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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 160. Schenkung. Vertragsnatur.
das Geschäft ungültig (h). Die Form dieser Einwilligung
wird durch die Natur der einzelnen Rechtsgeschäfte be-
stimmt; die Eigenthümlichkeit der Schenkung beschränkt
oder erschwert die sonst erforderliche Form gar nicht (i).

Es muß aber in jenen Fällen als zweytes Erforderniß
hinzutreten die Annahme der Schenkung, oder die Einwil-
ligung von Seiten des Empfängers. Auch diese ist an
keine Form gebunden, sie kann namentlich stillschweigend
erklärt werden, und da fast immer der Empfang eines
Geschenks erwünscht ist, so wird sie sogar sehr leicht aus
solchen Handlungen gefolgert werden dürfen, welche nur
einigermaßen darauf gedeutet werden können (k). Nur bey
bestimmt verweigerter Annahme kommt in solchen Fällen
eine Schenkung überhaupt gar nicht zu Stande (l). In
der Zwischenzeit von der Erklärung des Gebers bis zur
Annahme des Empfängers ist die Schenkung nicht perfect,
also unentschieden (m), so daß bis dahin der Geber seinen
Willen widerrufen kann, wodurch denn gleichfalls das

(h) L. 7. 8. 10 C. de don. (8.
51.). Vgl. oben § 156. a.
(i) L. 6. 7. 13 C. de don. (8.
54.). Von der für die großen
Schenkungen erforderlichen be-
sonderen Form (der Insinuation)
wird unten die Rede seyn. --
Über die Herleitung dieser Ein-
willigung aus Vermuthungen vgl.
Meyerfeld I. S. 42. fg.
(k) Meyerfeld I. S. 42 fg.
(l) L. 10 de don. (39. 5.)
".. si .. missam sibi non ac-
ceperit,
donatae rei dominus
non fit." L. 19 § 2 eod. "Non
potest liberalitas nolenti ad-
quiri."
Diese sehr allgemein aus-
gesprochene Regel muß auf die
Fälle der eben beschriebenen Art,
die ohnehin die häufigsten sind,
beschränkt werden, da sie, als
durchgreifendes Princip für alle
Schenkungen überhaupt aufge-
faßt, anderen sehr bestimmten
Stellen geradezu widersprechen
würde (Note e).
(m) L. 10 de don. (39. 5.).
"Sed si nescit rem, quae apud

§. 160. Schenkung. Vertragsnatur.
das Geſchäft ungültig (h). Die Form dieſer Einwilligung
wird durch die Natur der einzelnen Rechtsgeſchäfte be-
ſtimmt; die Eigenthümlichkeit der Schenkung beſchränkt
oder erſchwert die ſonſt erforderliche Form gar nicht (i).

Es muß aber in jenen Fällen als zweytes Erforderniß
hinzutreten die Annahme der Schenkung, oder die Einwil-
ligung von Seiten des Empfängers. Auch dieſe iſt an
keine Form gebunden, ſie kann namentlich ſtillſchweigend
erklärt werden, und da faſt immer der Empfang eines
Geſchenks erwünſcht iſt, ſo wird ſie ſogar ſehr leicht aus
ſolchen Handlungen gefolgert werden dürfen, welche nur
einigermaßen darauf gedeutet werden können (k). Nur bey
beſtimmt verweigerter Annahme kommt in ſolchen Fällen
eine Schenkung überhaupt gar nicht zu Stande (l). In
der Zwiſchenzeit von der Erklärung des Gebers bis zur
Annahme des Empfängers iſt die Schenkung nicht perfect,
alſo unentſchieden (m), ſo daß bis dahin der Geber ſeinen
Willen widerrufen kann, wodurch denn gleichfalls das

(h) L. 7. 8. 10 C. de don. (8.
51.). Vgl. oben § 156. a.
(i) L. 6. 7. 13 C. de don. (8.
54.). Von der für die großen
Schenkungen erforderlichen be-
ſonderen Form (der Inſinuation)
wird unten die Rede ſeyn. —
Über die Herleitung dieſer Ein-
willigung aus Vermuthungen vgl.
Meyerfeld I. S. 42. fg.
(k) Meyerfeld I. S. 42 fg.
(l) L. 10 de don. (39. 5.)
„.. si .. missam sibi non ac-
ceperit,
donatae rei dominus
non fit.” L. 19 § 2 eod. „Non
potest liberalitas nolenti ad-
quiri.”
Dieſe ſehr allgemein aus-
geſprochene Regel muß auf die
Fälle der eben beſchriebenen Art,
die ohnehin die häufigſten ſind,
beſchränkt werden, da ſie, als
durchgreifendes Princip für alle
Schenkungen überhaupt aufge-
faßt, anderen ſehr beſtimmten
Stellen geradezu widerſprechen
würde (Note e).
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[151/0165] §. 160. Schenkung. Vertragsnatur. das Geſchäft ungültig (h). Die Form dieſer Einwilligung wird durch die Natur der einzelnen Rechtsgeſchäfte be- ſtimmt; die Eigenthümlichkeit der Schenkung beſchränkt oder erſchwert die ſonſt erforderliche Form gar nicht (i). Es muß aber in jenen Fällen als zweytes Erforderniß hinzutreten die Annahme der Schenkung, oder die Einwil- ligung von Seiten des Empfängers. Auch dieſe iſt an keine Form gebunden, ſie kann namentlich ſtillſchweigend erklärt werden, und da faſt immer der Empfang eines Geſchenks erwünſcht iſt, ſo wird ſie ſogar ſehr leicht aus ſolchen Handlungen gefolgert werden dürfen, welche nur einigermaßen darauf gedeutet werden können (k). Nur bey beſtimmt verweigerter Annahme kommt in ſolchen Fällen eine Schenkung überhaupt gar nicht zu Stande (l). In der Zwiſchenzeit von der Erklärung des Gebers bis zur Annahme des Empfängers iſt die Schenkung nicht perfect, alſo unentſchieden (m), ſo daß bis dahin der Geber ſeinen Willen widerrufen kann, wodurch denn gleichfalls das (h) L. 7. 8. 10 C. de don. (8. 51.). Vgl. oben § 156. a. (i) L. 6. 7. 13 C. de don. (8. 54.). Von der für die großen Schenkungen erforderlichen be- ſonderen Form (der Inſinuation) wird unten die Rede ſeyn. — Über die Herleitung dieſer Ein- willigung aus Vermuthungen vgl. Meyerfeld I. S. 42. fg. (k) Meyerfeld I. S. 42 fg. (l) L. 10 de don. (39. 5.) „.. si .. missam sibi non ac- ceperit, donatae rei dominus non fit.” L. 19 § 2 eod. „Non potest liberalitas nolenti ad- quiri.” Dieſe ſehr allgemein aus- geſprochene Regel muß auf die Fälle der eben beſchriebenen Art, die ohnehin die häufigſten ſind, beſchränkt werden, da ſie, als durchgreifendes Princip für alle Schenkungen überhaupt aufge- faßt, anderen ſehr beſtimmten Stellen geradezu widerſprechen würde (Note e). (m) L. 10 de don. (39. 5.). „Sed si nescit rem, quae apud

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/165>, abgerufen am 18.05.2024.