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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.

2) Wir giengen davon aus, als Wirkung der juristi-
schen Thatsachen entweder die Entstehung oder den Unter-
gang der Rechtsverhältnisse zu bezeichnen. Es giebt jedoch
viele und wichtige unter diesen Thatsachen, deren Wir-
kung weder dem einen noch dem andern jener Momente
rein zugerechnet werden kann, indem sie vielmehr als ge-
mischt aus beiden erscheint. Eine solche gemischte Wir-
kung juristischer Thatsachen ist die Umwandlung oder Me-
tamorphose der Rechtsverhältnisse (§ 59). In diesem Fall
wird durch die juristische Thatsache zwar die frühere Ge-
stalt des Rechtsverhältnisses zerstört, zugleich aber eine
neue Gestalt desselben erzeugt.

Die Umwandlung selbst aber kann auf zweyerley Weise
gedacht werden:

A. Subjectiv, in Beziehung auf die Personen, indem
dasselbe Rechtsverhältniß auf andere Personen übertragen,
folglich durch neu eintretende Subjecte fortgesetzt wird.
Dieser wichtige Rechtsbegriff führt den Namen Succes-
sion
, und von der allgemeinen Natur derselben wird nach-
her besonders gehandelt werden.

B. Objectiv, in Beziehung auf den Inhalt des Rechts-
verhältnisses, indem dasselbe Rechtsverhältniß mit verän-
dertem Inhalt als fortdauernd betrachtet wird. Diese ob-
jective Umwandlung hat ihre vollständige und genaue Aus-
bildung im Obligationenrecht erhalten (c). Zwar wird da-
von auch in anderen Rechtstheilen Anwendung gemacht,

(c) Nämlich in der Lehre von Dolus, Culpa, Casus und Interesse.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.

2) Wir giengen davon aus, als Wirkung der juriſti-
ſchen Thatſachen entweder die Entſtehung oder den Unter-
gang der Rechtsverhältniſſe zu bezeichnen. Es giebt jedoch
viele und wichtige unter dieſen Thatſachen, deren Wir-
kung weder dem einen noch dem andern jener Momente
rein zugerechnet werden kann, indem ſie vielmehr als ge-
miſcht aus beiden erſcheint. Eine ſolche gemiſchte Wir-
kung juriſtiſcher Thatſachen iſt die Umwandlung oder Me-
tamorphoſe der Rechtsverhältniſſe (§ 59). In dieſem Fall
wird durch die juriſtiſche Thatſache zwar die frühere Ge-
ſtalt des Rechtsverhältniſſes zerſtört, zugleich aber eine
neue Geſtalt deſſelben erzeugt.

Die Umwandlung ſelbſt aber kann auf zweyerley Weiſe
gedacht werden:

A. Subjectiv, in Beziehung auf die Perſonen, indem
daſſelbe Rechtsverhältniß auf andere Perſonen übertragen,
folglich durch neu eintretende Subjecte fortgeſetzt wird.
Dieſer wichtige Rechtsbegriff führt den Namen Succeſ-
ſion
, und von der allgemeinen Natur derſelben wird nach-
her beſonders gehandelt werden.

B. Objectiv, in Beziehung auf den Inhalt des Rechts-
verhältniſſes, indem daſſelbe Rechtsverhältniß mit verän-
dertem Inhalt als fortdauernd betrachtet wird. Dieſe ob-
jective Umwandlung hat ihre vollſtändige und genaue Aus-
bildung im Obligationenrecht erhalten (c). Zwar wird da-
von auch in anderen Rechtstheilen Anwendung gemacht,

(c) Nämlich in der Lehre von Dolus, Culpa, Caſus und Intereſſe.
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[4/0016] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. 2) Wir giengen davon aus, als Wirkung der juriſti- ſchen Thatſachen entweder die Entſtehung oder den Unter- gang der Rechtsverhältniſſe zu bezeichnen. Es giebt jedoch viele und wichtige unter dieſen Thatſachen, deren Wir- kung weder dem einen noch dem andern jener Momente rein zugerechnet werden kann, indem ſie vielmehr als ge- miſcht aus beiden erſcheint. Eine ſolche gemiſchte Wir- kung juriſtiſcher Thatſachen iſt die Umwandlung oder Me- tamorphoſe der Rechtsverhältniſſe (§ 59). In dieſem Fall wird durch die juriſtiſche Thatſache zwar die frühere Ge- ſtalt des Rechtsverhältniſſes zerſtört, zugleich aber eine neue Geſtalt deſſelben erzeugt. Die Umwandlung ſelbſt aber kann auf zweyerley Weiſe gedacht werden: A. Subjectiv, in Beziehung auf die Perſonen, indem daſſelbe Rechtsverhältniß auf andere Perſonen übertragen, folglich durch neu eintretende Subjecte fortgeſetzt wird. Dieſer wichtige Rechtsbegriff führt den Namen Succeſ- ſion, und von der allgemeinen Natur derſelben wird nach- her beſonders gehandelt werden. B. Objectiv, in Beziehung auf den Inhalt des Rechts- verhältniſſes, indem daſſelbe Rechtsverhältniß mit verän- dertem Inhalt als fortdauernd betrachtet wird. Dieſe ob- jective Umwandlung hat ihre vollſtändige und genaue Aus- bildung im Obligationenrecht erhalten (c). Zwar wird da- von auch in anderen Rechtstheilen Anwendung gemacht, (c) Nämlich in der Lehre von Dolus, Culpa, Caſus und Intereſſe.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/16>, abgerufen am 27.04.2024.