Worauf sich dieser auch besser angriff, also daß ihm bald von GOtt herrlich geholfen ward.
Einen vertrauten Freund sich erwehlen, der verschwiegen und im geistlichen Kampf mit der Sünde wohl geübt sey, hat hierin sehr was gros- ses zu sagen. Wer seine Sünde bekennet und läßt, der wird Barmhertzigkeit erlangen. Sprüchw. 28, 18. Ein wahrer Christ wird die heimlichen Wunden, so ihm sein Freund gestehet, und darü- ber Rath und Artzney bey ihm sucht, nicht nur obenhin mit Pflastern zudecken, sondern von Grund aus zu heilen trachten. Wie sanfft thut es einem, so einen Freund zu haben, bey dem man sein Hertz ausschütten, und sich dessen entledigen kann, was einen drückt. Lutherus sagt: Den Vortheil hast du in der Beichte, daß du alle deine Fehle sagen kanst, und darüber Rath holen. Und wenn gleich keine andere Ursach wäre, und GOtt nicht selbst da redete: wolt ichs dennoch um dieses Stücks willen nicht gern entbehren, daß ich hierinn mei- nem Bruder eröfnen kann und klagen was mir anliegt.
Hierin solte man ungescheut handeln, fein al- len Hochmuth abthun, nicht begehren daß jemand höher von uns halte, als wir in der That sind, un- ser Elend nicht so geflissentlich verbergen, in der Meinung es würde uns schimpflich seyn etc. Sa- get dir dein vertrauter Hertzensfreund auch seine Kranckheit: so hat keiner dem andern vieles zu verweisen, sondern durch Demuth wird einer den andern höher achten als sich selbst. Und was scheuen wir uns lang unsern Schaden einem Bru- der zu offenbaren, gucket doch der Eiter heraus vor GOtt und Menschen? Jn den alten Bran- denburgischen Kirchenagendis von An. 1572. wird
pag.
Anhang zum dritten Theil,
Worauf ſich dieſer auch beſſer angriff, alſo daß ihm bald von GOtt herrlich geholfen ward.
Einen vertrauten Freund ſich erwehlen, der verſchwiegen und im geiſtlichen Kampf mit der Suͤnde wohl geuͤbt ſey, hat hierin ſehr was groſ- ſes zu ſagen. Wer ſeine Suͤnde bekennet und laͤßt, der wird Barmhertzigkeit erlangen. Spruͤchw. 28, 18. Ein wahrer Chriſt wird die heimlichen Wunden, ſo ihm ſein Freund geſtehet, und daruͤ- ber Rath und Artzney bey ihm ſucht, nicht nur obenhin mit Pflaſtern zudecken, ſondern von Grund aus zu heilen trachten. Wie ſanfft thut es einem, ſo einen Freund zu haben, bey dem man ſein Hertz ausſchuͤtten, und ſich deſſen entledigen kann, was einen druͤckt. Lutherus ſagt: Den Vortheil haſt du in der Beichte, daß du alle deine Fehle ſagen kanſt, und daruͤber Rath holen. Und wenn gleich keine andere Urſach waͤre, und GOtt nicht ſelbſt da redete: wolt ichs dennoch um dieſes Stuͤcks willen nicht gern entbehren, daß ich hierinn mei- nem Bruder eroͤfnen kann und klagen was mir anliegt.
Hierin ſolte man ungeſcheut handeln, fein al- len Hochmuth abthun, nicht begehren daß jemand hoͤher von uns halte, als wir in der That ſind, un- ſer Elend nicht ſo gefliſſentlich verbergen, in der Meinung es wuͤrde uns ſchimpflich ſeyn ꝛc. Sa- get dir dein vertrauter Hertzensfreund auch ſeine Kranckheit: ſo hat keiner dem andern vieles zu verweiſen, ſondern durch Demuth wird einer den andern hoͤher achten als ſich ſelbſt. Und was ſcheuen wir uns lang unſern Schaden einem Bru- der zu offenbaren, gucket doch der Eiter heraus vor GOtt und Menſchen? Jn den alten Bran- denburgiſchen Kirchenagendis von An. 1572. wird
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Anhang zum dritten Theil,
Worauf ſich dieſer auch beſſer angriff, alſo daß
ihm bald von GOtt herrlich geholfen ward.
Einen vertrauten Freund ſich erwehlen, der
verſchwiegen und im geiſtlichen Kampf mit der
Suͤnde wohl geuͤbt ſey, hat hierin ſehr was groſ-
ſes zu ſagen. Wer ſeine Suͤnde bekennet und
laͤßt, der wird Barmhertzigkeit erlangen. Spruͤchw.
28, 18. Ein wahrer Chriſt wird die heimlichen
Wunden, ſo ihm ſein Freund geſtehet, und daruͤ-
ber Rath und Artzney bey ihm ſucht, nicht nur
obenhin mit Pflaſtern zudecken, ſondern von Grund
aus zu heilen trachten. Wie ſanfft thut es einem,
ſo einen Freund zu haben, bey dem man ſein Hertz
ausſchuͤtten, und ſich deſſen entledigen kann, was
einen druͤckt. Lutherus ſagt: Den Vortheil haſt
du in der Beichte, daß du alle deine Fehle ſagen
kanſt, und daruͤber Rath holen. Und wenn gleich
keine andere Urſach waͤre, und GOtt nicht ſelbſt
da redete: wolt ichs dennoch um dieſes Stuͤcks
willen nicht gern entbehren, daß ich hierinn mei-
nem Bruder eroͤfnen kann und klagen was mir
anliegt.
Hierin ſolte man ungeſcheut handeln, fein al-
len Hochmuth abthun, nicht begehren daß jemand
hoͤher von uns halte, als wir in der That ſind, un-
ſer Elend nicht ſo gefliſſentlich verbergen, in der
Meinung es wuͤrde uns ſchimpflich ſeyn ꝛc. Sa-
get dir dein vertrauter Hertzensfreund auch ſeine
Kranckheit: ſo hat keiner dem andern vieles zu
verweiſen, ſondern durch Demuth wird einer den
andern hoͤher achten als ſich ſelbſt. Und was
ſcheuen wir uns lang unſern Schaden einem Bru-
der zu offenbaren, gucket doch der Eiter heraus
vor GOtt und Menſchen? Jn den alten Bran-
denburgiſchen Kirchenagendis von An. 1572. wird
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/714>, abgerufen am 21.11.2024.
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