Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Obligationen der Sklaven. und Erbeinsetzung, geschehen sey (b). Darin nun, daßder Jurist die doli exceptio zuläßt, könnte man einen Widerspruch gegen unsre Regel, oder wenigstens eine Aus- nahme derselben, wahrnehmen wollen: wie ich glaube, Beides mit Unrecht. Denn der einzige Grund der pacti exceptio ist das im Sklavenstand geschlossene pactum, wel- ches hier unwirksam bleiben mußte, weil sonst (gegen un- sre Regel) der Sklave eine Forderung erworben haben würde. Gründete sich nun die doli exceptio auf eine zur Zeit jenes Vertrags, also gleichfalls während des Skla- venstandes, begangene Unredlichkeit, so würde auch die doli exceptio unzulässig seyn, weil damals der Sklave keinerley Recht, also auch nicht das aus einer doli obli- gatio herzuleitende, erwerben konnte. Allein die Unred- (b) Darauf geht der Fall in
den Anfangsworten der Stelle, wovon Ulpians ganze Untersuchung ausgegangen war: "Sed si ser- vus sit, qui paciscitur prius- quam libertatem et heredita- tem adipiscatur, quia sub cou- ditione heres scriptus fuerat, non profuturum pactum Vin- dius scribit." (Die Bedingung muß aber auch auf die Freyheit gegangen seyn, weil es nachher heißt: "Sed si quis, ut supra retulimus, in servitute pactus est.") Da nun dieser bedingungs- weise eingesetzte Sklave, wenn er ex asse eingesetzt ist, einstweilen als herrenloser Sklave betrachtet werden könnte, so dürfte hieraus ein Zweifel hergenommen werden gegen die erste, oben im Text behauptete Ausnahme, nach wel- cher der herrenlose Sklave Glau- biger seyn kann. Diesem Zwei- fel läßt sich auf zweyerley Weise begegnen: 1) Ulpian sagt gar nicht, daß der Sklave ex asse eingesetzt war: stand aber neben ihm ein freyer Miterbe, so war dieser einstweilen der wahre, ge- genwärtige Herr des Sklaven. 2) Aber auch wenn er ex asse Erbe seyn sollte, so konnte wohl einstweilen die Erbschaft selbst als Herr des Sklaven angesehen wer- den, von welcher Ansicht bey den juristischen Personen gehandelt wird (§ 102). Obligationen der Sklaven. und Erbeinſetzung, geſchehen ſey (b). Darin nun, daßder Juriſt die doli exceptio zuläßt, könnte man einen Widerſpruch gegen unſre Regel, oder wenigſtens eine Aus- nahme derſelben, wahrnehmen wollen: wie ich glaube, Beides mit Unrecht. Denn der einzige Grund der pacti exceptio iſt das im Sklavenſtand geſchloſſene pactum, wel- ches hier unwirkſam bleiben mußte, weil ſonſt (gegen un- ſre Regel) der Sklave eine Forderung erworben haben würde. Gründete ſich nun die doli exceptio auf eine zur Zeit jenes Vertrags, alſo gleichfalls während des Skla- venſtandes, begangene Unredlichkeit, ſo würde auch die doli exceptio unzuläſſig ſeyn, weil damals der Sklave keinerley Recht, alſo auch nicht das aus einer doli obli- gatio herzuleitende, erwerben konnte. Allein die Unred- (b) Darauf geht der Fall in
den Anfangsworten der Stelle, wovon Ulpians ganze Unterſuchung ausgegangen war: „Sed si ser- vus sit, qui paciscitur prius- quam libertatem et heredita- tem adipiscatur, quia sub cou- ditione heres scriptus fuerat, non profuturum pactum Vin- dius scribit.” (Die Bedingung muß aber auch auf die Freyheit gegangen ſeyn, weil es nachher heißt: „Sed si quis, ut supra retulimus, in servitute pactus est.”) Da nun dieſer bedingungs- weiſe eingeſetzte Sklave, wenn er ex asse eingeſetzt iſt, einſtweilen als herrenloſer Sklave betrachtet werden könnte, ſo dürfte hieraus ein Zweifel hergenommen werden gegen die erſte, oben im Text behauptete Ausnahme, nach wel- cher der herrenloſe Sklave Glau- biger ſeyn kann. Dieſem Zwei- fel läßt ſich auf zweyerley Weiſe begegnen: 1) Ulpian ſagt gar nicht, daß der Sklave ex asse eingeſetzt war: ſtand aber neben ihm ein freyer Miterbe, ſo war dieſer einſtweilen der wahre, ge- genwärtige Herr des Sklaven. 2) Aber auch wenn er ex asse Erbe ſeyn ſollte, ſo konnte wohl einſtweilen die Erbſchaft ſelbſt als Herr des Sklaven angeſehen wer- den, von welcher Anſicht bey den juriſtiſchen Perſonen gehandelt wird (§ 102). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0435" n="421"/><fw place="top" type="header">Obligationen der Sklaven.</fw><lb/> und Erbeinſetzung, geſchehen ſey <note place="foot" n="(b)">Darauf geht der Fall in<lb/> den Anfangsworten der Stelle,<lb/> wovon Ulpians ganze Unterſuchung<lb/> ausgegangen war: <hi rendition="#aq">„Sed si ser-<lb/> vus sit, qui paciscitur prius-<lb/> quam libertatem et heredita-<lb/> tem adipiscatur, quia sub cou-<lb/> ditione heres scriptus fuerat,<lb/> non profuturum pactum Vin-<lb/> dius scribit.”</hi> (Die Bedingung<lb/> muß aber auch auf die Freyheit<lb/> gegangen ſeyn, weil es nachher<lb/> heißt: <hi rendition="#aq">„Sed si quis, ut supra<lb/> retulimus, in servitute pactus<lb/> est.”</hi>) Da nun dieſer bedingungs-<lb/> weiſe eingeſetzte Sklave, wenn er<lb/><hi rendition="#aq">ex asse</hi> eingeſetzt iſt, einſtweilen<lb/> als herrenloſer Sklave betrachtet<lb/> werden könnte, ſo dürfte hieraus<lb/> ein Zweifel hergenommen werden<lb/> gegen die erſte, oben im Text<lb/> behauptete Ausnahme, nach wel-<lb/> cher der herrenloſe Sklave Glau-<lb/> biger ſeyn kann. Dieſem Zwei-<lb/> fel läßt ſich auf zweyerley Weiſe<lb/> begegnen: 1) Ulpian ſagt gar<lb/> nicht, daß der Sklave <hi rendition="#aq">ex asse</hi><lb/> eingeſetzt war: ſtand aber neben<lb/> ihm ein freyer Miterbe, ſo war<lb/> dieſer einſtweilen der wahre, ge-<lb/> genwärtige Herr des Sklaven.<lb/> 2) Aber auch wenn er <hi rendition="#aq">ex asse</hi><lb/> Erbe ſeyn ſollte, ſo konnte wohl<lb/> einſtweilen die Erbſchaft ſelbſt als<lb/> Herr des Sklaven angeſehen wer-<lb/> den, von welcher Anſicht bey den<lb/> juriſtiſchen Perſonen gehandelt<lb/> wird (§ 102).</note>. Darin nun, daß<lb/> der Juriſt die <hi rendition="#aq">doli exceptio</hi> zuläßt, könnte man einen<lb/> Widerſpruch gegen unſre Regel, oder wenigſtens eine Aus-<lb/> nahme derſelben, wahrnehmen wollen: wie ich glaube,<lb/> Beides mit Unrecht. Denn der einzige Grund der <hi rendition="#aq">pacti<lb/> exceptio</hi> iſt das im Sklavenſtand geſchloſſene <hi rendition="#aq">pactum,</hi> wel-<lb/> ches hier unwirkſam bleiben mußte, weil ſonſt (gegen un-<lb/> ſre Regel) der Sklave eine Forderung erworben haben<lb/> würde. Gründete ſich nun die <hi rendition="#aq">doli exceptio</hi> auf eine zur<lb/> Zeit jenes Vertrags, alſo gleichfalls während des Skla-<lb/> venſtandes, begangene Unredlichkeit, ſo würde auch die<lb/><hi rendition="#aq">doli exceptio</hi> unzuläſſig ſeyn, weil damals der Sklave<lb/> keinerley Recht, alſo auch nicht das aus einer <hi rendition="#aq">doli obli-<lb/> gatio</hi> herzuleitende, erwerben konnte. Allein die Unred-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [421/0435]
Obligationen der Sklaven.
und Erbeinſetzung, geſchehen ſey (b). Darin nun, daß
der Juriſt die doli exceptio zuläßt, könnte man einen
Widerſpruch gegen unſre Regel, oder wenigſtens eine Aus-
nahme derſelben, wahrnehmen wollen: wie ich glaube,
Beides mit Unrecht. Denn der einzige Grund der pacti
exceptio iſt das im Sklavenſtand geſchloſſene pactum, wel-
ches hier unwirkſam bleiben mußte, weil ſonſt (gegen un-
ſre Regel) der Sklave eine Forderung erworben haben
würde. Gründete ſich nun die doli exceptio auf eine zur
Zeit jenes Vertrags, alſo gleichfalls während des Skla-
venſtandes, begangene Unredlichkeit, ſo würde auch die
doli exceptio unzuläſſig ſeyn, weil damals der Sklave
keinerley Recht, alſo auch nicht das aus einer doli obli-
gatio herzuleitende, erwerben konnte. Allein die Unred-
(b) Darauf geht der Fall in
den Anfangsworten der Stelle,
wovon Ulpians ganze Unterſuchung
ausgegangen war: „Sed si ser-
vus sit, qui paciscitur prius-
quam libertatem et heredita-
tem adipiscatur, quia sub cou-
ditione heres scriptus fuerat,
non profuturum pactum Vin-
dius scribit.” (Die Bedingung
muß aber auch auf die Freyheit
gegangen ſeyn, weil es nachher
heißt: „Sed si quis, ut supra
retulimus, in servitute pactus
est.”) Da nun dieſer bedingungs-
weiſe eingeſetzte Sklave, wenn er
ex asse eingeſetzt iſt, einſtweilen
als herrenloſer Sklave betrachtet
werden könnte, ſo dürfte hieraus
ein Zweifel hergenommen werden
gegen die erſte, oben im Text
behauptete Ausnahme, nach wel-
cher der herrenloſe Sklave Glau-
biger ſeyn kann. Dieſem Zwei-
fel läßt ſich auf zweyerley Weiſe
begegnen: 1) Ulpian ſagt gar
nicht, daß der Sklave ex asse
eingeſetzt war: ſtand aber neben
ihm ein freyer Miterbe, ſo war
dieſer einſtweilen der wahre, ge-
genwärtige Herr des Sklaven.
2) Aber auch wenn er ex asse
Erbe ſeyn ſollte, ſo konnte wohl
einſtweilen die Erbſchaft ſelbſt als
Herr des Sklaven angeſehen wer-
den, von welcher Anſicht bey den
juriſtiſchen Perſonen gehandelt
wird (§ 102).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |