Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.die Rechtsgelehrten dürfen darin am wenigsten zurück die Rechtsgelehrten dürfen darin am wenigſten zurück <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="2"/> die Rechtsgelehrten dürfen darin am wenigſten zurück<lb/> bleiben. Denn gerade im bürgerlichen Rechte iſt der<lb/> Unterſchied der gegenwärtigen und der vergangenen<lb/> Zeit recht augenſcheinlich. Ohne Zweifel kann auch<lb/> hierin im einzelnen noch viel Verkehrtes geſchehen<lb/> aus Unverſtand oder böſem Willen. Aber die erſte<lb/> Frage darf doch wieder ſeyn: was iſt recht und gut?<lb/> Die Sache trägt doch wieder ihren Zweck und ihre<lb/> Beſtimmung in ſich ſelbſt, die Fürſten können wieder<lb/> thun nach ihrer Ueberzeugung, und ihre Ehre ſetzen<lb/> in das gemeine Wohl. Das wird von der vergan-<lb/> genen Zeit niemand behaupten. Als der Code in<lb/> Deutſchland eindrang, und krebsartig immer weiter<lb/> fraß, war von inneren Gründen nicht die Rede,<lb/> kaum hie und da in leeren Phraſen: ein äußerer<lb/> Zweck beſtimmte alles, dem eigenen Werthe des Ge-<lb/> ſetzbuchs völlig fremd, ein an ſich ſelbſt heilloſes Ver-<lb/> hältniß, ſelbſt abgeſehen davon, daß es der verderb-<lb/> lichſte unter allen Zwecken war. Darum war es bis<lb/> jetzt fruchtlos darüber zu reden. Die in dieſer Zeit<lb/> geredet haben, waren theils eigennützig der ſchlechten<lb/> Sache hingegeben, theils in unbegreiflicher Gutmüthig-<lb/> keit von ihr bethört, die meiſten blos zur Ausfüh-<lb/> rung mitwirkend als Geſchäftsmänner, ohne ſich in<lb/> ein Urtheil einzulaſſen: einzelne ehrenwerthe Stimmen<lb/> ließen ſich hören, ſtrafend und warnend, andere an-<lb/> deutend und winkend, an Erfolg aber konnte keiner<lb/> denken. Daß wieder eine Verſchiedenheit der Mey-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0012]
die Rechtsgelehrten dürfen darin am wenigſten zurück
bleiben. Denn gerade im bürgerlichen Rechte iſt der
Unterſchied der gegenwärtigen und der vergangenen
Zeit recht augenſcheinlich. Ohne Zweifel kann auch
hierin im einzelnen noch viel Verkehrtes geſchehen
aus Unverſtand oder böſem Willen. Aber die erſte
Frage darf doch wieder ſeyn: was iſt recht und gut?
Die Sache trägt doch wieder ihren Zweck und ihre
Beſtimmung in ſich ſelbſt, die Fürſten können wieder
thun nach ihrer Ueberzeugung, und ihre Ehre ſetzen
in das gemeine Wohl. Das wird von der vergan-
genen Zeit niemand behaupten. Als der Code in
Deutſchland eindrang, und krebsartig immer weiter
fraß, war von inneren Gründen nicht die Rede,
kaum hie und da in leeren Phraſen: ein äußerer
Zweck beſtimmte alles, dem eigenen Werthe des Ge-
ſetzbuchs völlig fremd, ein an ſich ſelbſt heilloſes Ver-
hältniß, ſelbſt abgeſehen davon, daß es der verderb-
lichſte unter allen Zwecken war. Darum war es bis
jetzt fruchtlos darüber zu reden. Die in dieſer Zeit
geredet haben, waren theils eigennützig der ſchlechten
Sache hingegeben, theils in unbegreiflicher Gutmüthig-
keit von ihr bethört, die meiſten blos zur Ausfüh-
rung mitwirkend als Geſchäftsmänner, ohne ſich in
ein Urtheil einzulaſſen: einzelne ehrenwerthe Stimmen
ließen ſich hören, ſtrafend und warnend, andere an-
deutend und winkend, an Erfolg aber konnte keiner
denken. Daß wieder eine Verſchiedenheit der Mey-
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