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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Gesetze.
von abweichendem Inhalt deswegen aufgenommen wer-
den, damit die eine aus der anderen historisches Licht em-
pfange. -- So unbedenklich nun, nach diesen Gründen,
die historische Vereinigung ist, so darf sie dennoch nur da
angewendet werden, wo die systematische nicht anwendbar
ist (r). Dieser Vorrang der systematischen Vereinigung ist
eine natürliche Folge davon, daß die Rechtsbücher für
den praktischen Zweck gegeben sind, weshalb auch von je-
dem ihrer Bestandtheile angenommen werden muß, er sey
zur unmittelbaren Anwendung bestimmt, wenn nicht diese
Annahme durch besondere Gründe widerlegt wird, welches
hier durch den sonst unvermeidlichen Widerspruch mit an-
deren Stellen geschieht.

Das wichtigste aber und zugleich das schwierigste ist
die Feststellung der Bedingungen für die historische Verei-
nigung. Der Fall nämlich ist der allerseltenste, worin
uns geradezu ein Stück Rechtsgeschichte im Zusammen-
hang vorgetragen wird, so wie oben ein Beyspiel aus den
Institutionen nachgewiesen worden ist (Note o). Fast im-
mer muß vielmehr jene Art der Vereinigung erst durch
ein künstliches Verfahren herbeygeführt werden. Woran
können wir nun mit Sicherheit erkennen, daß der Fall
derselben wirklich vorhanden ist? darüber mag folgende

§ 2. Const. Summa § 1. L. 1
§ 4. 8 C. de vet. j. enucl. (1. 17.).
L. 2 pr. § 15 eod. Nov.
158.
(r) Eine Bestätigung liegt dar-
in, daß Justinian selbst nur auf
die systematische Vereinigung aus-
drücklich hinweist, offenbar, in-
dem er sie als die regelmäßige
und natürliche, als die welche
vor Allem versucht werden soll,
ansieht. L. 2 § 15 C. de vet. j.
enucl.
(1. 17.). Nov.
158.

Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze.
von abweichendem Inhalt deswegen aufgenommen wer-
den, damit die eine aus der anderen hiſtoriſches Licht em-
pfange. — So unbedenklich nun, nach dieſen Gründen,
die hiſtoriſche Vereinigung iſt, ſo darf ſie dennoch nur da
angewendet werden, wo die ſyſtematiſche nicht anwendbar
iſt (r). Dieſer Vorrang der ſyſtematiſchen Vereinigung iſt
eine natürliche Folge davon, daß die Rechtsbücher für
den praktiſchen Zweck gegeben ſind, weshalb auch von je-
dem ihrer Beſtandtheile angenommen werden muß, er ſey
zur unmittelbaren Anwendung beſtimmt, wenn nicht dieſe
Annahme durch beſondere Gründe widerlegt wird, welches
hier durch den ſonſt unvermeidlichen Widerſpruch mit an-
deren Stellen geſchieht.

Das wichtigſte aber und zugleich das ſchwierigſte iſt
die Feſtſtellung der Bedingungen für die hiſtoriſche Verei-
nigung. Der Fall nämlich iſt der allerſeltenſte, worin
uns geradezu ein Stück Rechtsgeſchichte im Zuſammen-
hang vorgetragen wird, ſo wie oben ein Beyſpiel aus den
Inſtitutionen nachgewieſen worden iſt (Note o). Faſt im-
mer muß vielmehr jene Art der Vereinigung erſt durch
ein künſtliches Verfahren herbeygeführt werden. Woran
können wir nun mit Sicherheit erkennen, daß der Fall
derſelben wirklich vorhanden iſt? darüber mag folgende

§ 2. Const. Summa § 1. L. 1
§ 4. 8 C. de vet. j. enucl. (1. 17.).
L. 2 pr. § 15 eod. Nov.
158.
(r) Eine Beſtätigung liegt dar-
in, daß Juſtinian ſelbſt nur auf
die ſyſtematiſche Vereinigung aus-
drücklich hinweiſt, offenbar, in-
dem er ſie als die regelmäßige
und natürliche, als die welche
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anſieht. L. 2 § 15 C. de vet. j.
enucl.
(1. 17.). Nov.
158.
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[280/0336] Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze. von abweichendem Inhalt deswegen aufgenommen wer- den, damit die eine aus der anderen hiſtoriſches Licht em- pfange. — So unbedenklich nun, nach dieſen Gründen, die hiſtoriſche Vereinigung iſt, ſo darf ſie dennoch nur da angewendet werden, wo die ſyſtematiſche nicht anwendbar iſt (r). Dieſer Vorrang der ſyſtematiſchen Vereinigung iſt eine natürliche Folge davon, daß die Rechtsbücher für den praktiſchen Zweck gegeben ſind, weshalb auch von je- dem ihrer Beſtandtheile angenommen werden muß, er ſey zur unmittelbaren Anwendung beſtimmt, wenn nicht dieſe Annahme durch beſondere Gründe widerlegt wird, welches hier durch den ſonſt unvermeidlichen Widerſpruch mit an- deren Stellen geſchieht. Das wichtigſte aber und zugleich das ſchwierigſte iſt die Feſtſtellung der Bedingungen für die hiſtoriſche Verei- nigung. Der Fall nämlich iſt der allerſeltenſte, worin uns geradezu ein Stück Rechtsgeſchichte im Zuſammen- hang vorgetragen wird, ſo wie oben ein Beyſpiel aus den Inſtitutionen nachgewieſen worden iſt (Note o). Faſt im- mer muß vielmehr jene Art der Vereinigung erſt durch ein künſtliches Verfahren herbeygeführt werden. Woran können wir nun mit Sicherheit erkennen, daß der Fall derſelben wirklich vorhanden iſt? darüber mag folgende (q) (r) Eine Beſtätigung liegt dar- in, daß Juſtinian ſelbſt nur auf die ſyſtematiſche Vereinigung aus- drücklich hinweiſt, offenbar, in- dem er ſie als die regelmäßige und natürliche, als die welche vor Allem verſucht werden ſoll, anſieht. L. 2 § 15 C. de vet. j. enucl. (1. 17.). Nov. 158. (q) § 2. Const. Summa § 1. L. 1 § 4. 8 C. de vet. j. enucl. (1. 17.). L. 2 pr. § 15 eod. Nov. 158.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/336>, abgerufen am 02.06.2024.