Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.§. 113. Handlungen durch Stellvertreter. 2) Naturale Handlungen lassen jede Vertretung zu: Dahin also gehören bey weitem die meisten und wich- 3) Die Vertretung selbst ist nun von zweyerley Art: a) Die schon im alten Recht gegründete nothwendige (p) Mehrere Stellen des Ju- stinianischen Rechts scheinen damit im Widerspruch zu stehen, z. B. § 5 J. per quas pers. (2. 9.) und L. 1 C. per quas pers. (4. 27.), nach welchen man glauben könnte, der Erwerb durch Besitz sey der einzige Fall, worin ausnahms- weise eine Vertretung durch freye Menschen gelte (wodurch damals, als jene Stellen geschrieben wur- den, besonders die Mancipation ausgeschlossen werden sollte); eben so andere Stellen, worin noch die freye Vertretung bey naturalen Contracten als zweifelhaft er- scheint. Alle diese Stellen kön- nen nun im Zusammenhang des Justinianischen Rechts nur so an- gesehen werden, daß sie die Ent- wicklungsgeschichte der Regel dar- stellen, die in ihrer unzweifelhaf- ten neuesten und allein gültigen Gestalt, durch die im Text ab- gedruckte L. 53 de a. r. d. aus- gesprochen wird. (q) Das heißt, wenn ein fili- usfamilias Etwas erwirbt, ohne dabey des Vaters zu erwähnen, so wird er selbst Eigenthümer, anstatt daß hier vor Justinian der Vater das Eigenthum er- warb. Will aber der Vater Et- was erwerben, so versteht es sich III. 7
§. 113. Handlungen durch Stellvertreter. 2) Naturale Handlungen laſſen jede Vertretung zu: Dahin alſo gehören bey weitem die meiſten und wich- 3) Die Vertretung ſelbſt iſt nun von zweyerley Art: a) Die ſchon im alten Recht gegründete nothwendige (p) Mehrere Stellen des Ju- ſtinianiſchen Rechts ſcheinen damit im Widerſpruch zu ſtehen, z. B. § 5 J. per quas pers. (2. 9.) und L. 1 C. per quas pers. (4. 27.), nach welchen man glauben könnte, der Erwerb durch Beſitz ſey der einzige Fall, worin ausnahms- weiſe eine Vertretung durch freye Menſchen gelte (wodurch damals, als jene Stellen geſchrieben wur- den, beſonders die Mancipation ausgeſchloſſen werden ſollte); eben ſo andere Stellen, worin noch die freye Vertretung bey naturalen Contracten als zweifelhaft er- ſcheint. Alle dieſe Stellen kön- nen nun im Zuſammenhang des Juſtinianiſchen Rechts nur ſo an- geſehen werden, daß ſie die Ent- wicklungsgeſchichte der Regel dar- ſtellen, die in ihrer unzweifelhaf- ten neueſten und allein gültigen Geſtalt, durch die im Text ab- gedruckte L. 53 de a. r. d. aus- geſprochen wird. (q) Das heißt, wenn ein fili- usfamilias Etwas erwirbt, ohne dabey des Vaters zu erwähnen, ſo wird er ſelbſt Eigenthümer, anſtatt daß hier vor Juſtinian der Vater das Eigenthum er- warb. Will aber der Vater Et- was erwerben, ſo verſteht es ſich III. 7
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§. 113. Handlungen durch Stellvertreter.
2) Naturale Handlungen laſſen jede Vertretung zu:
durch abhängige, und durch freye Menſchen: wir mögen
durch die Handlung erwerben oder verlieren.
Dahin alſo gehören bey weitem die meiſten und wich-
tigſten Geſchäfte des Juſtinianiſchen Rechts, ſo daß die-
ſer Theil der Regel nunmehr von überwiegender Bedeu-
tung iſt (p).
3) Die Vertretung ſelbſt iſt nun von zweyerley Art:
a) Die ſchon im alten Recht gegründete nothwendige
Vertretung gilt nur für den Erwerb (geſchehe dieſer durch
civile oder durch naturale Handlungen), hier aber unab-
hängig vom Bewußtſeyn und Willen des Herrn. Sie
kommt aber faſt nur noch vor bey Sklaven; denn manus
und mancipium ſind ganz verſchwunden, und Kinder in
väterlicher Gewalt erwerben in der Regel nicht mehr für
den Vater, ſondern für ſich ſelbſt (q).
(p) Mehrere Stellen des Ju-
ſtinianiſchen Rechts ſcheinen damit
im Widerſpruch zu ſtehen, z. B.
§ 5 J. per quas pers. (2. 9.) und
L. 1 C. per quas pers. (4. 27.),
nach welchen man glauben könnte,
der Erwerb durch Beſitz ſey der
einzige Fall, worin ausnahms-
weiſe eine Vertretung durch freye
Menſchen gelte (wodurch damals,
als jene Stellen geſchrieben wur-
den, beſonders die Mancipation
ausgeſchloſſen werden ſollte); eben
ſo andere Stellen, worin noch die
freye Vertretung bey naturalen
Contracten als zweifelhaft er-
ſcheint. Alle dieſe Stellen kön-
nen nun im Zuſammenhang des
Juſtinianiſchen Rechts nur ſo an-
geſehen werden, daß ſie die Ent-
wicklungsgeſchichte der Regel dar-
ſtellen, die in ihrer unzweifelhaf-
ten neueſten und allein gültigen
Geſtalt, durch die im Text ab-
gedruckte L. 53 de a. r. d. aus-
geſprochen wird.
(q) Das heißt, wenn ein fili-
usfamilias Etwas erwirbt, ohne
dabey des Vaters zu erwähnen,
ſo wird er ſelbſt Eigenthümer,
anſtatt daß hier vor Juſtinian
der Vater das Eigenthum er-
warb. Will aber der Vater Et-
was erwerben, ſo verſteht es ſich
III. 7
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