Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nöthig, die bis zu Ende des fünf und zwanzigsten Lebens-
jahres reichen sollten. Dadurch wurde die letzte juristi-
sche Altersgränze herbeygeführt, die der früheren Zeit ganz
fremd gewesen war. Auf dieses neue Bedürfniß führte
die steigende Ausdehnung des Staats, verbunden mit dem
zunehmenden Reichthum und Luxus der Einzelnen; in Folge
derselben auf der einen Seite das einreißende Sittenver-
derben, auf der andern Seite eine größere Verwicklung
der Geschäfte, auf welche die der älteren Zeit wohl an-
gemessene Voraussetzung der Geschäftsfähigkeit aller Mün-
digen nicht mehr paßte (§ 107. g).

Der künstliche Schutz für die Minderjährigen wurde
aber nur allmälig, und zwar in folgenden Abstufungen,
eingerichtet.

Zuerst wurde um die Mitte des sechsten Jahrhunderts
der Stadt eine Lex Plaetoria gegeben, die den früher un-
bekannten Zeitpunkt von Fünf und zwanzig Jahren ein-
führte (b), weshalb auch dieses Alter, und nicht die wich-
tigere und früher anerkannte Pubertät, den Namen legi-
tima aetas
erhielt (c). Das Gesetz aber suchte nur auf
indirecte Weise die Minderjährigen zu schützen, indem es
Diejenigen, die mit ihnen betrügliche Geschäfte eingehen
würden, mit einer Criminalanklage bedrohte.


(b) Der unmittelbarste Beweis
liegt in der L. 2 C. Th. de don.
(8. 12.).
Bey Plautus heißt da-
her das Gesetz Lex quinavice-
naria. Pseudolus I.
3. 69.
(c) L. 2 C. Th. cit., L. un. § 3
C. Th. de his qui ven. (2. 17.),
L. 28 in f. de appell. (49. 1.).

Vergl. Brissonius v. legitimus.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nöthig, die bis zu Ende des fünf und zwanzigſten Lebens-
jahres reichen ſollten. Dadurch wurde die letzte juriſti-
ſche Altersgränze herbeygeführt, die der früheren Zeit ganz
fremd geweſen war. Auf dieſes neue Bedürfniß führte
die ſteigende Ausdehnung des Staats, verbunden mit dem
zunehmenden Reichthum und Luxus der Einzelnen; in Folge
derſelben auf der einen Seite das einreißende Sittenver-
derben, auf der andern Seite eine größere Verwicklung
der Geſchäfte, auf welche die der älteren Zeit wohl an-
gemeſſene Vorausſetzung der Geſchäftsfähigkeit aller Mün-
digen nicht mehr paßte (§ 107. g).

Der künſtliche Schutz für die Minderjährigen wurde
aber nur allmälig, und zwar in folgenden Abſtufungen,
eingerichtet.

Zuerſt wurde um die Mitte des ſechſten Jahrhunderts
der Stadt eine Lex Plaetoria gegeben, die den früher un-
bekannten Zeitpunkt von Fünf und zwanzig Jahren ein-
führte (b), weshalb auch dieſes Alter, und nicht die wich-
tigere und früher anerkannte Pubertät, den Namen legi-
tima aetas
erhielt (c). Das Geſetz aber ſuchte nur auf
indirecte Weiſe die Minderjährigen zu ſchützen, indem es
Diejenigen, die mit ihnen betrügliche Geſchäfte eingehen
würden, mit einer Criminalanklage bedrohte.


(b) Der unmittelbarſte Beweis
liegt in der L. 2 C. Th. de don.
(8. 12.).
Bey Plautus heißt da-
her das Geſetz Lex quinavice-
naria. Pseudolus I.
3. 69.
(c) L. 2 C. Th. cit., L. un. § 3
C. Th. de his qui ven. (2. 17.),
L. 28 in f. de appell. (49. 1.).

Vergl. Brissonius v. legitimus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0092" n="80"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
nöthig, die bis zu Ende des fünf und zwanzig&#x017F;ten Lebens-<lb/>
jahres reichen &#x017F;ollten. Dadurch wurde die letzte juri&#x017F;ti-<lb/>
&#x017F;che Altersgränze herbeygeführt, die der früheren Zeit ganz<lb/>
fremd gewe&#x017F;en war. Auf die&#x017F;es neue Bedürfniß führte<lb/>
die &#x017F;teigende Ausdehnung des Staats, verbunden mit dem<lb/>
zunehmenden Reichthum und Luxus der Einzelnen; in Folge<lb/>
der&#x017F;elben auf der einen Seite das einreißende Sittenver-<lb/>
derben, auf der andern Seite eine größere Verwicklung<lb/>
der Ge&#x017F;chäfte, auf welche die der älteren Zeit wohl an-<lb/>
geme&#x017F;&#x017F;ene Voraus&#x017F;etzung der Ge&#x017F;chäftsfähigkeit aller Mün-<lb/>
digen nicht mehr paßte (§ 107. <hi rendition="#aq">g</hi>).</p><lb/>
            <p>Der kün&#x017F;tliche Schutz für die Minderjährigen wurde<lb/>
aber nur allmälig, und zwar in folgenden Ab&#x017F;tufungen,<lb/>
eingerichtet.</p><lb/>
            <p>Zuer&#x017F;t wurde um die Mitte des &#x017F;ech&#x017F;ten Jahrhunderts<lb/>
der Stadt eine <hi rendition="#aq">Lex Plaetoria</hi> gegeben, die den früher un-<lb/>
bekannten Zeitpunkt von Fünf und zwanzig Jahren ein-<lb/>
führte <note place="foot" n="(b)">Der unmittelbar&#x017F;te Beweis<lb/>
liegt in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 2 <hi rendition="#i">C. Th. de don</hi>.<lb/>
(8. 12.).</hi> Bey Plautus heißt da-<lb/>
her das Ge&#x017F;etz <hi rendition="#aq">Lex quinavice-<lb/>
naria. Pseudolus I.</hi> 3. 69.</note>, weshalb auch die&#x017F;es Alter, und nicht die wich-<lb/>
tigere und früher anerkannte Pubertät, den Namen <hi rendition="#aq">legi-<lb/>
tima aetas</hi> erhielt <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">C. Th. cit., L. un</hi>. § 3<lb/><hi rendition="#i">C. Th. de his qui ven</hi>. (2. 17.),<lb/><hi rendition="#i">L</hi>. 28 <hi rendition="#i">in f. de appell</hi>. (49. 1.).</hi><lb/>
Vergl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Brissonius</hi> v. legitimus.</hi></note>. Das Ge&#x017F;etz aber &#x017F;uchte nur auf<lb/>
indirecte Wei&#x017F;e die Minderjährigen zu &#x017F;chützen, indem es<lb/>
Diejenigen, die mit ihnen betrügliche Ge&#x017F;chäfte eingehen<lb/>
würden, mit einer Criminalanklage bedrohte.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0092] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. nöthig, die bis zu Ende des fünf und zwanzigſten Lebens- jahres reichen ſollten. Dadurch wurde die letzte juriſti- ſche Altersgränze herbeygeführt, die der früheren Zeit ganz fremd geweſen war. Auf dieſes neue Bedürfniß führte die ſteigende Ausdehnung des Staats, verbunden mit dem zunehmenden Reichthum und Luxus der Einzelnen; in Folge derſelben auf der einen Seite das einreißende Sittenver- derben, auf der andern Seite eine größere Verwicklung der Geſchäfte, auf welche die der älteren Zeit wohl an- gemeſſene Vorausſetzung der Geſchäftsfähigkeit aller Mün- digen nicht mehr paßte (§ 107. g). Der künſtliche Schutz für die Minderjährigen wurde aber nur allmälig, und zwar in folgenden Abſtufungen, eingerichtet. Zuerſt wurde um die Mitte des ſechſten Jahrhunderts der Stadt eine Lex Plaetoria gegeben, die den früher un- bekannten Zeitpunkt von Fünf und zwanzig Jahren ein- führte (b), weshalb auch dieſes Alter, und nicht die wich- tigere und früher anerkannte Pubertät, den Namen legi- tima aetas erhielt (c). Das Geſetz aber ſuchte nur auf indirecte Weiſe die Minderjährigen zu ſchützen, indem es Diejenigen, die mit ihnen betrügliche Geſchäfte eingehen würden, mit einer Criminalanklage bedrohte. (b) Der unmittelbarſte Beweis liegt in der L. 2 C. Th. de don. (8. 12.). Bey Plautus heißt da- her das Geſetz Lex quinavice- naria. Pseudolus I. 3. 69. (c) L. 2 C. Th. cit., L. un. § 3 C. Th. de his qui ven. (2. 17.), L. 28 in f. de appell. (49. 1.). Vergl. Brissonius v. legitimus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/92
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/92>, abgerufen am 23.11.2024.