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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 106. Altersstufen.
Interdiction.
Natur der juristischen Personen.

Daß der Mensch, unmittelbar nach seiner Geburt, alles
Vernunftgebrauchs gänzlich ermangelt, ist unzweifelhaft.
Zwischen diesem Zustand aber, und dem der vollständigen
Ausbildung, liegen allmälige, ganz unmerkliche Übergänge
in der Mitte. Dadurch entsteht für die Rechtsanwendung
eine zwiefache große Schwierigkeit: erstlich durch die un-
sichere Gränzbestimmung im Leben jedes Einzelnen, zwey-
tens durch die ungleiche Entwicklung verschiedener Men-
schen. Das praktische Bedürfniß führt darauf, hierin po-
sitiv durchzugreifen, weil nur dadurch die erwähnte zwie-
fache Ungewißheit gehoben werden kann. Dieses ist die
Bedeutung der im positiven Recht bestimmten Altersstufen,
die also lediglich auf die Handlungsfähigkeit, nicht auf
die Rechtsfähigkeit, Einfluß haben, und deren Feststellung
daher nur an diesem Ort unternommen werden kann.

Das Römische Recht nimmt in dem Leben jedes ein-
zelnen Menschen Drey wichtige Gränzpunkte an, wodurch
folgende Vier juristisch verschiedene Lebensalter entstehen:

1) Von der Geburt bis zum Ende des Siebenten Jah-
res. -- Infantes, Qui fari non possunt, Kinder.

2) Von Sieben Jahren bis zum Ende des Vierzehen-
ten oder Zwölften Jahres, nach Verschiedenheit der Ge-
schlechter. -- Qui fari possunt (bey den Neueren Infantia
majores).
-- Beide erste Lebens alter zusammengefaßt: Im-
puberes,
Un mündige.


§. 106. Altersſtufen.
Interdiction.
Natur der juriſtiſchen Perſonen.

Daß der Menſch, unmittelbar nach ſeiner Geburt, alles
Vernunftgebrauchs gänzlich ermangelt, iſt unzweifelhaft.
Zwiſchen dieſem Zuſtand aber, und dem der vollſtändigen
Ausbildung, liegen allmälige, ganz unmerkliche Übergänge
in der Mitte. Dadurch entſteht für die Rechtsanwendung
eine zwiefache große Schwierigkeit: erſtlich durch die un-
ſichere Gränzbeſtimmung im Leben jedes Einzelnen, zwey-
tens durch die ungleiche Entwicklung verſchiedener Men-
ſchen. Das praktiſche Bedürfniß führt darauf, hierin po-
ſitiv durchzugreifen, weil nur dadurch die erwähnte zwie-
fache Ungewißheit gehoben werden kann. Dieſes iſt die
Bedeutung der im poſitiven Recht beſtimmten Altersſtufen,
die alſo lediglich auf die Handlungsfähigkeit, nicht auf
die Rechtsfähigkeit, Einfluß haben, und deren Feſtſtellung
daher nur an dieſem Ort unternommen werden kann.

Das Römiſche Recht nimmt in dem Leben jedes ein-
zelnen Menſchen Drey wichtige Gränzpunkte an, wodurch
folgende Vier juriſtiſch verſchiedene Lebensalter entſtehen:

1) Von der Geburt bis zum Ende des Siebenten Jah-
res. — Infantes, Qui fari non possunt, Kinder.

2) Von Sieben Jahren bis zum Ende des Vierzehen-
ten oder Zwölften Jahres, nach Verſchiedenheit der Ge-
ſchlechter. — Qui fari possunt (bey den Neueren Infantia
majores).
— Beide erſte Lebens alter zuſammengefaßt: Im-
puberes,
Un mündige.


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[23/0035] §. 106. Altersſtufen. Interdiction. Natur der juriſtiſchen Perſonen. Daß der Menſch, unmittelbar nach ſeiner Geburt, alles Vernunftgebrauchs gänzlich ermangelt, iſt unzweifelhaft. Zwiſchen dieſem Zuſtand aber, und dem der vollſtändigen Ausbildung, liegen allmälige, ganz unmerkliche Übergänge in der Mitte. Dadurch entſteht für die Rechtsanwendung eine zwiefache große Schwierigkeit: erſtlich durch die un- ſichere Gränzbeſtimmung im Leben jedes Einzelnen, zwey- tens durch die ungleiche Entwicklung verſchiedener Men- ſchen. Das praktiſche Bedürfniß führt darauf, hierin po- ſitiv durchzugreifen, weil nur dadurch die erwähnte zwie- fache Ungewißheit gehoben werden kann. Dieſes iſt die Bedeutung der im poſitiven Recht beſtimmten Altersſtufen, die alſo lediglich auf die Handlungsfähigkeit, nicht auf die Rechtsfähigkeit, Einfluß haben, und deren Feſtſtellung daher nur an dieſem Ort unternommen werden kann. Das Römiſche Recht nimmt in dem Leben jedes ein- zelnen Menſchen Drey wichtige Gränzpunkte an, wodurch folgende Vier juriſtiſch verſchiedene Lebensalter entſtehen: 1) Von der Geburt bis zum Ende des Siebenten Jah- res. — Infantes, Qui fari non possunt, Kinder. 2) Von Sieben Jahren bis zum Ende des Vierzehen- ten oder Zwölften Jahres, nach Verſchiedenheit der Ge- ſchlechter. — Qui fari possunt (bey den Neueren Infantia majores). — Beide erſte Lebens alter zuſammengefaßt: Im- puberes, Un mündige.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/35>, abgerufen am 23.11.2024.