Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. zu dem geschriebenen Recht gehört, folglich das ungeschrie-bene nur auf der Seite des Jus civile liegt, versteht sich von selbst. Zweifelhafter kann das Verhältniß des Jus honorarium zu dem Jus gentium erscheinen. Ganz falsch würde es seyn, beide für identisch zu halten, da das Edict des Praetor urbanus theils vieles streng Römische Recht enthielt, theils auch nicht selten die utilitas abweichend von den Regeln der naturalis ratio (§ 15), in Schutz nahm (z). Eben so wenig aber darf der Gegensatz des Jus civile und honorarium als eine Unterabtheilung des Jus civile (im Gegensatz des Jus gentium) angesehen wer- den. Denn die Provinzialedicte enthielten gewiß neben bloßem Partikularrecht auch vieles Jus gentium, und noch vorherrschender mußte dieses in dem Edict des Peregri- nenprätors seyn. Nur das läßt sich als wirkliche Ver- wandtschaft beider Begriffe behaupten, daß aus dem all- gemeinen im Jus gentium enthaltenen Element Vieles in das Jus civile der Römer überging, und daß für diesen schon oben bemerkten Übergang das Jus honorarium sehr häufig als vermittelndes Organ diente. Endlich kann man die noch allgemeinere Frage aufwerfen, ob das prä- torische Recht, so weit es Neues enthielt, und besonders so weit es das Jus civile abänderte, Gesetz oder Gewohn- heit war? Wir können jetzt als entschieden annehmen, daß es seine abändernde Kraft lediglich aus dem Gewohn- (z) Beyspiele solcher Conflicte
des Edicts mit dem jus gentium sind zusammengestellt bey Düroi Archiv. B. 6 S. 308. 309. 393. Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. zu dem geſchriebenen Recht gehört, folglich das ungeſchrie-bene nur auf der Seite des Jus civile liegt, verſteht ſich von ſelbſt. Zweifelhafter kann das Verhältniß des Jus honorarium zu dem Jus gentium erſcheinen. Ganz falſch würde es ſeyn, beide für identiſch zu halten, da das Edict des Praetor urbanus theils vieles ſtreng Römiſche Recht enthielt, theils auch nicht ſelten die utilitas abweichend von den Regeln der naturalis ratio (§ 15), in Schutz nahm (z). Eben ſo wenig aber darf der Gegenſatz des Jus civile und honorarium als eine Unterabtheilung des Jus civile (im Gegenſatz des Jus gentium) angeſehen wer- den. Denn die Provinzialedicte enthielten gewiß neben bloßem Partikularrecht auch vieles Jus gentium, und noch vorherrſchender mußte dieſes in dem Edict des Peregri- nenprätors ſeyn. Nur das läßt ſich als wirkliche Ver- wandtſchaft beider Begriffe behaupten, daß aus dem all- gemeinen im Jus gentium enthaltenen Element Vieles in das Jus civile der Römer überging, und daß für dieſen ſchon oben bemerkten Übergang das Jus honorarium ſehr häufig als vermittelndes Organ diente. Endlich kann man die noch allgemeinere Frage aufwerfen, ob das prä- toriſche Recht, ſo weit es Neues enthielt, und beſonders ſo weit es das Jus civile abänderte, Geſetz oder Gewohn- heit war? Wir können jetzt als entſchieden annehmen, daß es ſeine abändernde Kraft lediglich aus dem Gewohn- (z) Beyſpiele ſolcher Conflicte
des Edicts mit dem jus gentium ſind zuſammengeſtellt bey Düroi Archiv. B. 6 S. 308. 309. 393. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0174" n="118"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> zu dem geſchriebenen Recht gehört, folglich das ungeſchrie-<lb/> bene nur auf der Seite des <hi rendition="#aq">Jus civile</hi> liegt, verſteht ſich<lb/> von ſelbſt. Zweifelhafter kann das Verhältniß des <hi rendition="#aq">Jus<lb/> honorarium</hi> zu dem <hi rendition="#aq">Jus gentium</hi> erſcheinen. Ganz falſch<lb/> würde es ſeyn, beide für identiſch zu halten, da das Edict<lb/> des <hi rendition="#aq">Praetor urbanus</hi> theils vieles ſtreng Römiſche Recht<lb/> enthielt, theils auch nicht ſelten die <hi rendition="#aq">utilitas</hi> abweichend<lb/> von den Regeln der <hi rendition="#aq">naturalis ratio</hi> (§ 15), in Schutz<lb/> nahm <note place="foot" n="(z)">Beyſpiele ſolcher Conflicte<lb/> des Edicts mit dem <hi rendition="#aq">jus gentium</hi><lb/> ſind zuſammengeſtellt bey <hi rendition="#g">Düroi</hi><lb/> Archiv. B. 6 S. 308. 309. 393.</note>. Eben ſo wenig aber darf der Gegenſatz des<lb/><hi rendition="#aq">Jus civile</hi> und <hi rendition="#aq">honorarium</hi> als eine Unterabtheilung des<lb/><hi rendition="#aq">Jus civile</hi> (im Gegenſatz des <hi rendition="#aq">Jus gentium</hi>) angeſehen wer-<lb/> den. Denn die Provinzialedicte enthielten gewiß neben<lb/> bloßem Partikularrecht auch vieles <hi rendition="#aq">Jus gentium,</hi> und noch<lb/> vorherrſchender mußte dieſes in dem Edict des Peregri-<lb/> nenprätors ſeyn. Nur das läßt ſich als wirkliche Ver-<lb/> wandtſchaft beider Begriffe behaupten, daß aus dem all-<lb/> gemeinen im <hi rendition="#aq">Jus gentium</hi> enthaltenen Element Vieles in<lb/> das <hi rendition="#aq">Jus civile</hi> der Römer überging, und daß für dieſen<lb/> ſchon oben bemerkten Übergang das <hi rendition="#aq">Jus honorarium</hi> ſehr<lb/> häufig als vermittelndes Organ diente. Endlich kann<lb/> man die noch allgemeinere Frage aufwerfen, ob das prä-<lb/> toriſche Recht, ſo weit es Neues enthielt, und beſonders<lb/> ſo weit es das <hi rendition="#aq">Jus civile</hi> abänderte, Geſetz oder Gewohn-<lb/> heit war? Wir können jetzt als entſchieden annehmen,<lb/> daß es ſeine abändernde Kraft lediglich aus dem Gewohn-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0174]
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
zu dem geſchriebenen Recht gehört, folglich das ungeſchrie-
bene nur auf der Seite des Jus civile liegt, verſteht ſich
von ſelbſt. Zweifelhafter kann das Verhältniß des Jus
honorarium zu dem Jus gentium erſcheinen. Ganz falſch
würde es ſeyn, beide für identiſch zu halten, da das Edict
des Praetor urbanus theils vieles ſtreng Römiſche Recht
enthielt, theils auch nicht ſelten die utilitas abweichend
von den Regeln der naturalis ratio (§ 15), in Schutz
nahm (z). Eben ſo wenig aber darf der Gegenſatz des
Jus civile und honorarium als eine Unterabtheilung des
Jus civile (im Gegenſatz des Jus gentium) angeſehen wer-
den. Denn die Provinzialedicte enthielten gewiß neben
bloßem Partikularrecht auch vieles Jus gentium, und noch
vorherrſchender mußte dieſes in dem Edict des Peregri-
nenprätors ſeyn. Nur das läßt ſich als wirkliche Ver-
wandtſchaft beider Begriffe behaupten, daß aus dem all-
gemeinen im Jus gentium enthaltenen Element Vieles in
das Jus civile der Römer überging, und daß für dieſen
ſchon oben bemerkten Übergang das Jus honorarium ſehr
häufig als vermittelndes Organ diente. Endlich kann
man die noch allgemeinere Frage aufwerfen, ob das prä-
toriſche Recht, ſo weit es Neues enthielt, und beſonders
ſo weit es das Jus civile abänderte, Geſetz oder Gewohn-
heit war? Wir können jetzt als entſchieden annehmen,
daß es ſeine abändernde Kraft lediglich aus dem Gewohn-
(z) Beyſpiele ſolcher Conflicte
des Edicts mit dem jus gentium
ſind zuſammengeſtellt bey Düroi
Archiv. B. 6 S. 308. 309. 393.
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