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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 51. Aussprüche der neueren Gesetzbücher.
der Cassationshof, wenn er cassirt, zugleich selbst das neue
Urtheil spricht. Außerdem ist aber auch für das ganze
übrige Land neuerlich ein Cassationsverfahren unter dem
Namen der Nichtigkeitsbeschwerde eingeführt worden, in
welchem gleichfalls der Richter, welcher darüber erkennt
(das Geheime Obertribunal), wenn er das vorige Urtheil
vernichtet, zu gleicher Zeit selbst das Urtheil spricht (f).

Das Österreichische Gesetzbuch endlich verweist den
Richter auf die eigenthümliche Bedeutung der Worte des
Gesetzes in ihrem Zusammenhang, und auf die klare Ab-
sicht des Gesetzgebers. Fehlt ein Gesetz, so ist zu entschei-
den nach den Gesetzen für ähnliche Fälle, und nach den
Gründen verwandter Gesetze; reicht auch dieses nicht aus,
nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen. Das Römische
Verbot der Privatauslegung ist hier in die unbedenkliche
Regel umgebildet, daß nur der Gesetzgeber ein Gesetz auf
eine allgemein verbindliche Art erklären könne (g).

Fragen wir endlich, was in unsrer Lage und für un-
ser Bedürfniß räthlich sey, so erscheint es als unbedenk-
lich, jedem Richter die wahre Auslegung frey zu geben,
dasjenige aber, was nur aus Misverständniß für Ausle-
gung gehalten worden ist, in der Regel zu versagen. Da
jedoch im Einzelnen die Gränze zwischen reiner Auslegung
und eigentlicher Fortbildung des Rechts oft sehr zweifel-

(f) Verordnung vom 14. Dec.
1833 § 17 (Gesetzsammlung 1833
S. 306).
(g) Österreich. Gesetzbuch Ein-
leit. § 6. 7. 8.

§. 51. Ausſprüche der neueren Geſetzbücher.
der Caſſationshof, wenn er caſſirt, zugleich ſelbſt das neue
Urtheil ſpricht. Außerdem iſt aber auch für das ganze
übrige Land neuerlich ein Caſſationsverfahren unter dem
Namen der Nichtigkeitsbeſchwerde eingeführt worden, in
welchem gleichfalls der Richter, welcher darüber erkennt
(das Geheime Obertribunal), wenn er das vorige Urtheil
vernichtet, zu gleicher Zeit ſelbſt das Urtheil ſpricht (f).

Das Öſterreichiſche Geſetzbuch endlich verweiſt den
Richter auf die eigenthümliche Bedeutung der Worte des
Geſetzes in ihrem Zuſammenhang, und auf die klare Ab-
ſicht des Geſetzgebers. Fehlt ein Geſetz, ſo iſt zu entſchei-
den nach den Geſetzen für ähnliche Fälle, und nach den
Gründen verwandter Geſetze; reicht auch dieſes nicht aus,
nach den natürlichen Rechtsgrundſätzen. Das Römiſche
Verbot der Privatauslegung iſt hier in die unbedenkliche
Regel umgebildet, daß nur der Geſetzgeber ein Geſetz auf
eine allgemein verbindliche Art erklären könne (g).

Fragen wir endlich, was in unſrer Lage und für un-
ſer Bedürfniß räthlich ſey, ſo erſcheint es als unbedenk-
lich, jedem Richter die wahre Auslegung frey zu geben,
dasjenige aber, was nur aus Misverſtändniß für Ausle-
gung gehalten worden iſt, in der Regel zu verſagen. Da
jedoch im Einzelnen die Gränze zwiſchen reiner Auslegung
und eigentlicher Fortbildung des Rechts oft ſehr zweifel-

(f) Verordnung vom 14. Dec.
1833 § 17 (Geſetzſammlung 1833
S. 306).
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leit. § 6. 7. 8.
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[329/0385] §. 51. Ausſprüche der neueren Geſetzbücher. der Caſſationshof, wenn er caſſirt, zugleich ſelbſt das neue Urtheil ſpricht. Außerdem iſt aber auch für das ganze übrige Land neuerlich ein Caſſationsverfahren unter dem Namen der Nichtigkeitsbeſchwerde eingeführt worden, in welchem gleichfalls der Richter, welcher darüber erkennt (das Geheime Obertribunal), wenn er das vorige Urtheil vernichtet, zu gleicher Zeit ſelbſt das Urtheil ſpricht (f). Das Öſterreichiſche Geſetzbuch endlich verweiſt den Richter auf die eigenthümliche Bedeutung der Worte des Geſetzes in ihrem Zuſammenhang, und auf die klare Ab- ſicht des Geſetzgebers. Fehlt ein Geſetz, ſo iſt zu entſchei- den nach den Geſetzen für ähnliche Fälle, und nach den Gründen verwandter Geſetze; reicht auch dieſes nicht aus, nach den natürlichen Rechtsgrundſätzen. Das Römiſche Verbot der Privatauslegung iſt hier in die unbedenkliche Regel umgebildet, daß nur der Geſetzgeber ein Geſetz auf eine allgemein verbindliche Art erklären könne (g). Fragen wir endlich, was in unſrer Lage und für un- ſer Bedürfniß räthlich ſey, ſo erſcheint es als unbedenk- lich, jedem Richter die wahre Auslegung frey zu geben, dasjenige aber, was nur aus Misverſtändniß für Ausle- gung gehalten worden iſt, in der Regel zu verſagen. Da jedoch im Einzelnen die Gränze zwiſchen reiner Auslegung und eigentlicher Fortbildung des Rechts oft ſehr zweifel- (f) Verordnung vom 14. Dec. 1833 § 17 (Geſetzſammlung 1833 S. 306). (g) Öſterreich. Geſetzbuch Ein- leit. § 6. 7. 8.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/385>, abgerufen am 24.11.2024.