Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 78. Infamie. Juristische Bedeutung.
die Personen, denen er das Postuliren untersagt, nach
drey Klassen, wodurch also drey Edicte über diesen Ge-
genstand entstehen (f).

Die erste Klasse (oder das erste Edict) umfaßt Dieje-
nigen, welche schlechthin unfähig sind, also nicht einmal
für sich selbst postuliren dürfen. Dahin gehören alle Men-
schen unter 17 Jahren, und alle Taube (g); neben diesen
letzten hätten auch die Stummen ausgeschlossen werden
können, allein deren mündliche Anträge waren ohnehin
nicht zu besorgen.

Die zweyte Klasse besteht aus Denjenigen, welche zwar
für sich selbst, aber durchaus nicht für Andere, postuliren
dürfen. Dahin gehören die Frauen (h), die Blinden, und
gewisse in höherem Grade ehrlose Personen (in turpitu-
dine notabiles):
namentlich Männer, die sich fremder
Wollust überlassen, die wegen eines Kapitalverbrechens
Verurtheilten, und Die welche sich zu den Thierkämpfen
vermietheten (i).

In der dritten Klasse endlich stehen Diejenigen, welche

(f) L. 1 § 1. 7. 9 de postulan-
do
(3. 1.). "Eapropter tres fe-
cit ordines" -- "tres ordines
Praetor fecit non postulantium"
-- "si fuerit inter eos, qui ter-
tio Edicto
continentur."
(g) L. 1 § 3 de postul. (3. 1.).
(h) Die Frauen jedoch mit ei-
nigen Ausnahmen: für den Va-
ter durften sie postuliren causa
cognita,
wenn er keinen andern
Vertreter finden konnte (L. 41
de proc.
3. 3): ferner durften
sie für jeden dritten cognitoriam
operam
übernehmen, wenn es in
rem suam
geschah (Paulus I. 2
§ 2). Also war ihnen die Er-
werbung einer Forderung durch
Cession nicht versagt.
(i) L. 1 § 5. 6 de postul. (3. 1.).
Diese noch unter den Infamen
Ausgezeichneten sind schon oben in
der Reihe aller Infamen mit auf-
geführt worden (§ 77).

§. 78. Infamie. Juriſtiſche Bedeutung.
die Perſonen, denen er das Poſtuliren unterſagt, nach
drey Klaſſen, wodurch alſo drey Edicte über dieſen Ge-
genſtand entſtehen (f).

Die erſte Klaſſe (oder das erſte Edict) umfaßt Dieje-
nigen, welche ſchlechthin unfähig ſind, alſo nicht einmal
für ſich ſelbſt poſtuliren dürfen. Dahin gehoͤren alle Men-
ſchen unter 17 Jahren, und alle Taube (g); neben dieſen
letzten hätten auch die Stummen ausgeſchloſſen werden
können, allein deren mündliche Anträge waren ohnehin
nicht zu beſorgen.

Die zweyte Klaſſe beſteht aus Denjenigen, welche zwar
für ſich ſelbſt, aber durchaus nicht für Andere, poſtuliren
dürfen. Dahin gehören die Frauen (h), die Blinden, und
gewiſſe in höherem Grade ehrloſe Perſonen (in turpitu-
dine notabiles):
namentlich Männer, die ſich fremder
Wolluſt überlaſſen, die wegen eines Kapitalverbrechens
Verurtheilten, und Die welche ſich zu den Thierkämpfen
vermietheten (i).

In der dritten Klaſſe endlich ſtehen Diejenigen, welche

(f) L. 1 § 1. 7. 9 de postulan-
do
(3. 1.). „Eapropter tres fe-
cit ordines” — „tres ordines
Praetor fecit non postulantium”
— „si fuerit inter eos, qui ter-
tio Edicto
continentur.”
(g) L. 1 § 3 de postul. (3. 1.).
(h) Die Frauen jedoch mit ei-
nigen Ausnahmen: für den Va-
ter durften ſie poſtuliren causa
cognita,
wenn er keinen andern
Vertreter finden konnte (L. 41
de proc.
3. 3): ferner durften
ſie für jeden dritten cognitoriam
operam
übernehmen, wenn es in
rem suam
geſchah (Paulus I. 2
§ 2). Alſo war ihnen die Er-
werbung einer Forderung durch
Ceſſion nicht verſagt.
(i) L. 1 § 5. 6 de postul. (3. 1.).
Dieſe noch unter den Infamen
Ausgezeichneten ſind ſchon oben in
der Reihe aller Infamen mit auf-
geführt worden (§ 77).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0205" n="191"/><fw place="top" type="header">§. 78. Infamie. Juri&#x017F;ti&#x017F;che Bedeutung.</fw><lb/>
die Per&#x017F;onen, denen er das Po&#x017F;tuliren unter&#x017F;agt, nach<lb/>
drey Kla&#x017F;&#x017F;en, wodurch al&#x017F;o drey Edicte über die&#x017F;en Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand ent&#x017F;tehen <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 1. 7. 9 <hi rendition="#i">de postulan-<lb/>
do</hi> (3. 1.). &#x201E;Eapropter tres fe-<lb/>
cit <hi rendition="#i">ordines</hi>&#x201D; &#x2014; &#x201E;tres <hi rendition="#i">ordines</hi><lb/>
Praetor fecit non postulantium&#x201D;<lb/>
&#x2014; &#x201E;si fuerit inter eos, qui <hi rendition="#i">ter-<lb/>
tio Edicto</hi> continentur.&#x201D;</hi></note>.</p><lb/>
            <p>Die er&#x017F;te Kla&#x017F;&#x017F;e (oder das er&#x017F;te Edict) umfaßt Dieje-<lb/>
nigen, welche &#x017F;chlechthin unfähig &#x017F;ind, al&#x017F;o nicht einmal<lb/>
für &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t po&#x017F;tuliren dürfen. Dahin geho&#x0364;ren alle Men-<lb/>
&#x017F;chen unter 17 Jahren, und alle Taube <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 3 <hi rendition="#i">de postul.</hi></hi> (3. 1.).</note>; neben die&#x017F;en<lb/>
letzten hätten auch die Stummen ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden<lb/>
können, allein deren mündliche Anträge waren ohnehin<lb/>
nicht zu be&#x017F;orgen.</p><lb/>
            <p>Die zweyte Kla&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;teht aus Denjenigen, welche zwar<lb/>
für &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, aber durchaus nicht für Andere, po&#x017F;tuliren<lb/>
dürfen. Dahin gehören die Frauen <note place="foot" n="(h)">Die Frauen jedoch mit ei-<lb/>
nigen Ausnahmen: für den Va-<lb/>
ter durften &#x017F;ie po&#x017F;tuliren <hi rendition="#aq">causa<lb/>
cognita,</hi> wenn er keinen andern<lb/>
Vertreter finden konnte <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">L.</hi> 41<lb/><hi rendition="#i">de proc.</hi></hi> 3. 3): ferner durften<lb/>
&#x017F;ie für jeden dritten <hi rendition="#aq">cognitoriam<lb/>
operam</hi> übernehmen, wenn es <hi rendition="#aq">in<lb/>
rem suam</hi> ge&#x017F;chah <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#k">Paulus</hi> I.</hi> 2<lb/>
§ 2). Al&#x017F;o war ihnen die Er-<lb/>
werbung einer Forderung durch<lb/>
Ce&#x017F;&#x017F;ion nicht ver&#x017F;agt.</note>, die Blinden, und<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e in höherem Grade ehrlo&#x017F;e Per&#x017F;onen <hi rendition="#aq">(in turpitu-<lb/>
dine notabiles):</hi> namentlich Männer, die &#x017F;ich fremder<lb/>
Wollu&#x017F;t überla&#x017F;&#x017F;en, die wegen eines Kapitalverbrechens<lb/>
Verurtheilten, und Die welche &#x017F;ich zu den Thierkämpfen<lb/>
vermietheten <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 5. 6 <hi rendition="#i">de postul.</hi></hi> (3. 1.).<lb/>
Die&#x017F;e noch unter den Infamen<lb/>
Ausgezeichneten &#x017F;ind &#x017F;chon oben in<lb/>
der Reihe aller Infamen mit auf-<lb/>
geführt worden (§ 77).</note>.</p><lb/>
            <p>In der dritten Kla&#x017F;&#x017F;e endlich &#x017F;tehen Diejenigen, welche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0205] §. 78. Infamie. Juriſtiſche Bedeutung. die Perſonen, denen er das Poſtuliren unterſagt, nach drey Klaſſen, wodurch alſo drey Edicte über dieſen Ge- genſtand entſtehen (f). Die erſte Klaſſe (oder das erſte Edict) umfaßt Dieje- nigen, welche ſchlechthin unfähig ſind, alſo nicht einmal für ſich ſelbſt poſtuliren dürfen. Dahin gehoͤren alle Men- ſchen unter 17 Jahren, und alle Taube (g); neben dieſen letzten hätten auch die Stummen ausgeſchloſſen werden können, allein deren mündliche Anträge waren ohnehin nicht zu beſorgen. Die zweyte Klaſſe beſteht aus Denjenigen, welche zwar für ſich ſelbſt, aber durchaus nicht für Andere, poſtuliren dürfen. Dahin gehören die Frauen (h), die Blinden, und gewiſſe in höherem Grade ehrloſe Perſonen (in turpitu- dine notabiles): namentlich Männer, die ſich fremder Wolluſt überlaſſen, die wegen eines Kapitalverbrechens Verurtheilten, und Die welche ſich zu den Thierkämpfen vermietheten (i). In der dritten Klaſſe endlich ſtehen Diejenigen, welche (f) L. 1 § 1. 7. 9 de postulan- do (3. 1.). „Eapropter tres fe- cit ordines” — „tres ordines Praetor fecit non postulantium” — „si fuerit inter eos, qui ter- tio Edicto continentur.” (g) L. 1 § 3 de postul. (3. 1.). (h) Die Frauen jedoch mit ei- nigen Ausnahmen: für den Va- ter durften ſie poſtuliren causa cognita, wenn er keinen andern Vertreter finden konnte (L. 41 de proc. 3. 3): ferner durften ſie für jeden dritten cognitoriam operam übernehmen, wenn es in rem suam geſchah (Paulus I. 2 § 2). Alſo war ihnen die Er- werbung einer Forderung durch Ceſſion nicht verſagt. (i) L. 1 § 5. 6 de postul. (3. 1.). Dieſe noch unter den Infamen Ausgezeichneten ſind ſchon oben in der Reihe aller Infamen mit auf- geführt worden (§ 77).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/205
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/205>, abgerufen am 17.05.2024.