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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 46. Rechtsquellen als Ganzes. Lücken. Analogie.
ren nach Analogie nehmen wir an, daß es an dem wirk-
lichen Gedanken irgend eines leitenden Gesetzes gänzlich
fehlt, und wir suchen uns über diesen Mangel durch die
organische Einheit des Rechts hinweg zu helfen.

Die Auslegung vermittelst der Analogie findet jedoch
gar keine Anwendung, wenn das Gegebene, von welchem
wir ausgehen, die Natur der Ausnahme von einer Regel
hat. In einem solchen Fall wird meistens die Anwendung
der Analogie schon deswegen verworfen werden müssen,
weil die Grundbedingung derselben, der Mangel einer
Regel, nicht vorhanden seyn wird. Wenn also z. B. ein
vorhandenes Gesetz durch ein neues Gesetz theilweise
aufgehoben wird, so bestehen die nicht aufgehobenen Theile
fort (b). Wollten wir auch darauf die Aufhebung aus-
dehnen, so wäre das nicht Analogie, indem ja dafür eine
Regel gar nicht fehlt, sondern vielmehr eine ausdehnende
Auslegung, und zwar eine willkührliche, grundlose. --
Eben so wird es sich verhalten mit der analogischen Er-
weiterung eigentlicher Privilegien (§ 16), neben welchen
es ja an einer eigentlichen Rechtsregel niemals fehlen
wird. -- Und derselbe Fall würde auch da eintreten, wo
ein anomalisches Recht oder Jus singulare (§ 16) über
seine unmittelbaren Gränzen erweitert werden sollte, in-
dem auch da eine Regel schon vorhanden ist, die durch
die Erweiterung nur gestört werden würde. Dieser Fall

(b) Ein Beyspiel kommt vor
in L. 32 § 6 C. de apell. (7. 62.).
-- Vgl. auch Thibaut logische
Auslegung § 20.

§. 46. Rechtsquellen als Ganzes. Lücken. Analogie.
ren nach Analogie nehmen wir an, daß es an dem wirk-
lichen Gedanken irgend eines leitenden Geſetzes gänzlich
fehlt, und wir ſuchen uns über dieſen Mangel durch die
organiſche Einheit des Rechts hinweg zu helfen.

Die Auslegung vermittelſt der Analogie findet jedoch
gar keine Anwendung, wenn das Gegebene, von welchem
wir ausgehen, die Natur der Ausnahme von einer Regel
hat. In einem ſolchen Fall wird meiſtens die Anwendung
der Analogie ſchon deswegen verworfen werden müſſen,
weil die Grundbedingung derſelben, der Mangel einer
Regel, nicht vorhanden ſeyn wird. Wenn alſo z. B. ein
vorhandenes Geſetz durch ein neues Geſetz theilweiſe
aufgehoben wird, ſo beſtehen die nicht aufgehobenen Theile
fort (b). Wollten wir auch darauf die Aufhebung aus-
dehnen, ſo wäre das nicht Analogie, indem ja dafür eine
Regel gar nicht fehlt, ſondern vielmehr eine ausdehnende
Auslegung, und zwar eine willkührliche, grundloſe. —
Eben ſo wird es ſich verhalten mit der analogiſchen Er-
weiterung eigentlicher Privilegien (§ 16), neben welchen
es ja an einer eigentlichen Rechtsregel niemals fehlen
wird. — Und derſelbe Fall würde auch da eintreten, wo
ein anomaliſches Recht oder Jus singulare (§ 16) über
ſeine unmittelbaren Gränzen erweitert werden ſollte, in-
dem auch da eine Regel ſchon vorhanden iſt, die durch
die Erweiterung nur geſtört werden würde. Dieſer Fall

(b) Ein Beyſpiel kommt vor
in L. 32 § 6 C. de apell. (7. 62.).
— Vgl. auch Thibaut logiſche
Auslegung § 20.
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[293/0349] §. 46. Rechtsquellen als Ganzes. Lücken. Analogie. ren nach Analogie nehmen wir an, daß es an dem wirk- lichen Gedanken irgend eines leitenden Geſetzes gänzlich fehlt, und wir ſuchen uns über dieſen Mangel durch die organiſche Einheit des Rechts hinweg zu helfen. Die Auslegung vermittelſt der Analogie findet jedoch gar keine Anwendung, wenn das Gegebene, von welchem wir ausgehen, die Natur der Ausnahme von einer Regel hat. In einem ſolchen Fall wird meiſtens die Anwendung der Analogie ſchon deswegen verworfen werden müſſen, weil die Grundbedingung derſelben, der Mangel einer Regel, nicht vorhanden ſeyn wird. Wenn alſo z. B. ein vorhandenes Geſetz durch ein neues Geſetz theilweiſe aufgehoben wird, ſo beſtehen die nicht aufgehobenen Theile fort (b). Wollten wir auch darauf die Aufhebung aus- dehnen, ſo wäre das nicht Analogie, indem ja dafür eine Regel gar nicht fehlt, ſondern vielmehr eine ausdehnende Auslegung, und zwar eine willkührliche, grundloſe. — Eben ſo wird es ſich verhalten mit der analogiſchen Er- weiterung eigentlicher Privilegien (§ 16), neben welchen es ja an einer eigentlichen Rechtsregel niemals fehlen wird. — Und derſelbe Fall würde auch da eintreten, wo ein anomaliſches Recht oder Jus singulare (§ 16) über ſeine unmittelbaren Gränzen erweitert werden ſollte, in- dem auch da eine Regel ſchon vorhanden iſt, die durch die Erweiterung nur geſtört werden würde. Dieſer Fall (b) Ein Beyſpiel kommt vor in L. 32 § 6 C. de apell. (7. 62.). — Vgl. auch Thibaut logiſche Auslegung § 20.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/349>, abgerufen am 24.11.2024.