Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 142. Schenkung. Einleitung. Eigenthum, der Ususfructus u. s. w., eben so gut als einsolcher Vertrag, eine Schenkung enthalten können. -- Do- nellus trägt diese Lehre stückweise vor, an mehreren Stel- len seines Systems; am ausführlichsten bey dem Wider- ruf wegen Undankbarkeit, also gerade bey der unbedeu- tendsten Beziehung, die sich dafür auffinden läßt. Woher kommen nun diese verschiedenen Stellungen, die (c) Der Unterschied ist nur der, daß der Vertrag in allen Arten der Rechtsverhältnisse vorkommen kann, die Schenkung lediglich bey den Verhältnissen des Vermögens- rechts. Wollte man also recht sub- til verfahren, so müßte man sie nicht in den allgemeinen Theil des gesammten Privatrechts setzen, sondern in einen für das Ver- mögensrecht allein zu bildenden allgemeinen Theil; die hier ge- wählte Stellung scheint mir ein- facher, und ein Misverständniß kann daraus nicht hervorgehen. -- Ich freue mich, für diese Stel- lung auch schon einen Vorgän- ger angeben zu können: Puchta System des gemeinen Civilrechts München 1832 § 35, und: Lehr- buch der Pandekten Leipzig 1838 § 53. Indessen zweifle ich nicht, daß Viele, selbst wenn sie die oben aufgestellten Gründe anerkennen, dennoch an der von mir gewähl- ten Anordnung Anstoß nehmen werden, hauptsächlich weil dadurch die äußere Symmetrie gestört wird. Wäre an dieser Stelle eine kurze Übersicht der Lehre von der 1*
§. 142. Schenkung. Einleitung. Eigenthum, der Uſusfructus u. ſ. w., eben ſo gut als einſolcher Vertrag, eine Schenkung enthalten können. — Do- nellus trägt dieſe Lehre ſtückweiſe vor, an mehreren Stel- len ſeines Syſtems; am ausführlichſten bey dem Wider- ruf wegen Undankbarkeit, alſo gerade bey der unbedeu- tendſten Beziehung, die ſich dafür auffinden läßt. Woher kommen nun dieſe verſchiedenen Stellungen, die (c) Der Unterſchied iſt nur der, daß der Vertrag in allen Arten der Rechtsverhältniſſe vorkommen kann, die Schenkung lediglich bey den Verhältniſſen des Vermögens- rechts. Wollte man alſo recht ſub- til verfahren, ſo müßte man ſie nicht in den allgemeinen Theil des geſammten Privatrechts ſetzen, ſondern in einen für das Ver- mögensrecht allein zu bildenden allgemeinen Theil; die hier ge- wählte Stellung ſcheint mir ein- facher, und ein Misverſtändniß kann daraus nicht hervorgehen. — Ich freue mich, für dieſe Stel- lung auch ſchon einen Vorgän- ger angeben zu können: Puchta Syſtem des gemeinen Civilrechts München 1832 § 35, und: Lehr- buch der Pandekten Leipzig 1838 § 53. Indeſſen zweifle ich nicht, daß Viele, ſelbſt wenn ſie die oben aufgeſtellten Gründe anerkennen, dennoch an der von mir gewähl- ten Anordnung Anſtoß nehmen werden, hauptſächlich weil dadurch die äußere Symmetrie geſtört wird. Wäre an dieſer Stelle eine kurze Überſicht der Lehre von der 1*
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§. 142. Schenkung. Einleitung.
Eigenthum, der Uſusfructus u. ſ. w., eben ſo gut als ein
ſolcher Vertrag, eine Schenkung enthalten können. — Do-
nellus trägt dieſe Lehre ſtückweiſe vor, an mehreren Stel-
len ſeines Syſtems; am ausführlichſten bey dem Wider-
ruf wegen Undankbarkeit, alſo gerade bey der unbedeu-
tendſten Beziehung, die ſich dafür auffinden läßt.
Woher kommen nun dieſe verſchiedenen Stellungen, die
nur darin überein treffen, daß ſie alle gleich unbegründet
und unbefriedigend ſind? Sie kommen daher, daß man
überall von der falſchen Vorausſetzung ausgeht, die Schen-
kung ſey ein einzelnes Rechtsgeſchäft, anſtatt daß ſie in
der That ein allgemeiner Character iſt, welchen die aller-
verſchiedenſten Rechtsgeſchäfte annehmen können. Das iſt
der Grund, warum ich ſie hierher geſtellt habe, in den
allgemeinen Theil, an die Seite des Vertrags, welchem
ſie durch die Allgemeinheit ihrer Natur, und durch die
Mannichfaltigkeit ihrer Anwendungen, gleichartig iſt (c).
(c) Der Unterſchied iſt nur der,
daß der Vertrag in allen Arten
der Rechtsverhältniſſe vorkommen
kann, die Schenkung lediglich bey
den Verhältniſſen des Vermögens-
rechts. Wollte man alſo recht ſub-
til verfahren, ſo müßte man ſie
nicht in den allgemeinen Theil des
geſammten Privatrechts ſetzen,
ſondern in einen für das Ver-
mögensrecht allein zu bildenden
allgemeinen Theil; die hier ge-
wählte Stellung ſcheint mir ein-
facher, und ein Misverſtändniß
kann daraus nicht hervorgehen. —
Ich freue mich, für dieſe Stel-
lung auch ſchon einen Vorgän-
ger angeben zu können: Puchta
Syſtem des gemeinen Civilrechts
München 1832 § 35, und: Lehr-
buch der Pandekten Leipzig 1838
§ 53. Indeſſen zweifle ich nicht,
daß Viele, ſelbſt wenn ſie die oben
aufgeſtellten Gründe anerkennen,
dennoch an der von mir gewähl-
ten Anordnung Anſtoß nehmen
werden, hauptſächlich weil dadurch
die äußere Symmetrie geſtört
wird. Wäre an dieſer Stelle eine
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