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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage V.
tur, worauf sich Ulpians Regel gar nicht bezog. Dahin
gehörten nicht nur alle Prozesse außer der Stadt Rom
und ihrer nächsten Umgebung, sondern auch in Rom selbst
ein großer Theil der Prozesse (m), ja es hieng bey vielen
Klagen von jeder einzelnen Partey ab, die freyere Art
des Prozesses herbey zu führen (n), wodurch dann auch
das Hinderniß überwunden worden wäre, welches sich le-
diglich der Anwendung des strengeren legitimum judicium
in den Weg gestellt hätte.

Endlich drittens spricht Ulpian wörtlich nur von der
Frau als Klägerin nicht als Beklagten (si .. agant, nicht
si conveniantur), und es ließe sich sehr wohl denken, daß
man sie in dem willkührlichen Entschluß eine Klage anzu-
stellen mehr beschränkt hätte, als in der unfreywilligen
Vertheidigung gegen die Klage eines Andern, z. B. aus
den Schulden, die aus der väterlichen Erbschaft auf sie
gekommen waren. Bezog sich nun die Nothwendigkeit der
auctoritas überhaupt nicht auf die Beklagte, so konnte in
dieser Nothwendigkeit auch nicht einmal ein scheinbarer
Grund liegen, der filiafamilias die Fähigkeit zum Beklag-
tenverhältniß zu versagen. Gesetzt aber auch, man wollte
dem Ausdruck si agant eine weitere Bedeutung beylegen,
und darunter die Beklagte eben sowohl, als die Klägerin
verstehen, so ist doch wenigstens unläugbar, daß auch die
Klägerin darunter begriffen war. Ließe sich also zeigen,
daß zur Zeit der alten Juristen die filiafamilias als Klä-

(m) Gajus IV. § 104. 105.
(n) Gajus IV. § 163--165.

Beylage V.
tur, worauf ſich Ulpians Regel gar nicht bezog. Dahin
gehörten nicht nur alle Prozeſſe außer der Stadt Rom
und ihrer nächſten Umgebung, ſondern auch in Rom ſelbſt
ein großer Theil der Prozeſſe (m), ja es hieng bey vielen
Klagen von jeder einzelnen Partey ab, die freyere Art
des Prozeſſes herbey zu führen (n), wodurch dann auch
das Hinderniß überwunden worden wäre, welches ſich le-
diglich der Anwendung des ſtrengeren legitimum judicium
in den Weg geſtellt hätte.

Endlich drittens ſpricht Ulpian wörtlich nur von der
Frau als Klägerin nicht als Beklagten (si .. agant, nicht
si conveniantur), und es ließe ſich ſehr wohl denken, daß
man ſie in dem willkührlichen Entſchluß eine Klage anzu-
ſtellen mehr beſchränkt hätte, als in der unfreywilligen
Vertheidigung gegen die Klage eines Andern, z. B. aus
den Schulden, die aus der väterlichen Erbſchaft auf ſie
gekommen waren. Bezog ſich nun die Nothwendigkeit der
auctoritas überhaupt nicht auf die Beklagte, ſo konnte in
dieſer Nothwendigkeit auch nicht einmal ein ſcheinbarer
Grund liegen, der filiafamilias die Fähigkeit zum Beklag-
tenverhältniß zu verſagen. Geſetzt aber auch, man wollte
dem Ausdruck si agant eine weitere Bedeutung beylegen,
und darunter die Beklagte eben ſowohl, als die Klägerin
verſtehen, ſo iſt doch wenigſtens unläugbar, daß auch die
Klägerin darunter begriffen war. Ließe ſich alſo zeigen,
daß zur Zeit der alten Juriſten die filiafamilias als Klä-

(m) Gajus IV. § 104. 105.
(n) Gajus IV. § 163—165.
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[440/0454] Beylage V. tur, worauf ſich Ulpians Regel gar nicht bezog. Dahin gehörten nicht nur alle Prozeſſe außer der Stadt Rom und ihrer nächſten Umgebung, ſondern auch in Rom ſelbſt ein großer Theil der Prozeſſe (m), ja es hieng bey vielen Klagen von jeder einzelnen Partey ab, die freyere Art des Prozeſſes herbey zu führen (n), wodurch dann auch das Hinderniß überwunden worden wäre, welches ſich le- diglich der Anwendung des ſtrengeren legitimum judicium in den Weg geſtellt hätte. Endlich drittens ſpricht Ulpian wörtlich nur von der Frau als Klägerin nicht als Beklagten (si .. agant, nicht si conveniantur), und es ließe ſich ſehr wohl denken, daß man ſie in dem willkührlichen Entſchluß eine Klage anzu- ſtellen mehr beſchränkt hätte, als in der unfreywilligen Vertheidigung gegen die Klage eines Andern, z. B. aus den Schulden, die aus der väterlichen Erbſchaft auf ſie gekommen waren. Bezog ſich nun die Nothwendigkeit der auctoritas überhaupt nicht auf die Beklagte, ſo konnte in dieſer Nothwendigkeit auch nicht einmal ein ſcheinbarer Grund liegen, der filiafamilias die Fähigkeit zum Beklag- tenverhältniß zu verſagen. Geſetzt aber auch, man wollte dem Ausdruck si agant eine weitere Bedeutung beylegen, und darunter die Beklagte eben ſowohl, als die Klägerin verſtehen, ſo iſt doch wenigſtens unläugbar, daß auch die Klägerin darunter begriffen war. Ließe ſich alſo zeigen, daß zur Zeit der alten Juriſten die filiafamilias als Klä- (m) Gajus IV. § 104. 105. (n) Gajus IV. § 163—165.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/454>, abgerufen am 22.11.2024.