Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.§. 66. Einschränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität. würde dieses fehlerhaft seyn, und zwar sowohl für dieZeit der Republik, als für die Kaiserzeit. Für die erste: denn es gab damals ausnahmsweise auch cives non optimo jure, das heißt sine suffragio, folglich war der Begriff der Civität überhaupt unabhängig von dem Besitz je- ner Rechte. Für die Kaiserzeit: denn in dieser verloren jene Rechte bald den hohen Werth, den sie früher gehabt hatten. Dagegen war die privatrechtliche Fähigkeit für die drey Stände zu allen Zeiten dieselbe, und ihr Werth blieb unvermindert auch bey der gänzlich veränderten Staatsverfassung: nicht zu gedenken, daß auch in der re- publikanischen Zeit der Besitz der politischen Rechte doch höchstens dazu dienen konnte, den ersten Stand von den beiden anderen, nicht aber diese unter sich, zu unterschei- den. -- War es nun aber lediglich das privatrechtliche Verhältniß, woran die allgemeine, durchgreifende Unter- scheidung der drey Stände angeknüpft wurde, so muß die- ses auch genau so aufgefaßt werden, wie es hier gesche- hen ist, als eine verschiedene Fähigkeit der Einzelnen, in gewisse Rechtsverhältnisse einzutreten. Manche nämlich haben den privatrechtlichen Vorzug der Civität in eine ganz irrige Verbindung gebracht mit der großen Vortreff- lichkeit des Römischen Rechts, und daher angenommen, das Bestreben der Bundesgenossen vor dem Italischen Kriege sey eigentlich auf den Vortheil gerichtet gewesen, nach diesem trefflichen Rechte zu leben. Dieses würden ihnen die Römer nie verwehrt haben, denen es ja nur §. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität. würde dieſes fehlerhaft ſeyn, und zwar ſowohl für dieZeit der Republik, als für die Kaiſerzeit. Für die erſte: denn es gab damals ausnahmsweiſe auch cives non optimo jure, das heißt sine suffragio, folglich war der Begriff der Civität überhaupt unabhängig von dem Beſitz je- ner Rechte. Für die Kaiſerzeit: denn in dieſer verloren jene Rechte bald den hohen Werth, den ſie früher gehabt hatten. Dagegen war die privatrechtliche Fähigkeit für die drey Stände zu allen Zeiten dieſelbe, und ihr Werth blieb unvermindert auch bey der gänzlich veränderten Staatsverfaſſung: nicht zu gedenken, daß auch in der re- publikaniſchen Zeit der Beſitz der politiſchen Rechte doch höchſtens dazu dienen konnte, den erſten Stand von den beiden anderen, nicht aber dieſe unter ſich, zu unterſchei- den. — War es nun aber lediglich das privatrechtliche Verhältniß, woran die allgemeine, durchgreifende Unter- ſcheidung der drey Stände angeknüpft wurde, ſo muß die- ſes auch genau ſo aufgefaßt werden, wie es hier geſche- hen iſt, als eine verſchiedene Fähigkeit der Einzelnen, in gewiſſe Rechtsverhältniſſe einzutreten. Manche nämlich haben den privatrechtlichen Vorzug der Civität in eine ganz irrige Verbindung gebracht mit der großen Vortreff- lichkeit des Römiſchen Rechts, und daher angenommen, das Beſtreben der Bundesgenoſſen vor dem Italiſchen Kriege ſey eigentlich auf den Vortheil gerichtet geweſen, nach dieſem trefflichen Rechte zu leben. Dieſes würden ihnen die Roͤmer nie verwehrt haben, denen es ja nur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0061" n="47"/><fw place="top" type="header">§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. <hi rendition="#aq">II.</hi> Mangel der Civität.</fw><lb/> würde dieſes fehlerhaft ſeyn, und zwar ſowohl für die<lb/> Zeit der Republik, als für die Kaiſerzeit. Für die erſte:<lb/> denn es gab damals ausnahmsweiſe auch <hi rendition="#aq">cives non optimo<lb/> jure,</hi> das heißt <hi rendition="#aq">sine suffragio,</hi> folglich war der Begriff<lb/> der Civität überhaupt unabhängig von dem Beſitz je-<lb/> ner Rechte. 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§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
würde dieſes fehlerhaft ſeyn, und zwar ſowohl für die
Zeit der Republik, als für die Kaiſerzeit. Für die erſte:
denn es gab damals ausnahmsweiſe auch cives non optimo
jure, das heißt sine suffragio, folglich war der Begriff
der Civität überhaupt unabhängig von dem Beſitz je-
ner Rechte. Für die Kaiſerzeit: denn in dieſer verloren
jene Rechte bald den hohen Werth, den ſie früher gehabt
hatten. Dagegen war die privatrechtliche Fähigkeit für
die drey Stände zu allen Zeiten dieſelbe, und ihr Werth
blieb unvermindert auch bey der gänzlich veränderten
Staatsverfaſſung: nicht zu gedenken, daß auch in der re-
publikaniſchen Zeit der Beſitz der politiſchen Rechte doch
höchſtens dazu dienen konnte, den erſten Stand von den
beiden anderen, nicht aber dieſe unter ſich, zu unterſchei-
den. — War es nun aber lediglich das privatrechtliche
Verhältniß, woran die allgemeine, durchgreifende Unter-
ſcheidung der drey Stände angeknüpft wurde, ſo muß die-
ſes auch genau ſo aufgefaßt werden, wie es hier geſche-
hen iſt, als eine verſchiedene Fähigkeit der Einzelnen, in
gewiſſe Rechtsverhältniſſe einzutreten. Manche nämlich
haben den privatrechtlichen Vorzug der Civität in eine
ganz irrige Verbindung gebracht mit der großen Vortreff-
lichkeit des Römiſchen Rechts, und daher angenommen,
das Beſtreben der Bundesgenoſſen vor dem Italiſchen
Kriege ſey eigentlich auf den Vortheil gerichtet geweſen,
nach dieſem trefflichen Rechte zu leben. Dieſes würden
ihnen die Roͤmer nie verwehrt haben, denen es ja nur
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