liche Verminderung der Rechtsfähigkeit trat hier nicht ein, vielmehr stand die Ehefrau in manu zu dem Mann völlig im Verhältniß einer Tochter, hatte also dieselben Rechte wie diese. Aber auch in den Formen, die zur in manum conventio führten, lag nicht etwa, so wie bey der Eman- cipation und Adoption, eine vorübergehende Degradation. Bey der confarreatio und dem usus ist ohnehin nicht an eine solche zu denken. Bey der coemtio wäre ein ähnli- ches Verfahren, wie bey der Adoption, also eine vermitt- lende mancipii causa, wohl denkbar: allein Gajus, wel- cher beide Formen beschreibt, erwähnt bey der Adoption diese vermittlende Degradation genau, bey der coemtio schweigt er davon gänzlich (b).
Hätten wir nun sichere Zeugnisse darüber, ob gerade die coemtio einer in väterlicher Gewalt stehenden Tochter eine c. d. war oder nicht, so würden dieselben als Mo- mente zur Entscheidung zwischen beiden Meynungen be- nutzt werden können: die Stellen der Alten aber sind über diesen Punkt sehr unsicher.
Cicero top. C. 4. Si ea mulier testamentum fecit, quae se capite nunquam deminuit, non videtur ex edicto Praetoris secundum eas tabulas possessio dari.
In diesem Satz liegt zugleich der umgekehrte: durch capitis deminutio macht sich eine Frau fähig zum Testi- ren. Die capitis deminutio ist hier unstreitig, wie es auch Boethius richtig erklärt, die, welche durch in manum con-
(b)Gajus I. § 134 und § 113.
Beylage VI.
liche Verminderung der Rechtsfähigkeit trat hier nicht ein, vielmehr ſtand die Ehefrau in manu zu dem Mann völlig im Verhältniß einer Tochter, hatte alſo dieſelben Rechte wie dieſe. Aber auch in den Formen, die zur in manum conventio führten, lag nicht etwa, ſo wie bey der Eman- cipation und Adoption, eine vorübergehende Degradation. Bey der confarreatio und dem usus iſt ohnehin nicht an eine ſolche zu denken. Bey der coëmtio wäre ein ähnli- ches Verfahren, wie bey der Adoption, alſo eine vermitt- lende mancipii causa, wohl denkbar: allein Gajus, wel- cher beide Formen beſchreibt, erwähnt bey der Adoption dieſe vermittlende Degradation genau, bey der coëmtio ſchweigt er davon gänzlich (b).
Hätten wir nun ſichere Zeugniſſe darüber, ob gerade die coëmtio einer in väterlicher Gewalt ſtehenden Tochter eine c. d. war oder nicht, ſo würden dieſelben als Mo- mente zur Entſcheidung zwiſchen beiden Meynungen be- nutzt werden können: die Stellen der Alten aber ſind über dieſen Punkt ſehr unſicher.
Cicero top. C. 4. Si ea mulier testamentum fecit, quae se capite nunquam deminuit, non videtur ex edicto Praetoris secundum eas tabulas possessio dari.
In dieſem Satz liegt zugleich der umgekehrte: durch capitis deminutio macht ſich eine Frau fähig zum Teſti- ren. Die capitis deminutio iſt hier unſtreitig, wie es auch Boethius richtig erklärt, die, welche durch in manum con-
(b)Gajus I. § 134 und § 113.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0514"n="500"/><fwplace="top"type="header">Beylage <hirendition="#aq">VI.</hi></fw><lb/>
liche Verminderung der Rechtsfähigkeit trat hier nicht ein,<lb/>
vielmehr ſtand die Ehefrau <hirendition="#aq">in manu</hi> zu dem Mann völlig<lb/>
im Verhältniß einer Tochter, hatte alſo dieſelben Rechte<lb/>
wie dieſe. Aber auch in den Formen, die zur <hirendition="#aq">in manum<lb/>
conventio</hi> führten, lag nicht etwa, ſo wie bey der Eman-<lb/>
cipation und Adoption, eine vorübergehende Degradation.<lb/>
Bey der <hirendition="#aq">confarreatio</hi> und dem <hirendition="#aq">usus</hi> iſt ohnehin nicht an<lb/>
eine ſolche zu denken. Bey der <hirendition="#aq">coëmtio</hi> wäre ein ähnli-<lb/>
ches Verfahren, wie bey der Adoption, alſo eine vermitt-<lb/>
lende <hirendition="#aq">mancipii causa,</hi> wohl denkbar: allein Gajus, wel-<lb/>
cher beide Formen beſchreibt, erwähnt bey der Adoption<lb/>
dieſe vermittlende Degradation genau, bey der <hirendition="#aq">coëmtio</hi><lb/>ſchweigt er davon gänzlich <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Gajus</hi> I.</hi> § 134 und § 113.</note>.</p><lb/><p>Hätten wir nun ſichere Zeugniſſe darüber, ob gerade<lb/>
die <hirendition="#aq">coëmtio</hi> einer in väterlicher Gewalt ſtehenden Tochter<lb/>
eine <hirendition="#aq">c. d.</hi> war oder nicht, ſo würden dieſelben als Mo-<lb/>
mente zur Entſcheidung zwiſchen beiden Meynungen be-<lb/>
nutzt werden können: die Stellen der Alten aber ſind über<lb/>
dieſen Punkt ſehr unſicher.</p><lb/><list><item><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Cicero</hi> top. C. 4. Si ea mulier testamentum fecit, quae<lb/>
se capite nunquam deminuit, non videtur ex edicto<lb/>
Praetoris secundum eas tabulas possessio dari.</hi></item></list><lb/><p>In dieſem Satz liegt zugleich der umgekehrte: durch<lb/><hirendition="#aq">capitis deminutio</hi> macht ſich eine Frau fähig zum Teſti-<lb/>
ren. Die <hirendition="#aq">capitis deminutio</hi> iſt hier unſtreitig, wie es auch<lb/>
Boethius richtig erklärt, die, welche durch <hirendition="#aq">in manum con-</hi><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[500/0514]
Beylage VI.
liche Verminderung der Rechtsfähigkeit trat hier nicht ein,
vielmehr ſtand die Ehefrau in manu zu dem Mann völlig
im Verhältniß einer Tochter, hatte alſo dieſelben Rechte
wie dieſe. Aber auch in den Formen, die zur in manum
conventio führten, lag nicht etwa, ſo wie bey der Eman-
cipation und Adoption, eine vorübergehende Degradation.
Bey der confarreatio und dem usus iſt ohnehin nicht an
eine ſolche zu denken. Bey der coëmtio wäre ein ähnli-
ches Verfahren, wie bey der Adoption, alſo eine vermitt-
lende mancipii causa, wohl denkbar: allein Gajus, wel-
cher beide Formen beſchreibt, erwähnt bey der Adoption
dieſe vermittlende Degradation genau, bey der coëmtio
ſchweigt er davon gänzlich (b).
Hätten wir nun ſichere Zeugniſſe darüber, ob gerade
die coëmtio einer in väterlicher Gewalt ſtehenden Tochter
eine c. d. war oder nicht, ſo würden dieſelben als Mo-
mente zur Entſcheidung zwiſchen beiden Meynungen be-
nutzt werden können: die Stellen der Alten aber ſind über
dieſen Punkt ſehr unſicher.
Cicero top. C. 4. Si ea mulier testamentum fecit, quae
se capite nunquam deminuit, non videtur ex edicto
Praetoris secundum eas tabulas possessio dari.
In dieſem Satz liegt zugleich der umgekehrte: durch
capitis deminutio macht ſich eine Frau fähig zum Teſti-
ren. Die capitis deminutio iſt hier unſtreitig, wie es auch
Boethius richtig erklärt, die, welche durch in manum con-
(b) Gajus I. § 134 und § 113.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/514>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.