Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 57. Vermögensrecht. Fortsetzung.
Staats ausgebildeten Regeln auf die einzelnen Rechtsge-
nossen im Staate, als Eigenthümer, bezogen wurde (§ 56).
Wenden wir diese Auffassung auf den erwähnten Fall an,
da ein Vermögen durch den Tod seines Inhabers auf-
hört, als ein Attribut desselben zu bestehen, so wird es
nun nicht mehr in das Nichts zurückfallen, indem seine
Beziehung auf jene entferntere Grundlage, wegen der un-
vergänglichen Natur des Staates stets fortdauert. Wie
nun oben für die rechtliche Ausbildung der Herrschaft des
Menschen über die unfreye Natur verschiedene mögliche
Wege dargestellt wurden, so kann auch ein solches, durch
den Tod zunächst herrenlos gewordenes, Vermögen auf
verschiedene Weise behandelt werden, um dem gesammten
Rechtsorganismus als Bestandtheil ununterbrochen erhal-
ten zu bleiben.

Die erste mögliche Behandlung zu diesem Zweck liegt
darin, daß das Vermögen als Privatvermögen fortdauert,
indem durch eine Art von Fiction der Verstorbene als
über seinen Tod hinaus fortwirkend angesehen wird. Auch
dieses wieder kann auf zweyerley Art geschehen: theils in-
dem der im Leben ausgesprochene Wille noch nach dem
Tode das Schicksal des Vermögens bestimmt (Testamente
und Erbverträge); theils indem Diejenigen die Herrschaft
über das Vermögen fortsetzen, welche dem Verstorbenen
während seines Lebens in irgend einer Weise nahe stan-
den (Intestaterbfolge): wobey denn vorzugsweise der Ge-

§. 57. Vermögensrecht. Fortſetzung.
Staats ausgebildeten Regeln auf die einzelnen Rechtsge-
noſſen im Staate, als Eigenthümer, bezogen wurde (§ 56).
Wenden wir dieſe Auffaſſung auf den erwähnten Fall an,
da ein Vermögen durch den Tod ſeines Inhabers auf-
hört, als ein Attribut deſſelben zu beſtehen, ſo wird es
nun nicht mehr in das Nichts zurückfallen, indem ſeine
Beziehung auf jene entferntere Grundlage, wegen der un-
vergänglichen Natur des Staates ſtets fortdauert. Wie
nun oben für die rechtliche Ausbildung der Herrſchaft des
Menſchen über die unfreye Natur verſchiedene mögliche
Wege dargeſtellt wurden, ſo kann auch ein ſolches, durch
den Tod zunächſt herrenlos gewordenes, Vermögen auf
verſchiedene Weiſe behandelt werden, um dem geſammten
Rechtsorganismus als Beſtandtheil ununterbrochen erhal-
ten zu bleiben.

Die erſte mögliche Behandlung zu dieſem Zweck liegt
darin, daß das Vermögen als Privatvermögen fortdauert,
indem durch eine Art von Fiction der Verſtorbene als
über ſeinen Tod hinaus fortwirkend angeſehen wird. Auch
dieſes wieder kann auf zweyerley Art geſchehen: theils in-
dem der im Leben ausgeſprochene Wille noch nach dem
Tode das Schickſal des Vermögens beſtimmt (Teſtamente
und Erbverträge); theils indem Diejenigen die Herrſchaft
über das Vermögen fortſetzen, welche dem Verſtorbenen
während ſeines Lebens in irgend einer Weiſe nahe ſtan-
den (Inteſtaterbfolge): wobey denn vorzugsweiſe der Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0437" n="381"/><fw place="top" type="header">§. 57. Vermögensrecht. Fort&#x017F;etzung.</fw><lb/>
Staats ausgebildeten Regeln auf die einzelnen Rechtsge-<lb/>
no&#x017F;&#x017F;en im Staate, als Eigenthümer, bezogen wurde (§ 56).<lb/>
Wenden wir die&#x017F;e Auffa&#x017F;&#x017F;ung auf den erwähnten Fall an,<lb/>
da ein Vermögen durch den Tod &#x017F;eines Inhabers auf-<lb/>
hört, als ein Attribut de&#x017F;&#x017F;elben zu be&#x017F;tehen, &#x017F;o wird es<lb/>
nun nicht mehr in das Nichts zurückfallen, indem &#x017F;eine<lb/>
Beziehung auf jene entferntere Grundlage, wegen der un-<lb/>
vergänglichen Natur des Staates &#x017F;tets fortdauert. Wie<lb/>
nun oben für die rechtliche Ausbildung der Herr&#x017F;chaft des<lb/>
Men&#x017F;chen über die unfreye Natur ver&#x017F;chiedene mögliche<lb/>
Wege darge&#x017F;tellt wurden, &#x017F;o kann auch ein &#x017F;olches, durch<lb/>
den Tod zunäch&#x017F;t herrenlos gewordenes, Vermögen auf<lb/>
ver&#x017F;chiedene Wei&#x017F;e behandelt werden, um dem ge&#x017F;ammten<lb/>
Rechtsorganismus als Be&#x017F;tandtheil ununterbrochen erhal-<lb/>
ten zu bleiben.</p><lb/>
            <p>Die er&#x017F;te mögliche Behandlung zu die&#x017F;em Zweck liegt<lb/>
darin, daß das Vermögen als Privatvermögen fortdauert,<lb/>
indem durch eine Art von Fiction der Ver&#x017F;torbene als<lb/>
über &#x017F;einen Tod hinaus fortwirkend ange&#x017F;ehen wird. Auch<lb/>
die&#x017F;es wieder kann auf zweyerley Art ge&#x017F;chehen: theils in-<lb/>
dem der im Leben ausge&#x017F;prochene Wille noch nach dem<lb/>
Tode das Schick&#x017F;al des Vermögens be&#x017F;timmt (Te&#x017F;tamente<lb/>
und Erbverträge); theils indem Diejenigen die Herr&#x017F;chaft<lb/>
über das Vermögen fort&#x017F;etzen, welche dem Ver&#x017F;torbenen<lb/>
während &#x017F;eines Lebens in irgend einer Wei&#x017F;e nahe &#x017F;tan-<lb/>
den (Inte&#x017F;taterbfolge): wobey denn vorzugswei&#x017F;e der Ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0437] §. 57. Vermögensrecht. Fortſetzung. Staats ausgebildeten Regeln auf die einzelnen Rechtsge- noſſen im Staate, als Eigenthümer, bezogen wurde (§ 56). Wenden wir dieſe Auffaſſung auf den erwähnten Fall an, da ein Vermögen durch den Tod ſeines Inhabers auf- hört, als ein Attribut deſſelben zu beſtehen, ſo wird es nun nicht mehr in das Nichts zurückfallen, indem ſeine Beziehung auf jene entferntere Grundlage, wegen der un- vergänglichen Natur des Staates ſtets fortdauert. Wie nun oben für die rechtliche Ausbildung der Herrſchaft des Menſchen über die unfreye Natur verſchiedene mögliche Wege dargeſtellt wurden, ſo kann auch ein ſolches, durch den Tod zunächſt herrenlos gewordenes, Vermögen auf verſchiedene Weiſe behandelt werden, um dem geſammten Rechtsorganismus als Beſtandtheil ununterbrochen erhal- ten zu bleiben. Die erſte mögliche Behandlung zu dieſem Zweck liegt darin, daß das Vermögen als Privatvermögen fortdauert, indem durch eine Art von Fiction der Verſtorbene als über ſeinen Tod hinaus fortwirkend angeſehen wird. Auch dieſes wieder kann auf zweyerley Art geſchehen: theils in- dem der im Leben ausgeſprochene Wille noch nach dem Tode das Schickſal des Vermögens beſtimmt (Teſtamente und Erbverträge); theils indem Diejenigen die Herrſchaft über das Vermögen fortſetzen, welche dem Verſtorbenen während ſeines Lebens in irgend einer Weiſe nahe ſtan- den (Inteſtaterbfolge): wobey denn vorzugsweiſe der Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/437
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/437>, abgerufen am 25.11.2024.