Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage VI.
hervor, daß der hier angefochtenen Auffassung, selbst von
ihren Vertheidigern, kein historischer Boden zugeschrieben
wird, und daß also die Frage selbst nicht sowohl Rechts-
begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig-
keit einer gewissen Methode wissenschaftlicher Darstellung
zum Gegenstand hat.

Mehr in die Sache selbst geht der Tadel ein, welcher
über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des Status
ausgesprochen werden muß. In diesem Begriff wird das
Rechtehaben als eine menschliche Eigenschaft aufgefaßt,
so daß z. B. der Status civitatis angegeben wird als der
Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom-
men. Nimmt man nun diese Betrachtungsweise an, so ist
durchaus nicht einzusehen, warum sie nicht consequent
durchgeführt werden sollte, da alle anderen Rechte eben
so gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den
Begriff von Eigenschaften des Berechtigten gebracht wer-
den können. Dann würden wir auch einen Status des
Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi-
tors, des Erben u. s. w. annehmen müssen, und die ganze
Rechtswissenschaft wäre in der Lehre vom Status enthal-
ten. Dieses heißt aber mit anderen Worten nur so viel,
daß die Lehre vom Status in der Lehre von den Rech-
ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine beson-
dere, selbstständige Lehre gänzlich aufgegeben wäre (c).

(c) Sehr schwach ist die Ant-
wort von Höpfner (§ 62 Note a)
auf diesen Einwurf: "nach dem
"Redegebrauch rechnet man das

Beylage VI.
hervor, daß der hier angefochtenen Auffaſſung, ſelbſt von
ihren Vertheidigern, kein hiſtoriſcher Boden zugeſchrieben
wird, und daß alſo die Frage ſelbſt nicht ſowohl Rechts-
begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig-
keit einer gewiſſen Methode wiſſenſchaftlicher Darſtellung
zum Gegenſtand hat.

Mehr in die Sache ſelbſt geht der Tadel ein, welcher
über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des Status
ausgeſprochen werden muß. In dieſem Begriff wird das
Rechtehaben als eine menſchliche Eigenſchaft aufgefaßt,
ſo daß z. B. der Status civitatis angegeben wird als der
Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom-
men. Nimmt man nun dieſe Betrachtungsweiſe an, ſo iſt
durchaus nicht einzuſehen, warum ſie nicht conſequent
durchgeführt werden ſollte, da alle anderen Rechte eben
ſo gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den
Begriff von Eigenſchaften des Berechtigten gebracht wer-
den können. Dann würden wir auch einen Status des
Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi-
tors, des Erben u. ſ. w. annehmen müſſen, und die ganze
Rechtswiſſenſchaft wäre in der Lehre vom Status enthal-
ten. Dieſes heißt aber mit anderen Worten nur ſo viel,
daß die Lehre vom Status in der Lehre von den Rech-
ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine beſon-
dere, ſelbſtſtändige Lehre gänzlich aufgegeben wäre (c).

(c) Sehr ſchwach iſt die Ant-
wort von Höpfner (§ 62 Note a)
auf dieſen Einwurf: „nach dem
„Redegebrauch rechnet man das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0460" n="446"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VI.</hi></fw><lb/>
hervor, daß der hier angefochtenen Auffa&#x017F;&#x017F;ung, &#x017F;elb&#x017F;t von<lb/>
ihren Vertheidigern, kein hi&#x017F;tori&#x017F;cher Boden zuge&#x017F;chrieben<lb/>
wird, und daß al&#x017F;o die Frage &#x017F;elb&#x017F;t nicht &#x017F;owohl Rechts-<lb/>
begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig-<lb/>
keit einer gewi&#x017F;&#x017F;en Methode wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlicher Dar&#x017F;tellung<lb/>
zum Gegen&#x017F;tand hat.</p><lb/>
            <p>Mehr in die Sache &#x017F;elb&#x017F;t geht der Tadel ein, welcher<lb/>
über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des <hi rendition="#aq">Status</hi><lb/>
ausge&#x017F;prochen werden muß. In die&#x017F;em Begriff wird das<lb/><hi rendition="#g">Rechtehaben</hi> als eine men&#x017F;chliche Eigen&#x017F;chaft aufgefaßt,<lb/>
&#x017F;o daß z. B. der <hi rendition="#aq">Status civitatis</hi> angegeben wird als der<lb/>
Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom-<lb/>
men. Nimmt man nun die&#x017F;e Betrachtungswei&#x017F;e an, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
durchaus nicht einzu&#x017F;ehen, warum &#x017F;ie nicht con&#x017F;equent<lb/>
durchgeführt werden &#x017F;ollte, da alle anderen Rechte eben<lb/>
&#x017F;o gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den<lb/>
Begriff von Eigen&#x017F;chaften des Berechtigten gebracht wer-<lb/>
den können. Dann würden wir auch einen <hi rendition="#aq">Status</hi> des<lb/>
Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi-<lb/>
tors, des Erben u. &#x017F;. w. annehmen mü&#x017F;&#x017F;en, und die ganze<lb/>
Rechtswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft wäre in der Lehre vom <hi rendition="#aq">Status</hi> enthal-<lb/>
ten. Die&#x017F;es heißt aber mit anderen Worten nur &#x017F;o viel,<lb/>
daß die Lehre vom <hi rendition="#aq">Status</hi> in der Lehre von den Rech-<lb/>
ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine be&#x017F;on-<lb/>
dere, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;tändige Lehre gänzlich aufgegeben wäre <note xml:id="seg2pn_80_1" next="#seg2pn_80_2" place="foot" n="(c)">Sehr &#x017F;chwach i&#x017F;t die Ant-<lb/>
wort von <hi rendition="#g">Höpfner</hi> (§ 62 Note <hi rendition="#aq">a</hi>)<lb/>
auf die&#x017F;en Einwurf: &#x201E;nach dem<lb/>
&#x201E;Redegebrauch rechnet man das</note>.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0460] Beylage VI. hervor, daß der hier angefochtenen Auffaſſung, ſelbſt von ihren Vertheidigern, kein hiſtoriſcher Boden zugeſchrieben wird, und daß alſo die Frage ſelbſt nicht ſowohl Rechts- begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig- keit einer gewiſſen Methode wiſſenſchaftlicher Darſtellung zum Gegenſtand hat. Mehr in die Sache ſelbſt geht der Tadel ein, welcher über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des Status ausgeſprochen werden muß. In dieſem Begriff wird das Rechtehaben als eine menſchliche Eigenſchaft aufgefaßt, ſo daß z. B. der Status civitatis angegeben wird als der Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom- men. Nimmt man nun dieſe Betrachtungsweiſe an, ſo iſt durchaus nicht einzuſehen, warum ſie nicht conſequent durchgeführt werden ſollte, da alle anderen Rechte eben ſo gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den Begriff von Eigenſchaften des Berechtigten gebracht wer- den können. Dann würden wir auch einen Status des Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi- tors, des Erben u. ſ. w. annehmen müſſen, und die ganze Rechtswiſſenſchaft wäre in der Lehre vom Status enthal- ten. Dieſes heißt aber mit anderen Worten nur ſo viel, daß die Lehre vom Status in der Lehre von den Rech- ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine beſon- dere, ſelbſtſtändige Lehre gänzlich aufgegeben wäre (c). (c) Sehr ſchwach iſt die Ant- wort von Höpfner (§ 62 Note a) auf dieſen Einwurf: „nach dem „Redegebrauch rechnet man das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/460
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/460>, abgerufen am 22.11.2024.