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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 123. Bedingung. Unsittliche. (Fortsetzung.)
Wenn die Frau bisher ihre armen Eltern durch Arbeit er-
nährte, und nun durch die versprochene Summe versorgen
will, wenn sie das Geld dem Mann als Dos zurückge-
ben will, um für den Fall des Wittwenstandes ihren Un-
terhalt zu sichern, so ist gegen die Absicht eines solchen
Vertrags Nichts einzuwenden.

Vergleicht man diese erlaubten Fälle mit den uner-
laubten, so ergiebt sich Folgendes. Conventionalstrafen
sind ungültig, wenn sie auf irgend eine Weise die Ent-
schlüsse in Ehesachen zu leiten bestimmt sind. Vermögens-
vortheile können in der Regel auch an solche Entschlüsse,
als gültige Bedingungen, geknüpft werden. Schlechthin
verboten, als solche Bedingungen, sind: Ehelosigkeit, Ehe-
scheidung, Unterwerfung des Entschlusses unter fremde
Willkühr. In anderen Fällen kann nur durch die beson-
deren Umstände die Bedingung als eine unsittliche erschei-
nen. -- Im Ganzen also hat hier die Ansicht eingewirkt,
daß Strafen meist gefährlicher für die Willensfreyheit
seyen, als angebotene Vortheile. Diese Ansicht aber fin-
det ihre Rechtfertigung nicht nur in der Natur der mensch-
lichen Empfindung überhaupt, sondern auch noch in fol-
gendem Umstand. Vermögensvortheile sind gar nicht im-
mer (so wie Conventionalstrafen) dazu bestimmt, als ei-
gennützige Reizmittel auf den Willen einzuwirken, sondern
sie können auch dazu dienen, dem ohnehin vorhandenen
tadellosen Willen die Ausführung möglich zu machen.
Wenn z. B. die Tochter eines armen oder geizigen Vaters

§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)
Wenn die Frau bisher ihre armen Eltern durch Arbeit er-
nährte, und nun durch die verſprochene Summe verſorgen
will, wenn ſie das Geld dem Mann als Dos zurückge-
ben will, um für den Fall des Wittwenſtandes ihren Un-
terhalt zu ſichern, ſo iſt gegen die Abſicht eines ſolchen
Vertrags Nichts einzuwenden.

Vergleicht man dieſe erlaubten Fälle mit den uner-
laubten, ſo ergiebt ſich Folgendes. Conventionalſtrafen
ſind ungültig, wenn ſie auf irgend eine Weiſe die Ent-
ſchlüſſe in Eheſachen zu leiten beſtimmt ſind. Vermögens-
vortheile können in der Regel auch an ſolche Entſchlüſſe,
als gültige Bedingungen, geknüpft werden. Schlechthin
verboten, als ſolche Bedingungen, ſind: Eheloſigkeit, Ehe-
ſcheidung, Unterwerfung des Entſchluſſes unter fremde
Willkühr. In anderen Fällen kann nur durch die beſon-
deren Umſtände die Bedingung als eine unſittliche erſchei-
nen. — Im Ganzen alſo hat hier die Anſicht eingewirkt,
daß Strafen meiſt gefährlicher für die Willensfreyheit
ſeyen, als angebotene Vortheile. Dieſe Anſicht aber fin-
det ihre Rechtfertigung nicht nur in der Natur der menſch-
lichen Empfindung überhaupt, ſondern auch noch in fol-
gendem Umſtand. Vermögensvortheile ſind gar nicht im-
mer (ſo wie Conventionalſtrafen) dazu beſtimmt, als ei-
gennützige Reizmittel auf den Willen einzuwirken, ſondern
ſie können auch dazu dienen, dem ohnehin vorhandenen
tadelloſen Willen die Ausführung möglich zu machen.
Wenn z. B. die Tochter eines armen oder geizigen Vaters

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[183/0195] §. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.) Wenn die Frau bisher ihre armen Eltern durch Arbeit er- nährte, und nun durch die verſprochene Summe verſorgen will, wenn ſie das Geld dem Mann als Dos zurückge- ben will, um für den Fall des Wittwenſtandes ihren Un- terhalt zu ſichern, ſo iſt gegen die Abſicht eines ſolchen Vertrags Nichts einzuwenden. Vergleicht man dieſe erlaubten Fälle mit den uner- laubten, ſo ergiebt ſich Folgendes. Conventionalſtrafen ſind ungültig, wenn ſie auf irgend eine Weiſe die Ent- ſchlüſſe in Eheſachen zu leiten beſtimmt ſind. Vermögens- vortheile können in der Regel auch an ſolche Entſchlüſſe, als gültige Bedingungen, geknüpft werden. Schlechthin verboten, als ſolche Bedingungen, ſind: Eheloſigkeit, Ehe- ſcheidung, Unterwerfung des Entſchluſſes unter fremde Willkühr. In anderen Fällen kann nur durch die beſon- deren Umſtände die Bedingung als eine unſittliche erſchei- nen. — Im Ganzen alſo hat hier die Anſicht eingewirkt, daß Strafen meiſt gefährlicher für die Willensfreyheit ſeyen, als angebotene Vortheile. Dieſe Anſicht aber fin- det ihre Rechtfertigung nicht nur in der Natur der menſch- lichen Empfindung überhaupt, ſondern auch noch in fol- gendem Umſtand. Vermögensvortheile ſind gar nicht im- mer (ſo wie Conventionalſtrafen) dazu beſtimmt, als ei- gennützige Reizmittel auf den Willen einzuwirken, ſondern ſie können auch dazu dienen, dem ohnehin vorhandenen tadelloſen Willen die Ausführung möglich zu machen. Wenn z. B. die Tochter eines armen oder geizigen Vaters

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/195>, abgerufen am 23.11.2024.