also dieser Fall von den vorhergehenden unterscheidet, in welchen stets eine unbedingte Schenkung enthalten ist.
Die hier zusammen gestellten Fälle der Tilgung einer fremden Forderung lassen sich jedoch insgesammt auch so auffassen, daß darin zugleich die Befreyung von einer ei- genen Forderung des Gebers selbst enthalten ist. Wenn nämlich Einer für den Andern zahlt, expromittirt, Bürg- schaft leistet, so kann dieses hervorgehen aus einem Man- dat, einer negotiorum gestio, oder aus der Absicht zu schenken (t). In den beiden ersten Fällen ist überhaupt keine Schenkung enthalten, da Derjenige, welcher so den Schuldner befreyt, stets eine Regreßklage gegen diesen hat. Demnach enthalten alle jene Fälle nur insofern eine Schen- kung, als der Befreyende die besondere Absicht hat, die Regreßklage dem Schuldner zu erlassen, die er selbst au- ßerdem gegen ihn haben würde. Es liegt also hier immer auch der Erlaß einer eigenen Forderung zum Grunde.
Allein eben diese Betrachtung führt wieder ein Beden- ken herbey. Es gewinnt dadurch den Schein, als ob der Befreyende nicht ein schon erworbenes Recht aufopferte, sondern nur den Erwerb eines neuen Rechts von sich ab- wiese, welches man als dem Begriff wahrer Schenkung widersprechend ansehen könnte. Diesem Einwurf ist jedoch auf dieselbe Weise zu begegnen, wie es oben bey den obli- gatorischen Schenkungen bereits geschehen ist (§ 157).
alſo dieſer Fall von den vorhergehenden unterſcheidet, in welchen ſtets eine unbedingte Schenkung enthalten iſt.
Die hier zuſammen geſtellten Fälle der Tilgung einer fremden Forderung laſſen ſich jedoch insgeſammt auch ſo auffaſſen, daß darin zugleich die Befreyung von einer ei- genen Forderung des Gebers ſelbſt enthalten iſt. Wenn nämlich Einer für den Andern zahlt, expromittirt, Bürg- ſchaft leiſtet, ſo kann dieſes hervorgehen aus einem Man- dat, einer negotiorum gestio, oder aus der Abſicht zu ſchenken (t). In den beiden erſten Fällen iſt überhaupt keine Schenkung enthalten, da Derjenige, welcher ſo den Schuldner befreyt, ſtets eine Regreßklage gegen dieſen hat. Demnach enthalten alle jene Fälle nur inſofern eine Schen- kung, als der Befreyende die beſondere Abſicht hat, die Regreßklage dem Schuldner zu erlaſſen, die er ſelbſt au- ßerdem gegen ihn haben würde. Es liegt alſo hier immer auch der Erlaß einer eigenen Forderung zum Grunde.
Allein eben dieſe Betrachtung führt wieder ein Beden- ken herbey. Es gewinnt dadurch den Schein, als ob der Befreyende nicht ein ſchon erworbenes Recht aufopferte, ſondern nur den Erwerb eines neuen Rechts von ſich ab- wieſe, welches man als dem Begriff wahrer Schenkung widerſprechend anſehen koͤnnte. Dieſem Einwurf iſt jedoch auf dieſelbe Weiſe zu begegnen, wie es oben bey den obli- gatoriſchen Schenkungen bereits geſchehen iſt (§ 157).
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§. 158. Schenkung. Einzelne Rechtsgeſchäfte. 3. Liberare.
alſo dieſer Fall von den vorhergehenden unterſcheidet, in
welchen ſtets eine unbedingte Schenkung enthalten iſt.
Die hier zuſammen geſtellten Fälle der Tilgung einer
fremden Forderung laſſen ſich jedoch insgeſammt auch ſo
auffaſſen, daß darin zugleich die Befreyung von einer ei-
genen Forderung des Gebers ſelbſt enthalten iſt. Wenn
nämlich Einer für den Andern zahlt, expromittirt, Bürg-
ſchaft leiſtet, ſo kann dieſes hervorgehen aus einem Man-
dat, einer negotiorum gestio, oder aus der Abſicht zu
ſchenken (t). In den beiden erſten Fällen iſt überhaupt
keine Schenkung enthalten, da Derjenige, welcher ſo den
Schuldner befreyt, ſtets eine Regreßklage gegen dieſen hat.
Demnach enthalten alle jene Fälle nur inſofern eine Schen-
kung, als der Befreyende die beſondere Abſicht hat, die
Regreßklage dem Schuldner zu erlaſſen, die er ſelbſt au-
ßerdem gegen ihn haben würde. Es liegt alſo hier immer
auch der Erlaß einer eigenen Forderung zum Grunde.
Allein eben dieſe Betrachtung führt wieder ein Beden-
ken herbey. Es gewinnt dadurch den Schein, als ob der
Befreyende nicht ein ſchon erworbenes Recht aufopferte,
ſondern nur den Erwerb eines neuen Rechts von ſich ab-
wieſe, welches man als dem Begriff wahrer Schenkung
widerſprechend anſehen koͤnnte. Dieſem Einwurf iſt jedoch
auf dieſelbe Weiſe zu begegnen, wie es oben bey den obli-
gatoriſchen Schenkungen bereits geſchehen iſt (§ 157).
(t) L. 6 § 2 mand. (17. 1.), L, 4 de neg. gestis (3. 5.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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