Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 20. Wissenschaftliches Recht. Fortsetzung. bey collegialisch gebildeten Gerichten jede Entscheidungeinen wissenschaftlichen Character an sich trägt (§ 14). Es bewährt sich also hierin die wesentliche Identität des Gewohnheitsrechts mit dem wissenschaftlichen Recht, welche oben als ein besonderer Charakter der neueren Jahrhun- derte angegeben worden ist. Unter die praktischen Arbei- ten in diesem Sinn rechne ich demnach eben sowohl dogmatische Schriften, wenn sie diese bestimmte Richtung in sich aufgenommen haben, als Sammlungen von Con- silien, Responsen und Urtheilen, mögen diese nun von ein- zelnen Rechtslehrern, oder von Rechtscollegien, z. B. von Juristenfacultäten oder Obergerichten herrühren. Indem aber hier die praktischen Arbeiten der Schriftsteller den theoretischen entgegengesetzt werden, ist dieses keinesweges so gemeynt, als ob jedes einzelne Werk einer dieser Klas- sen ausschließend angehören müßte. Sehr viele werden den theoretischen und den praktischen Charakter zugleich an sich tragen, meist mit einem überwiegenden Antheil des einen, vielleicht selbst mit gleicher Kraft in beiden Gebieten wirkend. Bey den praktischen Arbeiten entsteht, so wie oben bey Wenn man einem des Rechts Unkundigen einen Streit §. 20. Wiſſenſchaftliches Recht. Fortſetzung. bey collegialiſch gebildeten Gerichten jede Entſcheidungeinen wiſſenſchaftlichen Character an ſich trägt (§ 14). Es bewährt ſich alſo hierin die weſentliche Identität des Gewohnheitsrechts mit dem wiſſenſchaftlichen Recht, welche oben als ein beſonderer Charakter der neueren Jahrhun- derte angegeben worden iſt. Unter die praktiſchen Arbei- ten in dieſem Sinn rechne ich demnach eben ſowohl dogmatiſche Schriften, wenn ſie dieſe beſtimmte Richtung in ſich aufgenommen haben, als Sammlungen von Con- ſilien, Reſponſen und Urtheilen, mögen dieſe nun von ein- zelnen Rechtslehrern, oder von Rechtscollegien, z. B. von Juriſtenfacultäten oder Obergerichten herrühren. Indem aber hier die praktiſchen Arbeiten der Schriftſteller den theoretiſchen entgegengeſetzt werden, iſt dieſes keinesweges ſo gemeynt, als ob jedes einzelne Werk einer dieſer Klaſ- ſen ausſchließend angehören müßte. Sehr viele werden den theoretiſchen und den praktiſchen Charakter zugleich an ſich tragen, meiſt mit einem überwiegenden Antheil des einen, vielleicht ſelbſt mit gleicher Kraft in beiden Gebieten wirkend. Bey den praktiſchen Arbeiten entſteht, ſo wie oben bey Wenn man einem des Rechts Unkundigen einen Streit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0147" n="91"/><fw place="top" type="header">§. 20. Wiſſenſchaftliches Recht. Fortſetzung.</fw><lb/> bey collegialiſch gebildeten Gerichten jede Entſcheidung<lb/> einen wiſſenſchaftlichen Character an ſich trägt (§ 14).<lb/> Es bewährt ſich alſo hierin die weſentliche Identität des<lb/> Gewohnheitsrechts mit dem wiſſenſchaftlichen Recht, welche<lb/> oben als ein beſonderer Charakter der neueren Jahrhun-<lb/> derte angegeben worden iſt. Unter die praktiſchen Arbei-<lb/> ten in dieſem Sinn rechne ich demnach eben ſowohl<lb/> dogmatiſche Schriften, wenn ſie dieſe beſtimmte Richtung<lb/> in ſich aufgenommen haben, als Sammlungen von Con-<lb/> ſilien, Reſponſen und Urtheilen, mögen dieſe nun von ein-<lb/> zelnen Rechtslehrern, oder von Rechtscollegien, z. B. von<lb/> Juriſtenfacultäten oder Obergerichten herrühren. Indem<lb/> aber hier die praktiſchen Arbeiten der Schriftſteller den<lb/> theoretiſchen entgegengeſetzt werden, iſt dieſes keinesweges<lb/> ſo gemeynt, als ob jedes einzelne Werk einer dieſer Klaſ-<lb/> ſen ausſchließend angehören müßte. Sehr viele werden<lb/> den theoretiſchen und den praktiſchen Charakter zugleich<lb/> an ſich tragen, meiſt mit einem überwiegenden Antheil<lb/> des einen, vielleicht ſelbſt mit gleicher Kraft in beiden<lb/> Gebieten wirkend.</p><lb/> <p>Bey den praktiſchen Arbeiten entſteht, ſo wie oben bey<lb/> den theoretiſchen, die Frage, woran wir das Gültige und<lb/> Ächte zu erkennen haben, um es auf ſichere Weiſe vom<lb/> Ungültigen und Unächten unterſcheiden zu können. Dieſe<lb/> Frage hat hier eine noch weit höhere Wichtigkeit, und<lb/> bedarf deswegen einer genaueren Erörterung.</p><lb/> <p>Wenn man einem des Rechts Unkundigen einen Streit<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0147]
§. 20. Wiſſenſchaftliches Recht. Fortſetzung.
bey collegialiſch gebildeten Gerichten jede Entſcheidung
einen wiſſenſchaftlichen Character an ſich trägt (§ 14).
Es bewährt ſich alſo hierin die weſentliche Identität des
Gewohnheitsrechts mit dem wiſſenſchaftlichen Recht, welche
oben als ein beſonderer Charakter der neueren Jahrhun-
derte angegeben worden iſt. Unter die praktiſchen Arbei-
ten in dieſem Sinn rechne ich demnach eben ſowohl
dogmatiſche Schriften, wenn ſie dieſe beſtimmte Richtung
in ſich aufgenommen haben, als Sammlungen von Con-
ſilien, Reſponſen und Urtheilen, mögen dieſe nun von ein-
zelnen Rechtslehrern, oder von Rechtscollegien, z. B. von
Juriſtenfacultäten oder Obergerichten herrühren. Indem
aber hier die praktiſchen Arbeiten der Schriftſteller den
theoretiſchen entgegengeſetzt werden, iſt dieſes keinesweges
ſo gemeynt, als ob jedes einzelne Werk einer dieſer Klaſ-
ſen ausſchließend angehören müßte. Sehr viele werden
den theoretiſchen und den praktiſchen Charakter zugleich
an ſich tragen, meiſt mit einem überwiegenden Antheil
des einen, vielleicht ſelbſt mit gleicher Kraft in beiden
Gebieten wirkend.
Bey den praktiſchen Arbeiten entſteht, ſo wie oben bey
den theoretiſchen, die Frage, woran wir das Gültige und
Ächte zu erkennen haben, um es auf ſichere Weiſe vom
Ungültigen und Unächten unterſcheiden zu können. Dieſe
Frage hat hier eine noch weit höhere Wichtigkeit, und
bedarf deswegen einer genaueren Erörterung.
Wenn man einem des Rechts Unkundigen einen Streit
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