: sintemal sein lieb- reichestes Mutterhertz uns nur allein dasjenige verbietet, was uns höchstschädlich ist. O was für ein Paradis erblickt die Seele im Willen eines sol- chen GOttes, also daß sie nicht die gantze Welt da- für nähme ungehorsam zu seyn, so wenig als die heiligen Engel.
IV. Empfäht man in der Schule des heiligen4) Er setzt uns in GOttes Gegen- wart. Geistes Augen zu sehen, und ein Hertz mit tieffester Ehrfurcht zu verehren die Gegenwart GOttes. Wann manches Menschen seine unflätige Gedan- cken, Wercke und Fantaseyen solten unter den Leu- ten sichtbar und laut werden: er begäbe sich vor Scham in Ost-oder Westindien. Solte aber die Allgegenwart und Allwissenheit eines so herrlichen GOttes, der alles siehet, weiß und richtet, uns nicht unendlich stärcker zurück halten, als aller Menschen Wissen und Zuschauen? Act. 17, 27. Syr. 23, 26. Ein Unkeuscher spricht: "Finsterniß ist um mich "her, und die Wände bedecken mich, und siehet mich "niemand: was fürchte ich mich dann, der Höch- "ste wird meiner Sünden nicht gedencken. Aber, "dieser fürchtet sich vor den Augen der Menschen, "und erkennet nicht, daß die Augen des HErrn, wel- "cher der Höchste ist, viel tausendmal heller leuchten "denn die Sonne, als welche anschauen alle Wege "der Menschen, und betrachten bis auf die verbor- "genste Stücke. O die Augen dieses heiligen und "gerechten GOttes leiden nichts unreines: der "HErr dein GOtt wandelt mitten in deinem
La-
Q q 5
C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren.
ſchmecket, als in irdiſcher Liebe und Schande, ſo zu- letzt ein unendlich Uebel verurſachen; alſo daß nicht nur der kindliche Reſpect vor GOtt ſondern auch un- ſer eigener Nutz uns noͤthiget, den Willen des GOt- tes der Liebe uͤber alles zu ſetzen: ſintemal ſein lieb- reicheſtes Mutterhertz uns nur allein dasjenige verbietet, was uns hoͤchſtſchaͤdlich iſt. O was fuͤr ein Paradis erblickt die Seele im Willen eines ſol- chen GOttes, alſo daß ſie nicht die gantze Welt da- fuͤr naͤhme ungehorſam zu ſeyn, ſo wenig als die heiligen Engel.
IV. Empfaͤht man in der Schule des heiligen4) Er ſetzt uns in GOttes Gegen- wart. Geiſtes Augen zu ſehen, und ein Hertz mit tieffeſter Ehrfurcht zu verehren die Gegenwart GOttes. Wann manches Menſchen ſeine unflaͤtige Gedan- cken, Wercke und Fantaſeyen ſolten unter den Leu- ten ſichtbar und laut werden: er begaͤbe ſich vor Scham in Oſt-oder Weſtindien. Solte aber die Allgegenwart und Allwiſſenheit eines ſo herrlichen GOttes, der alles ſiehet, weiß und richtet, uns nicht unendlich ſtaͤrcker zuruͤck halten, als aller Menſchen Wiſſen und Zuſchauen? Act. 17, 27. Syr. 23, 26. Ein Unkeuſcher ſpricht: „Finſterniß iſt um mich „her, und die Waͤnde bedecken mich, und ſiehet mich „niemand: was fuͤrchte ich mich dann, der Hoͤch- „ſte wird meiner Suͤnden nicht gedencken. Aber, „dieſer fuͤrchtet ſich vor den Augen der Menſchen, „und erkennet nicht, daß die Augen des HErrn, wel- „cher der Hoͤchſte iſt, viel tauſendmal heller leuchten „denn die Sonne, als welche anſchauen alle Wege „der Menſchen, und betrachten bis auf die verbor- „genſte Stuͤcke. O die Augen dieſes heiligen und „gerechten GOttes leiden nichts unreines: der „HErr dein GOtt wandelt mitten in deinem
La-
Q q 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0637"n="617"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren.</hi></fw><lb/>ſchmecket, als in irdiſcher Liebe und Schande, ſo zu-<lb/>
letzt ein unendlich Uebel verurſachen; alſo daß nicht<lb/>
nur der kindliche Reſpect vor GOtt ſondern auch un-<lb/>ſer eigener Nutz uns noͤthiget, den Willen des GOt-<lb/>
tes der Liebe uͤber alles zu ſetzen: ſintemal ſein lieb-<lb/>
reicheſtes Mutterhertz uns nur allein dasjenige<lb/>
verbietet, was uns hoͤchſtſchaͤdlich iſt. O was fuͤr<lb/>
ein Paradis erblickt die Seele im Willen eines ſol-<lb/>
chen GOttes, alſo daß ſie nicht die gantze Welt da-<lb/>
fuͤr naͤhme ungehorſam zu ſeyn, ſo wenig als die<lb/>
heiligen Engel.</p><lb/><p><hirendition="#aq">IV.</hi><lb/>
Empfaͤht man in der Schule des heiligen<noteplace="right">4) Er ſetzt<lb/>
uns in<lb/>
GOttes<lb/>
Gegen-<lb/>
wart.</note><lb/>
Geiſtes Augen zu ſehen, und ein Hertz mit tieffeſter<lb/>
Ehrfurcht zu verehren <hirendition="#fr">die Gegenwart GOttes.</hi><lb/>
Wann manches Menſchen ſeine unflaͤtige Gedan-<lb/>
cken, Wercke und Fantaſeyen ſolten unter den Leu-<lb/>
ten ſichtbar und laut werden: er begaͤbe ſich vor<lb/>
Scham in Oſt-oder Weſtindien. Solte aber die<lb/>
Allgegenwart und Allwiſſenheit eines ſo herrlichen<lb/>
GOttes, der alles ſiehet, weiß und richtet, uns nicht<lb/>
unendlich ſtaͤrcker zuruͤck halten, als aller Menſchen<lb/>
Wiſſen und Zuſchauen? Act. 17, 27. Syr. 23, 26.<lb/>
Ein Unkeuſcher ſpricht: „Finſterniß iſt um mich<lb/>„her, und die Waͤnde bedecken mich, und ſiehet mich<lb/>„niemand: was fuͤrchte ich mich dann, der Hoͤch-<lb/>„ſte wird meiner Suͤnden nicht gedencken. Aber,<lb/>„dieſer fuͤrchtet ſich vor den Augen der Menſchen,<lb/>„und erkennet nicht, daß die Augen des HErrn, wel-<lb/>„cher der Hoͤchſte iſt, viel tauſendmal heller leuchten<lb/>„denn die Sonne, als welche anſchauen alle Wege<lb/>„der Menſchen, und betrachten bis auf die verbor-<lb/>„genſte Stuͤcke. O die Augen dieſes heiligen und<lb/>„gerechten GOttes leiden nichts unreines: <hirendition="#fr">der<lb/>„HErr dein GOtt wandelt mitten in deinem</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q q 5</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">La-</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[617/0637]
C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren.
ſchmecket, als in irdiſcher Liebe und Schande, ſo zu-
letzt ein unendlich Uebel verurſachen; alſo daß nicht
nur der kindliche Reſpect vor GOtt ſondern auch un-
ſer eigener Nutz uns noͤthiget, den Willen des GOt-
tes der Liebe uͤber alles zu ſetzen: ſintemal ſein lieb-
reicheſtes Mutterhertz uns nur allein dasjenige
verbietet, was uns hoͤchſtſchaͤdlich iſt. O was fuͤr
ein Paradis erblickt die Seele im Willen eines ſol-
chen GOttes, alſo daß ſie nicht die gantze Welt da-
fuͤr naͤhme ungehorſam zu ſeyn, ſo wenig als die
heiligen Engel.
IV.
Empfaͤht man in der Schule des heiligen
Geiſtes Augen zu ſehen, und ein Hertz mit tieffeſter
Ehrfurcht zu verehren die Gegenwart GOttes.
Wann manches Menſchen ſeine unflaͤtige Gedan-
cken, Wercke und Fantaſeyen ſolten unter den Leu-
ten ſichtbar und laut werden: er begaͤbe ſich vor
Scham in Oſt-oder Weſtindien. Solte aber die
Allgegenwart und Allwiſſenheit eines ſo herrlichen
GOttes, der alles ſiehet, weiß und richtet, uns nicht
unendlich ſtaͤrcker zuruͤck halten, als aller Menſchen
Wiſſen und Zuſchauen? Act. 17, 27. Syr. 23, 26.
Ein Unkeuſcher ſpricht: „Finſterniß iſt um mich
„her, und die Waͤnde bedecken mich, und ſiehet mich
„niemand: was fuͤrchte ich mich dann, der Hoͤch-
„ſte wird meiner Suͤnden nicht gedencken. Aber,
„dieſer fuͤrchtet ſich vor den Augen der Menſchen,
„und erkennet nicht, daß die Augen des HErrn, wel-
„cher der Hoͤchſte iſt, viel tauſendmal heller leuchten
„denn die Sonne, als welche anſchauen alle Wege
„der Menſchen, und betrachten bis auf die verbor-
„genſte Stuͤcke. O die Augen dieſes heiligen und
„gerechten GOttes leiden nichts unreines: der
„HErr dein GOtt wandelt mitten in deinem
La-
4) Er ſetzt
uns in
GOttes
Gegen-
wart.
Q q 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/637>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.