Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 38. Justinianische Gesetze. Kritik. vorausgesetzt, so daß nur von der Anwendung dieserKenntniß auf das Geschäft der Auslegung die Rede seyn wird (a). Die ganz eigenthümliche Lage des Auslegers gründet Die Grundlage aller Auslegung ist ein auszulegender (a) Ganz absichtlich also wird hier nicht gesprochen von der Entstehung der Justinianischen Rechtsquellen, von ihren Be- standtheilen, von ihrer Sprache, und den Hülfsmitteln, die wir dabey benutzen, von den Hand- schriften und Ausgaben des Textes. 16
§. 38. Juſtinianiſche Geſetze. Kritik. vorausgeſetzt, ſo daß nur von der Anwendung dieſerKenntniß auf das Geſchäft der Auslegung die Rede ſeyn wird (a). Die ganz eigenthümliche Lage des Auslegers gründet Die Grundlage aller Auslegung iſt ein auszulegender (a) Ganz abſichtlich alſo wird hier nicht geſprochen von der Entſtehung der Juſtinianiſchen Rechtsquellen, von ihren Be- ſtandtheilen, von ihrer Sprache, und den Hülfsmitteln, die wir dabey benutzen, von den Hand- ſchriften und Ausgaben des Textes. 16
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0297" n="241"/><fw place="top" type="header">§. 38. Juſtinianiſche Geſetze. Kritik.</fw><lb/> vorausgeſetzt, ſo daß nur von der Anwendung dieſer<lb/> Kenntniß auf das Geſchäft der Auslegung die Rede<lb/> ſeyn wird <note place="foot" n="(a)">Ganz abſichtlich alſo wird<lb/> hier nicht geſprochen von der<lb/> Entſtehung der Juſtinianiſchen<lb/> Rechtsquellen, von ihren Be-<lb/> ſtandtheilen, von ihrer Sprache,<lb/> und den Hülfsmitteln, die wir<lb/> dabey benutzen, von den Hand-<lb/> ſchriften und Ausgaben des Textes.</note>.</p><lb/> <p>Die ganz eigenthümliche Lage des Auslegers gründet<lb/> ſich hier auf die große Entfernung zwiſchen ihm und der<lb/> Entſtehung der auszulegenden Geſetze. Dieſe giebt dem<lb/> Studium des Römiſchen Rechts einen vorzugsweiſe ge-<lb/> lehrten Character. Wir entbehren darin alle Vortheile<lb/> der Anſchaulichkeit und unmittelbaren Gewißheit, die aus<lb/> dem Mitleben mit dem Volke, worin ein Recht entſtand,<lb/> hervorgehen können, und wir müſſen ſuchen dieſe Vortheile<lb/> durch geiſtige Anſtrengung ſo viel als möglich zu erſetzen.<lb/> Dadurch erhält insbeſondere die Auslegung noch ein an-<lb/> deres Ziel, als das der Erwerbung eines reinen Reſul-<lb/> tates an ſicheren Rechtsregeln. Wir müſſen ſuchen, die<lb/> überlieferten Rechtsquellen in ihrer ganzen Eigenthümlich-<lb/> keit ſo vollſtändig in uns aufzunehmen, daß ſie uns die<lb/> Stelle des Mitlebens vertreten. So ſchwierig dieſe Auf-<lb/> gabe an ſich iſt, ſo wird ſie doch durch die hohe literari-<lb/> ſche Vortrefflichkeit erleichtert, die wir in den wichtigſten<lb/> Theilen jener Rechtsquellen wahrnehmen.</p><lb/> <p>Die Grundlage aller Auslegung iſt ein auszulegender<lb/> Text, und die Feſtſtellung dieſes Textes heißt <hi rendition="#g">Kritik</hi>.<lb/> Dieſe geht alſo der Auslegung vorher, jedoch darf dieſes<lb/> <fw place="bottom" type="sig">16</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0297]
§. 38. Juſtinianiſche Geſetze. Kritik.
vorausgeſetzt, ſo daß nur von der Anwendung dieſer
Kenntniß auf das Geſchäft der Auslegung die Rede
ſeyn wird (a).
Die ganz eigenthümliche Lage des Auslegers gründet
ſich hier auf die große Entfernung zwiſchen ihm und der
Entſtehung der auszulegenden Geſetze. Dieſe giebt dem
Studium des Römiſchen Rechts einen vorzugsweiſe ge-
lehrten Character. Wir entbehren darin alle Vortheile
der Anſchaulichkeit und unmittelbaren Gewißheit, die aus
dem Mitleben mit dem Volke, worin ein Recht entſtand,
hervorgehen können, und wir müſſen ſuchen dieſe Vortheile
durch geiſtige Anſtrengung ſo viel als möglich zu erſetzen.
Dadurch erhält insbeſondere die Auslegung noch ein an-
deres Ziel, als das der Erwerbung eines reinen Reſul-
tates an ſicheren Rechtsregeln. Wir müſſen ſuchen, die
überlieferten Rechtsquellen in ihrer ganzen Eigenthümlich-
keit ſo vollſtändig in uns aufzunehmen, daß ſie uns die
Stelle des Mitlebens vertreten. So ſchwierig dieſe Auf-
gabe an ſich iſt, ſo wird ſie doch durch die hohe literari-
ſche Vortrefflichkeit erleichtert, die wir in den wichtigſten
Theilen jener Rechtsquellen wahrnehmen.
Die Grundlage aller Auslegung iſt ein auszulegender
Text, und die Feſtſtellung dieſes Textes heißt Kritik.
Dieſe geht alſo der Auslegung vorher, jedoch darf dieſes
(a) Ganz abſichtlich alſo wird
hier nicht geſprochen von der
Entſtehung der Juſtinianiſchen
Rechtsquellen, von ihren Be-
ſtandtheilen, von ihrer Sprache,
und den Hülfsmitteln, die wir
dabey benutzen, von den Hand-
ſchriften und Ausgaben des Textes.
16
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |