Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. Fällen ist es gleichgültig, ob dem Handelnden für sichselbst, oder für seine Kinder, die Gefahr angedroht wird (n). -- Auf diese Fälle aber beschränkt sich jene wich- tige Wirkung der Drohungen, weshalb folgende Fälle ohne Einfluß sind: Bedrohung des guten Rufs (o), oder auch des Vermögens. Insbesondere ist die Bedrohung mit Pro- zessen, seyen es Civilklagen oder Criminalanklagen, dazu nicht hinreichend (p). -- Man kann also sagen, daß die- jenigen Übel, deren Androhung jene Wirkung hervorbrin- gen soll, fast immer wahre Rechtsverletzungen enthalten müssen (q): umgekehrt aber würde die Drohung einer blos durch eine Drohung des Patrons, sondern nur durch das böse Ge- wissen der Freygelassenen selbst, entstanden war. (n) L. 8 § 3 quod metus (4. 2.). (o) L. 7 pr. quod metus (4. 2.). "Nec timorem infamiae hoc edicto contineri." Der Ausdruck ist zweydeutig. Er kann auf Zu- ziehung wahrer Infamie gehen (z. B. wenn der Drohende es in sei- ner Macht hat, durch doli oder furti actio die Ehre wirklich zu entziehen), oder auch auf Gefähr- dung des guten Rufs durch üble Nachreden. In beiden Bedeutun- gen muß der Satz für wahr ge- halten werden. (p) L. 7 pr. quod metus (4. 2) "neque alicujus vexationis ti- morem per hoc edictum resti- tui." -- L. 10 C. de his quae vi (2. 20.). "Accusationis institu- tae vel futurae metu alienatio- nem seu promissionem factam rescindi postulantis, improbum est desiderium." -- Damit ist nicht gesagt, daß gegen die Dro- hung einer Klage, um Geld oder Geldeswerth zu erpressen, kein Schutz zu finden wäre; vielmehr bezieht sich darauf das Edict de calumniatoribus (Dig. III. 6), welches jedoch andere Regeln hat, als die actio quod metus causa. (q) Ich sage: fa st immer, denn
wenn die freye Frau eines Skla- ven, oder der undankbare Frey- gelassene, in Sklaven verwandelt werden, so ist das keine Rechts- verletzung. Diese scheinbare In- consequenz erklärt sich daraus, daß der zum Sklaven Gemachte recht- los wird, so daß von nun an ge- gen seine Person Alles möglich und erlaubt ist, was außerdem Rechts- verletzung gewesen wäre. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Fällen iſt es gleichgültig, ob dem Handelnden für ſichſelbſt, oder für ſeine Kinder, die Gefahr angedroht wird (n). — Auf dieſe Fälle aber beſchränkt ſich jene wich- tige Wirkung der Drohungen, weshalb folgende Fälle ohne Einfluß ſind: Bedrohung des guten Rufs (o), oder auch des Vermögens. Insbeſondere iſt die Bedrohung mit Pro- zeſſen, ſeyen es Civilklagen oder Criminalanklagen, dazu nicht hinreichend (p). — Man kann alſo ſagen, daß die- jenigen Übel, deren Androhung jene Wirkung hervorbrin- gen ſoll, faſt immer wahre Rechtsverletzungen enthalten müſſen (q): umgekehrt aber würde die Drohung einer blos durch eine Drohung des Patrons, ſondern nur durch das böſe Ge- wiſſen der Freygelaſſenen ſelbſt, entſtanden war. (n) L. 8 § 3 quod metus (4. 2.). (o) L. 7 pr. quod metus (4. 2.). „Nec timorem infamiae hoc edicto contineri.” Der Ausdruck iſt zweydeutig. Er kann auf Zu- ziehung wahrer Infamie gehen (z. B. wenn der Drohende es in ſei- ner Macht hat, durch doli oder furti actio die Ehre wirklich zu entziehen), oder auch auf Gefähr- dung des guten Rufs durch üble Nachreden. In beiden Bedeutun- gen muß der Satz für wahr ge- halten werden. (p) L. 7 pr. quod metus (4. 2) „neque alicujus vexationis ti- morem per hoc edictum resti- tui.” — L. 10 C. de his quae vi (2. 20.). „Accusationis institu- tae vel futurae metu alienatio- nem seu promissionem factam rescindi postulantis, improbum est desiderium.” — Damit iſt nicht geſagt, daß gegen die Dro- hung einer Klage, um Geld oder Geldeswerth zu erpreſſen, kein Schutz zu finden wäre; vielmehr bezieht ſich darauf das Edict de calumniatoribus (Dig. III. 6), welches jedoch andere Regeln hat, als die actio quod metus causa. (q) Ich ſage: fa ſt immer, denn
wenn die freye Frau eines Skla- ven, oder der undankbare Frey- gelaſſene, in Sklaven verwandelt werden, ſo iſt das keine Rechts- verletzung. Dieſe ſcheinbare In- conſequenz erklärt ſich daraus, daß der zum Sklaven Gemachte recht- los wird, ſo daß von nun an ge- gen ſeine Perſon Alles möglich und erlaubt iſt, was außerdem Rechts- verletzung geweſen wäre. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0118" n="106"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> Fällen iſt es gleichgültig, ob dem Handelnden für ſich<lb/> ſelbſt, oder für ſeine Kinder, die Gefahr angedroht<lb/> wird <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 § 3 <hi rendition="#i">quod metus</hi> (4. 2.).</hi></note>. — Auf dieſe Fälle aber beſchränkt ſich jene wich-<lb/> tige Wirkung der Drohungen, weshalb folgende Fälle ohne<lb/> Einfluß ſind: Bedrohung des guten Rufs <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">pr. quod metus</hi> (4. 2.).<lb/> „Nec timorem infamiae hoc<lb/> edicto contineri.”</hi> Der Ausdruck<lb/> iſt zweydeutig. Er kann auf Zu-<lb/> ziehung wahrer Infamie gehen (z.<lb/> B. wenn der Drohende es in ſei-<lb/> ner Macht hat, durch <hi rendition="#aq">doli</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">furti actio</hi> die Ehre wirklich zu<lb/> entziehen), oder auch auf Gefähr-<lb/> dung des guten Rufs durch üble<lb/> Nachreden. In beiden Bedeutun-<lb/> gen muß der Satz für wahr ge-<lb/> halten werden.</note>, oder auch<lb/> des Vermögens. Insbeſondere iſt die Bedrohung mit Pro-<lb/> zeſſen, ſeyen es Civilklagen oder Criminalanklagen, dazu<lb/> nicht hinreichend <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">pr. quod metus</hi> (4. 2)<lb/> „neque alicujus vexationis ti-<lb/> morem per hoc edictum resti-<lb/> tui.” — <hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">C. de his quae vi</hi><lb/> (2. 20.). „Accusationis institu-<lb/> tae vel futurae metu alienatio-<lb/> nem seu promissionem factam<lb/> rescindi postulantis, improbum<lb/> est desiderium.”</hi> — Damit iſt<lb/> nicht geſagt, daß gegen die Dro-<lb/> hung einer Klage, um Geld oder<lb/> Geldeswerth zu erpreſſen, kein<lb/> Schutz zu finden wäre; vielmehr<lb/> bezieht ſich darauf das Edict <hi rendition="#aq">de<lb/> calumniatoribus (Dig. III. 6)</hi>,<lb/> welches jedoch andere Regeln hat,<lb/> als die <hi rendition="#aq">actio quod metus causa.</hi></note>. — Man kann alſo ſagen, daß die-<lb/> jenigen Übel, deren Androhung jene Wirkung hervorbrin-<lb/> gen ſoll, faſt immer wahre Rechtsverletzungen enthalten<lb/> müſſen <note place="foot" n="(q)">Ich ſage: fa ſt immer, denn<lb/> wenn die freye Frau eines Skla-<lb/> ven, oder der undankbare Frey-<lb/> gelaſſene, in Sklaven verwandelt<lb/> werden, ſo iſt das keine Rechts-<lb/> verletzung. Dieſe ſcheinbare In-<lb/> conſequenz erklärt ſich daraus, daß<lb/> der zum Sklaven Gemachte recht-<lb/> los wird, ſo daß von nun an ge-<lb/> gen ſeine Perſon Alles möglich und<lb/> erlaubt iſt, was außerdem Rechts-<lb/> verletzung geweſen wäre.</note>: umgekehrt aber würde die Drohung einer blos<lb/><note xml:id="seg2pn_17_2" prev="#seg2pn_17_1" place="foot" n="(m)">durch eine Drohung des Patrons,<lb/> ſondern nur durch das böſe Ge-<lb/> wiſſen der Freygelaſſenen ſelbſt,<lb/> entſtanden war.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0118]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Fällen iſt es gleichgültig, ob dem Handelnden für ſich
ſelbſt, oder für ſeine Kinder, die Gefahr angedroht
wird (n). — Auf dieſe Fälle aber beſchränkt ſich jene wich-
tige Wirkung der Drohungen, weshalb folgende Fälle ohne
Einfluß ſind: Bedrohung des guten Rufs (o), oder auch
des Vermögens. Insbeſondere iſt die Bedrohung mit Pro-
zeſſen, ſeyen es Civilklagen oder Criminalanklagen, dazu
nicht hinreichend (p). — Man kann alſo ſagen, daß die-
jenigen Übel, deren Androhung jene Wirkung hervorbrin-
gen ſoll, faſt immer wahre Rechtsverletzungen enthalten
müſſen (q): umgekehrt aber würde die Drohung einer blos
(m)
(n) L. 8 § 3 quod metus (4. 2.).
(o) L. 7 pr. quod metus (4. 2.).
„Nec timorem infamiae hoc
edicto contineri.” Der Ausdruck
iſt zweydeutig. Er kann auf Zu-
ziehung wahrer Infamie gehen (z.
B. wenn der Drohende es in ſei-
ner Macht hat, durch doli oder
furti actio die Ehre wirklich zu
entziehen), oder auch auf Gefähr-
dung des guten Rufs durch üble
Nachreden. In beiden Bedeutun-
gen muß der Satz für wahr ge-
halten werden.
(p) L. 7 pr. quod metus (4. 2)
„neque alicujus vexationis ti-
morem per hoc edictum resti-
tui.” — L. 10 C. de his quae vi
(2. 20.). „Accusationis institu-
tae vel futurae metu alienatio-
nem seu promissionem factam
rescindi postulantis, improbum
est desiderium.” — Damit iſt
nicht geſagt, daß gegen die Dro-
hung einer Klage, um Geld oder
Geldeswerth zu erpreſſen, kein
Schutz zu finden wäre; vielmehr
bezieht ſich darauf das Edict de
calumniatoribus (Dig. III. 6),
welches jedoch andere Regeln hat,
als die actio quod metus causa.
(q) Ich ſage: fa ſt immer, denn
wenn die freye Frau eines Skla-
ven, oder der undankbare Frey-
gelaſſene, in Sklaven verwandelt
werden, ſo iſt das keine Rechts-
verletzung. Dieſe ſcheinbare In-
conſequenz erklärt ſich daraus, daß
der zum Sklaven Gemachte recht-
los wird, ſo daß von nun an ge-
gen ſeine Perſon Alles möglich und
erlaubt iſt, was außerdem Rechts-
verletzung geweſen wäre.
(m) durch eine Drohung des Patrons,
ſondern nur durch das böſe Ge-
wiſſen der Freygelaſſenen ſelbſt,
entſtanden war.
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