Sie verderben ihre Phantasie. Denn daß wir uns gesehene oder gehörte, oder auf an- dere Weise empfundene Dinge durch die Einbil- dungskraft wieder lebhaft vorstellen können, dependirt vom fluido nerveo im Gehirn, und ist nach dessen Qualität und Menge proportio- niret; folglich gilt hier wieder alles, was erst an- geführet ist. Ueberdem aber: o was für greuliche und schändliche Bilder werden durch die Lust- seuche in Jhre Einbildungskräfte unauslöschlich eingepreget, und ihr gleichsam zu eigen gemacht: daß wenn sie es künftig auch noch so ernstlich vermeiden wolten, dennoch solche Ebenbilder des Teufels immer wieder kommen, und sie vor GOtt recht verunehren, und zum Greuel machen wer- den, auch mit Jhrem eignen grösten Schmer- tzen! Oder glauben Sie, daß es Jhnen nicht eben so gehen könne, wie jenem, der, als Jhn GOttes gewaltige Gnade aus seinem Luder her- ausgezogen und bekehret, öffentlich bekannt hat: "Es kam mit mir endlich dahin, daß ich zuletzt "keine Creatur mehr ansehen konte, ohne fleisch- "liche Jdeen in den Gedancken, unzüchtige Bil- "der im Gemüthe, und greuliche Begierden im "Hertzen zu haben." Ach wollen Sie denn die edlen Kräfte Jhrer Phantasie, darin die Herr- lichkeit GOttes verkläret seyn solte, zu einer sol- chen scheußlichen Cloac des Satans machen? Soll der Tempel GOttes so zu einem Tummel- platz und scheußlichen Werckstätte der unreinen Geister gemacht werden? Wollen Sie sich eine solche unvermeidliche Nothwendigkeit des schänd-
lich-
(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
II.
2) Schluß- folge.
Sie verderben ihre Phantaſie. Denn daß wir uns geſehene oder gehoͤrte, oder auf an- dere Weiſe empfundene Dinge durch die Einbil- dungskraft wieder lebhaft vorſtellen koͤnnen, dependirt vom fluido nerveo im Gehirn, und iſt nach deſſen Qualitaͤt und Menge proportio- niret; folglich gilt hier wieder alles, was erſt an- gefuͤhret iſt. Ueberdem aber: o was fuͤr greuliche und ſchaͤndliche Bilder werden durch die Luſt- ſeuche in Jhre Einbildungskraͤfte unausloͤſchlich eingepreget, und ihr gleichſam zu eigen gemacht: daß wenn ſie es kuͤnftig auch noch ſo ernſtlich vermeiden wolten, dennoch ſolche Ebenbilder des Teufels immer wieder kommen, und ſie vor GOtt recht verunehren, und zum Greuel machen wer- den, auch mit Jhrem eignen groͤſten Schmer- tzen! Oder glauben Sie, daß es Jhnen nicht eben ſo gehen koͤnne, wie jenem, der, als Jhn GOttes gewaltige Gnade aus ſeinem Luder her- ausgezogen und bekehret, oͤffentlich bekannt hat: „Es kam mit mir endlich dahin, daß ich zuletzt „keine Creatur mehr anſehen konte, ohne fleiſch- „liche Jdeen in den Gedancken, unzuͤchtige Bil- „der im Gemuͤthe, und greuliche Begierden im „Hertzen zu haben.‟ Ach wollen Sie denn die edlen Kraͤfte Jhrer Phantaſie, darin die Herr- lichkeit GOttes verklaͤret ſeyn ſolte, zu einer ſol- chen ſcheußlichen Cloac des Satans machen? Soll der Tempel GOttes ſo zu einem Tummel- platz und ſcheußlichen Werckſtaͤtte der unreinen Geiſter gemacht werden? Wollen Sie ſich eine ſolche unvermeidliche Nothwendigkeit des ſchaͤnd-
lich-
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(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
II.
Sie verderben ihre Phantaſie. Denn
daß wir uns geſehene oder gehoͤrte, oder auf an-
dere Weiſe empfundene Dinge durch die Einbil-
dungskraft wieder lebhaft vorſtellen koͤnnen,
dependirt vom fluido nerveo im Gehirn, und
iſt nach deſſen Qualitaͤt und Menge proportio-
niret; folglich gilt hier wieder alles, was erſt an-
gefuͤhret iſt. Ueberdem aber: o was fuͤr greuliche
und ſchaͤndliche Bilder werden durch die Luſt-
ſeuche in Jhre Einbildungskraͤfte unausloͤſchlich
eingepreget, und ihr gleichſam zu eigen gemacht:
daß wenn ſie es kuͤnftig auch noch ſo ernſtlich
vermeiden wolten, dennoch ſolche Ebenbilder des
Teufels immer wieder kommen, und ſie vor GOtt
recht verunehren, und zum Greuel machen wer-
den, auch mit Jhrem eignen groͤſten Schmer-
tzen! Oder glauben Sie, daß es Jhnen nicht
eben ſo gehen koͤnne, wie jenem, der, als Jhn
GOttes gewaltige Gnade aus ſeinem Luder her-
ausgezogen und bekehret, oͤffentlich bekannt hat:
„Es kam mit mir endlich dahin, daß ich zuletzt
„keine Creatur mehr anſehen konte, ohne fleiſch-
„liche Jdeen in den Gedancken, unzuͤchtige Bil-
„der im Gemuͤthe, und greuliche Begierden im
„Hertzen zu haben.‟ Ach wollen Sie denn die
edlen Kraͤfte Jhrer Phantaſie, darin die Herr-
lichkeit GOttes verklaͤret ſeyn ſolte, zu einer ſol-
chen ſcheußlichen Cloac des Satans machen?
Soll der Tempel GOttes ſo zu einem Tummel-
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Geiſter gemacht werden? Wollen Sie ſich eine
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/86>, abgerufen am 24.11.2024.
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