Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 112. Vernunftlose. Interdicirte. Juristische Personen.
bemerkten Einschränkung gedacht werden muß (u). Er kann
kein Testament machen (v). Da er aber augenscheinlich
des Dolus fähig ist, so muß er auch durch seine Delicte
eben so, wie ein der Pubertät nahe stehender Unmündiger,
verpflichtet werden (w).

D. Endlich sind alle juristische Personen ihrer
Natur nach, und für immer, handlungsunfähig (§ 90. 96),
weil jede Handlung die menschliche Thätigkeit des Den-
kens und Wollens voraussetzt, welche in der juristischen
Person, als einer bloßen Fiction, nicht gedacht werden kann.



Vergleichen wir die hier dargestellten Fälle der Hand-
lungsunfähigkeit mit einander, so findet sich unter ihnen
folgende Ahnlichkeit und Unähnlichkeit. Die drey ersten
Fälle (unreifes Alter, Wahnsinn und Interdiction) haben
einen zufälligen Character, indem sie auf individuellen Un-

(u) L. 5 § 1 de adqu. her.
(29. 2.). "Eum, cui lege bonis
interdicitur, heredem institutum
posse adire hereditatem con-
stat."
Nach der gewöhnlichen
Meynung ist der Consens des Cu-
rators nöthig. Vgl. die ausführ-
liche Abhandlung von Reinold.
Var. Cap.
1. Betrachtet man die
Form der Handlung (die gerade
bey dem Erbschaftsantritt so viele
Schwierigkeit macht), so ist da-
zu der Interdicirte fähig, und
wenn er es nicht wäre, so würde
von dieser Seite der consensus,
der niemals die Kraft einer aucto-
ritas
hat, Nichts helfen. Aber
materiell kann die Handlung un-
gültig seyn, wenn die Erbschaft
Nachtheil bringt; daß nun dieses
nicht der Fall ist, kann durch den
Consens des Curators festgestellt
werden.
(v) L. 18 pr. qui test. (28. 1.),
§ 2 J. quib. non est perm. (2.
12.), Ulpian. XX. 13.
-- Nicht
einmal Zeuge bey einem fremden
Testament kann er seyn (§ 6 J.
de test. ord.
2. 10.), gerade wie
jeder Unmündige, auch selbst der
pubertati proximus.
(w) J. Gothofrfdus l. c.

§. 112. Vernunftloſe. Interdicirte. Juriſtiſche Perſonen.
bemerkten Einſchränkung gedacht werden muß (u). Er kann
kein Teſtament machen (v). Da er aber augenſcheinlich
des Dolus fähig iſt, ſo muß er auch durch ſeine Delicte
eben ſo, wie ein der Pubertät nahe ſtehender Unmündiger,
verpflichtet werden (w).

D. Endlich ſind alle juriſtiſche Perſonen ihrer
Natur nach, und für immer, handlungsunfähig (§ 90. 96),
weil jede Handlung die menſchliche Thätigkeit des Den-
kens und Wollens vorausſetzt, welche in der juriſtiſchen
Perſon, als einer bloßen Fiction, nicht gedacht werden kann.



Vergleichen wir die hier dargeſtellten Fälle der Hand-
lungsunfähigkeit mit einander, ſo findet ſich unter ihnen
folgende Ahnlichkeit und Unähnlichkeit. Die drey erſten
Fälle (unreifes Alter, Wahnſinn und Interdiction) haben
einen zufälligen Character, indem ſie auf individuellen Un-

(u) L. 5 § 1 de adqu. her.
(29. 2.). „Eum, cui lege bonis
interdicitur, heredem institutum
posse adire hereditatem con-
stat.”
Nach der gewöhnlichen
Meynung iſt der Conſens des Cu-
rators nöthig. Vgl. die ausführ-
liche Abhandlung von Reinold.
Var. Cap.
1. Betrachtet man die
Form der Handlung (die gerade
bey dem Erbſchaftsantritt ſo viele
Schwierigkeit macht), ſo iſt da-
zu der Interdicirte fähig, und
wenn er es nicht wäre, ſo würde
von dieſer Seite der consensus,
der niemals die Kraft einer aucto-
ritas
hat, Nichts helfen. Aber
materiell kann die Handlung un-
gültig ſeyn, wenn die Erbſchaft
Nachtheil bringt; daß nun dieſes
nicht der Fall iſt, kann durch den
Conſens des Curators feſtgeſtellt
werden.
(v) L. 18 pr. qui test. (28. 1.),
§ 2 J. quib. non est perm. (2.
12.), Ulpian. XX. 13.
— Nicht
einmal Zeuge bey einem fremden
Teſtament kann er ſeyn (§ 6 J.
de test. ord.
2. 10.), gerade wie
jeder Unmündige, auch ſelbſt der
pubertati proximus.
(w) J. Gothofrfdus l. c.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="89"/><fw place="top" type="header">§. 112. Vernunftlo&#x017F;e. Interdicirte. Juri&#x017F;ti&#x017F;che Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
bemerkten Ein&#x017F;chränkung gedacht werden muß <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 5 § 1 <hi rendition="#i">de adqu. her</hi>.<lb/>
(29. 2.). &#x201E;Eum, cui lege bonis<lb/>
interdicitur, heredem institutum<lb/>
posse adire hereditatem con-<lb/>
stat.&#x201D;</hi> Nach der gewöhnlichen<lb/>
Meynung i&#x017F;t der Con&#x017F;ens des Cu-<lb/>
rators nöthig. Vgl. die ausführ-<lb/>
liche Abhandlung von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Reinold</hi>.<lb/>
Var. Cap.</hi> 1. Betrachtet man die<lb/>
Form der Handlung (die gerade<lb/>
bey dem Erb&#x017F;chaftsantritt &#x017F;o viele<lb/>
Schwierigkeit macht), &#x017F;o i&#x017F;t da-<lb/>
zu der Interdicirte fähig, und<lb/>
wenn er es nicht wäre, &#x017F;o würde<lb/>
von die&#x017F;er Seite der <hi rendition="#aq">consensus,</hi><lb/>
der niemals die Kraft einer <hi rendition="#aq">aucto-<lb/>
ritas</hi> hat, Nichts helfen. Aber<lb/>
materiell kann die Handlung un-<lb/>
gültig &#x017F;eyn, wenn die Erb&#x017F;chaft<lb/>
Nachtheil bringt; daß nun die&#x017F;es<lb/>
nicht der Fall i&#x017F;t, kann durch den<lb/>
Con&#x017F;ens des Curators fe&#x017F;tge&#x017F;tellt<lb/>
werden.</note>. Er kann<lb/>
kein Te&#x017F;tament machen <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 18 <hi rendition="#i">pr. qui test</hi>. (28. 1.),<lb/>
§ 2 <hi rendition="#i">J. quib. non est perm</hi>. (2.<lb/>
12.), <hi rendition="#k">Ulpian</hi>. XX. 13.</hi> &#x2014; Nicht<lb/>
einmal Zeuge bey einem fremden<lb/>
Te&#x017F;tament kann er &#x017F;eyn (§ 6 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">J.<lb/>
de test. ord.</hi></hi> 2. 10.), gerade wie<lb/>
jeder Unmündige, auch &#x017F;elb&#x017F;t der<lb/><hi rendition="#aq">pubertati proximus.</hi></note>. Da er aber augen&#x017F;cheinlich<lb/>
des Dolus fähig i&#x017F;t, &#x017F;o muß er auch durch &#x017F;eine Delicte<lb/>
eben &#x017F;o, wie ein der Pubertät nahe &#x017F;tehender Unmündiger,<lb/>
verpflichtet werden <note place="foot" n="(w)"><hi rendition="#aq">J. <hi rendition="#k">Gothofrfdus</hi> l. c.</hi></note>.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">D.</hi> Endlich &#x017F;ind alle <hi rendition="#g">juri&#x017F;ti&#x017F;che Per&#x017F;onen</hi> ihrer<lb/>
Natur nach, und für immer, handlungsunfähig (§ 90. 96),<lb/>
weil jede Handlung die men&#x017F;chliche Thätigkeit des Den-<lb/>
kens und Wollens voraus&#x017F;etzt, welche in der juri&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Per&#x017F;on, als einer bloßen Fiction, nicht gedacht werden kann.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Vergleichen wir die hier darge&#x017F;tellten Fälle der Hand-<lb/>
lungsunfähigkeit mit einander, &#x017F;o findet &#x017F;ich unter ihnen<lb/>
folgende Ahnlichkeit und Unähnlichkeit. Die drey er&#x017F;ten<lb/>
Fälle (unreifes Alter, Wahn&#x017F;inn und Interdiction) haben<lb/>
einen zufälligen Character, indem &#x017F;ie auf individuellen Un-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0101] §. 112. Vernunftloſe. Interdicirte. Juriſtiſche Perſonen. bemerkten Einſchränkung gedacht werden muß (u). Er kann kein Teſtament machen (v). Da er aber augenſcheinlich des Dolus fähig iſt, ſo muß er auch durch ſeine Delicte eben ſo, wie ein der Pubertät nahe ſtehender Unmündiger, verpflichtet werden (w). D. Endlich ſind alle juriſtiſche Perſonen ihrer Natur nach, und für immer, handlungsunfähig (§ 90. 96), weil jede Handlung die menſchliche Thätigkeit des Den- kens und Wollens vorausſetzt, welche in der juriſtiſchen Perſon, als einer bloßen Fiction, nicht gedacht werden kann. Vergleichen wir die hier dargeſtellten Fälle der Hand- lungsunfähigkeit mit einander, ſo findet ſich unter ihnen folgende Ahnlichkeit und Unähnlichkeit. Die drey erſten Fälle (unreifes Alter, Wahnſinn und Interdiction) haben einen zufälligen Character, indem ſie auf individuellen Un- (u) L. 5 § 1 de adqu. her. (29. 2.). „Eum, cui lege bonis interdicitur, heredem institutum posse adire hereditatem con- stat.” Nach der gewöhnlichen Meynung iſt der Conſens des Cu- rators nöthig. Vgl. die ausführ- liche Abhandlung von Reinold. Var. Cap. 1. Betrachtet man die Form der Handlung (die gerade bey dem Erbſchaftsantritt ſo viele Schwierigkeit macht), ſo iſt da- zu der Interdicirte fähig, und wenn er es nicht wäre, ſo würde von dieſer Seite der consensus, der niemals die Kraft einer aucto- ritas hat, Nichts helfen. Aber materiell kann die Handlung un- gültig ſeyn, wenn die Erbſchaft Nachtheil bringt; daß nun dieſes nicht der Fall iſt, kann durch den Conſens des Curators feſtgeſtellt werden. (v) L. 18 pr. qui test. (28. 1.), § 2 J. quib. non est perm. (2. 12.), Ulpian. XX. 13. — Nicht einmal Zeuge bey einem fremden Teſtament kann er ſeyn (§ 6 J. de test. ord. 2. 10.), gerade wie jeder Unmündige, auch ſelbſt der pubertati proximus. (w) J. Gothofrfdus l. c.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/101
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/101>, abgerufen am 23.11.2024.