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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Irrthum und Unwissenheit.
naueren Bestimmungen dieses Rechtssatzes gehören hierher
nicht, sondern nur dessen Verbindung mit der Lehre vom
Irrthum, worin er als positive Ausnahme erscheint von
der Regel, nach welcher der Irrthum keinen Einfluß auf
die Gültigkeit der Verträge hat. Das ganz Positive des
erwähnten Rechtssatzes ist von allen Seiten unverkennbar:
in der unzulässigen Contractsklage: in den dafür einge-
führten eigenen Klagen mit ganz besonderer, kurzer Ver-
jährung: in dem Wahlrecht des Klägers: ja schon in den
sehr eigenthümlich und willkührlich bestimmten factischen
Bestimmungen der Klage (vitium und morbus). -- Gleich
hier aber bewährt sich deutlich das oben (Num. VI.) auf-
gestellte negative Princip, indem die erwähnten Klagen
ungeachtet des Irrthums wegfallen, wenn derselbe nicht
ohne große Nachlässigkeit des Irrenden eintreten konnte (c).

Der zweyte, weit wichtigere, ausgenommene Fall ist

gegen den Verkäufer liegen würde.
Darum gilt auch bey den Römi-
schen Juristen die Evictionsleistung
gar nicht, so wie die Vorschrift
des ädilicischen Edicts, als ein
ganz positiver Rechtssatz, sondern
als eine natürliche Folge des
Kaufcontracts; sie kann daher
durch die actio emti geltend ge-
macht werden, die wegen vitium
und morbus der erkauften Sache
nicht gilt.
(c) L. 14 § 10 de aedil. ed.
(21. 1.) "Si ... talis tamen mor-
bus sit, qui omnibus potuit ap-
parere .. ejus nomine non te-
neri Caecilius ait ... ad eos
enim morbos vitiaque pertinere
Edictum Aedilium probandum
est, quae quis ignoravit, vel
ignorare potuit."
Der letzte
Ausdruck erklärt sich aus dem
ersten; es soll der Irrthum ent-
weder als Thatsache nachgewiesen
seyn, oder wegen der Verborgen-
heit des Fehlers mit Wahrschein-
lichkeit angenommen werden kön-
nen. Dabey versteht es sich von
selbst, und wird durch die voran-
stehenden Worte bestätigt, daß
auch der wirklich vorhandene Irr-
thum nicht beachtet wird, wenn
er mit großer Nachlässigkeit ver-
bunden ist.

Irrthum und Unwiſſenheit.
naueren Beſtimmungen dieſes Rechtsſatzes gehören hierher
nicht, ſondern nur deſſen Verbindung mit der Lehre vom
Irrthum, worin er als poſitive Ausnahme erſcheint von
der Regel, nach welcher der Irrthum keinen Einfluß auf
die Gültigkeit der Verträge hat. Das ganz Poſitive des
erwähnten Rechtsſatzes iſt von allen Seiten unverkennbar:
in der unzuläſſigen Contractsklage: in den dafür einge-
führten eigenen Klagen mit ganz beſonderer, kurzer Ver-
jährung: in dem Wahlrecht des Klägers: ja ſchon in den
ſehr eigenthümlich und willkührlich beſtimmten factiſchen
Beſtimmungen der Klage (vitium und morbus). — Gleich
hier aber bewährt ſich deutlich das oben (Num. VI.) auf-
geſtellte negative Princip, indem die erwähnten Klagen
ungeachtet des Irrthums wegfallen, wenn derſelbe nicht
ohne große Nachläſſigkeit des Irrenden eintreten konnte (c).

Der zweyte, weit wichtigere, ausgenommene Fall iſt

gegen den Verkäufer liegen würde.
Darum gilt auch bey den Römi-
ſchen Juriſten die Evictionsleiſtung
gar nicht, ſo wie die Vorſchrift
des ädiliciſchen Edicts, als ein
ganz poſitiver Rechtsſatz, ſondern
als eine natürliche Folge des
Kaufcontracts; ſie kann daher
durch die actio emti geltend ge-
macht werden, die wegen vitium
und morbus der erkauften Sache
nicht gilt.
(c) L. 14 § 10 de aedil. ed.
(21. 1.) „Si … talis tamen mor-
bus sit, qui omnibus potuit ap-
parere .. ejus nomine non te-
neri Caecilius ait … ad eos
enim morbos vitiaque pertinere
Edictum Aedilium probandum
est, quae quis ignoravit, vel
ignorare potuit.”
Der letzte
Ausdruck erklärt ſich aus dem
erſten; es ſoll der Irrthum ent-
weder als Thatſache nachgewieſen
ſeyn, oder wegen der Verborgen-
heit des Fehlers mit Wahrſchein-
lichkeit angenommen werden kön-
nen. Dabey verſteht es ſich von
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ſtehenden Worte beſtätigt, daß
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thum nicht beachtet wird, wenn
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bunden iſt.
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[359/0371] Irrthum und Unwiſſenheit. naueren Beſtimmungen dieſes Rechtsſatzes gehören hierher nicht, ſondern nur deſſen Verbindung mit der Lehre vom Irrthum, worin er als poſitive Ausnahme erſcheint von der Regel, nach welcher der Irrthum keinen Einfluß auf die Gültigkeit der Verträge hat. Das ganz Poſitive des erwähnten Rechtsſatzes iſt von allen Seiten unverkennbar: in der unzuläſſigen Contractsklage: in den dafür einge- führten eigenen Klagen mit ganz beſonderer, kurzer Ver- jährung: in dem Wahlrecht des Klägers: ja ſchon in den ſehr eigenthümlich und willkührlich beſtimmten factiſchen Beſtimmungen der Klage (vitium und morbus). — Gleich hier aber bewährt ſich deutlich das oben (Num. VI.) auf- geſtellte negative Princip, indem die erwähnten Klagen ungeachtet des Irrthums wegfallen, wenn derſelbe nicht ohne große Nachläſſigkeit des Irrenden eintreten konnte (c). Der zweyte, weit wichtigere, ausgenommene Fall iſt (b) (c) L. 14 § 10 de aedil. ed. (21. 1.) „Si … talis tamen mor- bus sit, qui omnibus potuit ap- parere .. ejus nomine non te- neri Caecilius ait … ad eos enim morbos vitiaque pertinere Edictum Aedilium probandum est, quae quis ignoravit, vel ignorare potuit.” Der letzte Ausdruck erklärt ſich aus dem erſten; es ſoll der Irrthum ent- weder als Thatſache nachgewieſen ſeyn, oder wegen der Verborgen- heit des Fehlers mit Wahrſchein- lichkeit angenommen werden kön- nen. Dabey verſteht es ſich von ſelbſt, und wird durch die voran- ſtehenden Worte beſtätigt, daß auch der wirklich vorhandene Irr- thum nicht beachtet wird, wenn er mit großer Nachläſſigkeit ver- bunden iſt. (b) gegen den Verkäufer liegen würde. Darum gilt auch bey den Römi- ſchen Juriſten die Evictionsleiſtung gar nicht, ſo wie die Vorſchrift des ädiliciſchen Edicts, als ein ganz poſitiver Rechtsſatz, ſondern als eine natürliche Folge des Kaufcontracts; ſie kann daher durch die actio emti geltend ge- macht werden, die wegen vitium und morbus der erkauften Sache nicht gilt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/371>, abgerufen am 24.11.2024.