Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. ritorialrecht, welches sich bald auf ein ganzes Land, baldauf einzelne Bestandtheile desselben bezieht, und dessen Um- fang und Wichtigkeit je nach den Ländern sehr verschie- den ist. Auf den Gegensatz dieses Territorialrechts grün- det sich der oben (§ 2) aufgestellte Begriff des gemeinen Rechts, welches überall zu jenem im Verhältniß eines Subsidiarrechts steht, so daß es nur zur Anwendung kommen kann, insofern nicht eine andere Bestimmung des Territorialrechts vorhanden ist. Dieses Verhältniß folgt natürlich, ja nothwendig daraus, daß eine solche neuere Gesetzgebung gerade durch das Bedürfniß der Fortbildung des vorhandenen Rechts entsteht, also diese Fortbildung recht eigentlich zum Zweck hat. Nur würde es unrichtig seyn, dieses Verhältniß des Subsidiarrechts so anzusehen, als ob nun im wirklichen Leben die Entscheidung streitiger Verhältnisse in der Regel durch Territorialrecht bestimmt würde, neben welchem das gemeine Recht nur in selte- nen ausgenommenen Fällen zur Anwendung käme. Viel- mehr ist überall die wirkliche Anwendung des gemeinen Rechts in großem Übergewicht geblieben, so lange nur der Begriff desselben überhaupt beybehalten wurde, wel- cher freylich überall aufgehört hat, wo neue Gesetzbücher eingeführt wurden. In einem großen Theil von Europa nämlich sind in Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. ritorialrecht, welches ſich bald auf ein ganzes Land, baldauf einzelne Beſtandtheile deſſelben bezieht, und deſſen Um- fang und Wichtigkeit je nach den Ländern ſehr verſchie- den iſt. Auf den Gegenſatz dieſes Territorialrechts grün- det ſich der oben (§ 2) aufgeſtellte Begriff des gemeinen Rechts, welches überall zu jenem im Verhältniß eines Subſidiarrechts ſteht, ſo daß es nur zur Anwendung kommen kann, inſofern nicht eine andere Beſtimmung des Territorialrechts vorhanden iſt. Dieſes Verhältniß folgt natürlich, ja nothwendig daraus, daß eine ſolche neuere Geſetzgebung gerade durch das Bedürfniß der Fortbildung des vorhandenen Rechts entſteht, alſo dieſe Fortbildung recht eigentlich zum Zweck hat. Nur würde es unrichtig ſeyn, dieſes Verhältniß des Subſidiarrechts ſo anzuſehen, als ob nun im wirklichen Leben die Entſcheidung ſtreitiger Verhältniſſe in der Regel durch Territorialrecht beſtimmt würde, neben welchem das gemeine Recht nur in ſelte- nen ausgenommenen Fällen zur Anwendung käme. Viel- mehr iſt überall die wirkliche Anwendung des gemeinen Rechts in großem Übergewicht geblieben, ſo lange nur der Begriff deſſelben überhaupt beybehalten wurde, wel- cher freylich überall aufgehört hat, wo neue Geſetzbücher eingeführt wurden. In einem großen Theil von Europa nämlich ſind in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0158" n="102"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> ritorialrecht, welches ſich bald auf ein ganzes Land, bald<lb/> auf einzelne Beſtandtheile deſſelben bezieht, und deſſen Um-<lb/> fang und Wichtigkeit je nach den Ländern ſehr verſchie-<lb/> den iſt. Auf den Gegenſatz dieſes Territorialrechts grün-<lb/> det ſich der oben (§ 2) aufgeſtellte Begriff des gemeinen<lb/> Rechts, welches überall zu jenem im Verhältniß eines<lb/><hi rendition="#g">Subſidiarrechts</hi> ſteht, ſo daß es nur zur Anwendung<lb/> kommen kann, inſofern nicht eine andere Beſtimmung des<lb/> Territorialrechts vorhanden iſt. Dieſes Verhältniß folgt<lb/> natürlich, ja nothwendig daraus, daß eine ſolche neuere<lb/> Geſetzgebung gerade durch das Bedürfniß der Fortbildung<lb/> des vorhandenen Rechts entſteht, alſo dieſe Fortbildung<lb/> recht eigentlich zum Zweck hat. Nur würde es unrichtig<lb/> ſeyn, dieſes Verhältniß des Subſidiarrechts ſo anzuſehen,<lb/> als ob nun im wirklichen Leben die Entſcheidung ſtreitiger<lb/> Verhältniſſe in der Regel durch Territorialrecht beſtimmt<lb/> würde, neben welchem das gemeine Recht nur in ſelte-<lb/> nen ausgenommenen Fällen zur Anwendung käme. Viel-<lb/> mehr iſt überall die wirkliche Anwendung des gemeinen<lb/> Rechts in großem Übergewicht geblieben, ſo lange nur<lb/> der Begriff deſſelben überhaupt beybehalten wurde, wel-<lb/> cher freylich überall aufgehört hat, wo neue Geſetzbücher<lb/> eingeführt wurden.</p><lb/> <p>In einem großen Theil von Europa nämlich ſind in<lb/> neueren Zeiten die Rechtsquellen durch neue einheimiſche<lb/> Geſetzbücher weſentlich umgebildet worden. In Preußen<lb/> und Öſterreich haben dazu nur innere, den Rechtszuſtand<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0158]
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
ritorialrecht, welches ſich bald auf ein ganzes Land, bald
auf einzelne Beſtandtheile deſſelben bezieht, und deſſen Um-
fang und Wichtigkeit je nach den Ländern ſehr verſchie-
den iſt. Auf den Gegenſatz dieſes Territorialrechts grün-
det ſich der oben (§ 2) aufgeſtellte Begriff des gemeinen
Rechts, welches überall zu jenem im Verhältniß eines
Subſidiarrechts ſteht, ſo daß es nur zur Anwendung
kommen kann, inſofern nicht eine andere Beſtimmung des
Territorialrechts vorhanden iſt. Dieſes Verhältniß folgt
natürlich, ja nothwendig daraus, daß eine ſolche neuere
Geſetzgebung gerade durch das Bedürfniß der Fortbildung
des vorhandenen Rechts entſteht, alſo dieſe Fortbildung
recht eigentlich zum Zweck hat. Nur würde es unrichtig
ſeyn, dieſes Verhältniß des Subſidiarrechts ſo anzuſehen,
als ob nun im wirklichen Leben die Entſcheidung ſtreitiger
Verhältniſſe in der Regel durch Territorialrecht beſtimmt
würde, neben welchem das gemeine Recht nur in ſelte-
nen ausgenommenen Fällen zur Anwendung käme. Viel-
mehr iſt überall die wirkliche Anwendung des gemeinen
Rechts in großem Übergewicht geblieben, ſo lange nur
der Begriff deſſelben überhaupt beybehalten wurde, wel-
cher freylich überall aufgehört hat, wo neue Geſetzbücher
eingeführt wurden.
In einem großen Theil von Europa nämlich ſind in
neueren Zeiten die Rechtsquellen durch neue einheimiſche
Geſetzbücher weſentlich umgebildet worden. In Preußen
und Öſterreich haben dazu nur innere, den Rechtszuſtand
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