Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Beylage VIII. sonst wohl über dieselbe vorzukommen pflegt (a). Wennnämlich die Frage streitig ist, ob die Schuld vorhanden war oder nicht, so soll der Zurückfordernde das indebi- tum in der Regel beweisen, also indirect auch den bey der Zahlung vorgefallenen Irrthum: aber nicht etwa wegen der allgemeinen Natur des Irrthums überhaupt, sondern gerade umgekehrt, nur wegen der besondern Beschaffen- heit dieses Falles. Der Grund wird nämlich darin ge- setzt, daß nicht leicht Jemand so unvorsichtig seyn werde, sein Geld, wenn er Nichts schuldig ist, wegzuwerfen (b): dieses aber besonders in dem Fall, wenn außerdem der Zahler als ein sorgfältiger Mann und besonnener Haus- halter anerkannt ist. Ausnahmsweise aber soll gerade das Gegentheil angenommen, und dem Empfänger der Beweis der Schuld auferlegt werden, wenn die Zahlung geschah von einem Minderjährigen, Weibe, Soldaten, Bauer, oder überhaupt einem Solchen, der aller Geschäfte unkundig, oder einfältig und sorglos ist. Diese Eigenschaften also sollen wieder die Unwahrscheinlichkeit aufwiegen, daß Ei- (a) L. 25 pr. § 1 de prob. (22. 3.). (b) "qui enim solvit, nun-
quam ita resupinus est, ut fa- cile suas pecunias jactet, et in- debitas effundat .... et ideo eum, qui dicit indebitas sol- visse, compelli ad probationes, quod per dolum accipientis, vel aliquam justam ignorantiae causam indebitum ab eo solu- tum" ... Hier erscheint also die justa ignorantiae causa, die an- derwärts als Bedingung eines zu- lässigen, nicht völlig verwerflichen Irrthums vorkommt (Num. III.), zugleich als Grund, das bloße Daseyn desselben anzunehmen: und Dieses ist praktisch um so wichtiger, als der Irrthum ein innerer Zustand ist, der nur sel- ten und zufällig durch unmittel- baren Beweis dargethan werden kann. Beylage VIII. ſonſt wohl über dieſelbe vorzukommen pflegt (a). Wennnämlich die Frage ſtreitig iſt, ob die Schuld vorhanden war oder nicht, ſo ſoll der Zurückfordernde das indebi- tum in der Regel beweiſen, alſo indirect auch den bey der Zahlung vorgefallenen Irrthum: aber nicht etwa wegen der allgemeinen Natur des Irrthums überhaupt, ſondern gerade umgekehrt, nur wegen der beſondern Beſchaffen- heit dieſes Falles. Der Grund wird nämlich darin ge- ſetzt, daß nicht leicht Jemand ſo unvorſichtig ſeyn werde, ſein Geld, wenn er Nichts ſchuldig iſt, wegzuwerfen (b): dieſes aber beſonders in dem Fall, wenn außerdem der Zahler als ein ſorgfältiger Mann und beſonnener Haus- halter anerkannt iſt. Ausnahmsweiſe aber ſoll gerade das Gegentheil angenommen, und dem Empfänger der Beweis der Schuld auferlegt werden, wenn die Zahlung geſchah von einem Minderjährigen, Weibe, Soldaten, Bauer, oder überhaupt einem Solchen, der aller Geſchäfte unkundig, oder einfältig und ſorglos iſt. Dieſe Eigenſchaften alſo ſollen wieder die Unwahrſcheinlichkeit aufwiegen, daß Ei- (a) L. 25 pr. § 1 de prob. (22. 3.). (b) „qui enim solvit, nun-
quam ita resupinus est, ut fa- cile suas pecunias jactet, et in- debitas effundat .... et ideo eum, qui dicit indebitas sol- visse, compelli ad probationes, quod per dolum accipientis, vel aliquam justam ignorantiae causam indebitum ab eo solu- tum” … Hier erſcheint alſo die justa ignorantiae causa, die an- derwärts als Bedingung eines zu- läſſigen, nicht völlig verwerflichen Irrthums vorkommt (Num. III.), zugleich als Grund, das bloße Daſeyn deſſelben anzunehmen: und Dieſes iſt praktiſch um ſo wichtiger, als der Irrthum ein innerer Zuſtand iſt, der nur ſel- ten und zufällig durch unmittel- baren Beweis dargethan werden kann. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0478" n="466"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/> ſonſt wohl über dieſelbe vorzukommen pflegt <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 25 <hi rendition="#i">pr.</hi> § 1 <hi rendition="#i">de prob.</hi></hi><lb/> (22. 3.).</note>. Wenn<lb/> nämlich die Frage ſtreitig iſt, ob die Schuld vorhanden<lb/> war oder nicht, ſo ſoll der Zurückfordernde das <hi rendition="#aq">indebi-<lb/> tum</hi> in der Regel beweiſen, alſo indirect auch den bey der<lb/> Zahlung vorgefallenen Irrthum: aber nicht etwa wegen<lb/> der allgemeinen Natur des Irrthums überhaupt, ſondern<lb/> gerade umgekehrt, nur wegen der beſondern Beſchaffen-<lb/> heit dieſes Falles. Der Grund wird nämlich darin ge-<lb/> ſetzt, daß nicht leicht Jemand ſo unvorſichtig ſeyn werde,<lb/> ſein Geld, wenn er Nichts ſchuldig iſt, wegzuwerfen <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">„qui enim solvit, nun-<lb/> quam ita resupinus est, ut fa-<lb/> cile suas pecunias jactet, et in-<lb/> debitas effundat .... et ideo<lb/> eum, qui dicit indebitas sol-<lb/> visse, compelli ad probationes,<lb/> quod per dolum accipientis, <hi rendition="#i">vel<lb/> aliquam justam ignorantiae<lb/> causam</hi> indebitum ab eo solu-<lb/> tum”</hi> … Hier erſcheint alſo die<lb/><hi rendition="#aq">justa ignorantiae causa,</hi> die an-<lb/> derwärts als Bedingung eines zu-<lb/> läſſigen, nicht völlig verwerflichen<lb/> Irrthums vorkommt (Num. <hi rendition="#aq">III.</hi>),<lb/> zugleich als Grund, das bloße<lb/> Daſeyn deſſelben anzunehmen:<lb/> und Dieſes iſt praktiſch um ſo<lb/> wichtiger, als der Irrthum ein<lb/> innerer Zuſtand iſt, der nur ſel-<lb/> ten und zufällig durch unmittel-<lb/> baren Beweis dargethan werden<lb/> kann.</note>:<lb/> dieſes aber beſonders in dem Fall, wenn außerdem der<lb/> Zahler als ein ſorgfältiger Mann und beſonnener Haus-<lb/> halter anerkannt iſt. Ausnahmsweiſe aber ſoll gerade das<lb/> Gegentheil angenommen, und dem Empfänger der Beweis<lb/> der Schuld auferlegt werden, wenn die Zahlung geſchah<lb/> von einem Minderjährigen, Weibe, Soldaten, Bauer, oder<lb/> überhaupt einem Solchen, der aller Geſchäfte unkundig,<lb/> oder einfältig und ſorglos iſt. Dieſe Eigenſchaften alſo<lb/> ſollen wieder die Unwahrſcheinlichkeit aufwiegen, daß Ei-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [466/0478]
Beylage VIII.
ſonſt wohl über dieſelbe vorzukommen pflegt (a). Wenn
nämlich die Frage ſtreitig iſt, ob die Schuld vorhanden
war oder nicht, ſo ſoll der Zurückfordernde das indebi-
tum in der Regel beweiſen, alſo indirect auch den bey der
Zahlung vorgefallenen Irrthum: aber nicht etwa wegen
der allgemeinen Natur des Irrthums überhaupt, ſondern
gerade umgekehrt, nur wegen der beſondern Beſchaffen-
heit dieſes Falles. Der Grund wird nämlich darin ge-
ſetzt, daß nicht leicht Jemand ſo unvorſichtig ſeyn werde,
ſein Geld, wenn er Nichts ſchuldig iſt, wegzuwerfen (b):
dieſes aber beſonders in dem Fall, wenn außerdem der
Zahler als ein ſorgfältiger Mann und beſonnener Haus-
halter anerkannt iſt. Ausnahmsweiſe aber ſoll gerade das
Gegentheil angenommen, und dem Empfänger der Beweis
der Schuld auferlegt werden, wenn die Zahlung geſchah
von einem Minderjährigen, Weibe, Soldaten, Bauer, oder
überhaupt einem Solchen, der aller Geſchäfte unkundig,
oder einfältig und ſorglos iſt. Dieſe Eigenſchaften alſo
ſollen wieder die Unwahrſcheinlichkeit aufwiegen, daß Ei-
(a) L. 25 pr. § 1 de prob.
(22. 3.).
(b) „qui enim solvit, nun-
quam ita resupinus est, ut fa-
cile suas pecunias jactet, et in-
debitas effundat .... et ideo
eum, qui dicit indebitas sol-
visse, compelli ad probationes,
quod per dolum accipientis, vel
aliquam justam ignorantiae
causam indebitum ab eo solu-
tum” … Hier erſcheint alſo die
justa ignorantiae causa, die an-
derwärts als Bedingung eines zu-
läſſigen, nicht völlig verwerflichen
Irrthums vorkommt (Num. III.),
zugleich als Grund, das bloße
Daſeyn deſſelben anzunehmen:
und Dieſes iſt praktiſch um ſo
wichtiger, als der Irrthum ein
innerer Zuſtand iſt, der nur ſel-
ten und zufällig durch unmittel-
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