Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 169. Schenkung. Einschränkungen. 3. Widerruf. (Forts.) kann, sondern nur von einem persönlichen Anspruch aufRückgabe des Geschenks. Daher kann zu diesem Zweck niemals eine Vindication gebraucht werden, sondern nur eine persönliche Klage. Bey der Schenkung in der Ehe galt eine condictio sine causa oder ex injusta causa (§ 163. h), und eben so im Fall der versäumten Insinua- tion; denn in beiden Fällen stand die factisch vorhandene donationis causa im Widerspruch mit absoluten Rechtsre- geln. Ein solcher Widerspruch ist hier nicht vorhanden, sondern es ist nur dem Geber das Recht eingeräumt, die an sich gültige Schenkung zu entkräften. Donellus nimmt an, jede Schenkung enthalte den stillschweigenden Vertrag, daß der Empfänger die Undankbarkeit meiden solle; bey Verletzung dieses Vertrags gelte die condictio ob causam datorum (a). Diese Annahme ist aber gezwungen und will- kührlich, da in der Wirklichkeit fast Niemand zur Zeit der Schenkung an ein solches künftiges Misverhältniß denken wird; wo zu solchen Gedanken Grund ist, werden eher andere Formen, als die der Schenkung, gewählt werden. -- Niemand zweifelt, daß aus der Natur der Schenkung diese Art des Widerrufs durchaus nicht abgeleitet werden könne, und daß wir ihn gar nicht zulassen würden, wenn nicht ein bestimmtes Gesetz von Justinian ihn eingeführt hätte; daher habe ich kein Bedenken, die Klage eine con- dictio ex lege zu nennen. Das Recht zu dieser Klage hat nur der Geber selbst, (a) Donellus XIV. 31 § 7--14.
§. 169. Schenkung. Einſchränkungen. 3. Widerruf. (Fortſ.) kann, ſondern nur von einem perſönlichen Anſpruch aufRückgabe des Geſchenks. Daher kann zu dieſem Zweck niemals eine Vindication gebraucht werden, ſondern nur eine perſönliche Klage. Bey der Schenkung in der Ehe galt eine condictio sine causa oder ex injusta causa (§ 163. h), und eben ſo im Fall der verſäumten Inſinua- tion; denn in beiden Fällen ſtand die factiſch vorhandene donationis causa im Widerſpruch mit abſoluten Rechtsre- geln. Ein ſolcher Widerſpruch iſt hier nicht vorhanden, ſondern es iſt nur dem Geber das Recht eingeräumt, die an ſich gültige Schenkung zu entkräften. Donellus nimmt an, jede Schenkung enthalte den ſtillſchweigenden Vertrag, daß der Empfänger die Undankbarkeit meiden ſolle; bey Verletzung dieſes Vertrags gelte die condictio ob causam datorum (a). Dieſe Annahme iſt aber gezwungen und will- kührlich, da in der Wirklichkeit faſt Niemand zur Zeit der Schenkung an ein ſolches künftiges Misverhältniß denken wird; wo zu ſolchen Gedanken Grund iſt, werden eher andere Formen, als die der Schenkung, gewählt werden. — Niemand zweifelt, daß aus der Natur der Schenkung dieſe Art des Widerrufs durchaus nicht abgeleitet werden könne, und daß wir ihn gar nicht zulaſſen würden, wenn nicht ein beſtimmtes Geſetz von Juſtinian ihn eingeführt hätte; daher habe ich kein Bedenken, die Klage eine con- dictio ex lege zu nennen. Das Recht zu dieſer Klage hat nur der Geber ſelbſt, (a) Donellus XIV. 31 § 7—14.
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§. 169. Schenkung. Einſchränkungen. 3. Widerruf. (Fortſ.)
kann, ſondern nur von einem perſönlichen Anſpruch auf
Rückgabe des Geſchenks. Daher kann zu dieſem Zweck
niemals eine Vindication gebraucht werden, ſondern nur
eine perſönliche Klage. Bey der Schenkung in der Ehe
galt eine condictio sine causa oder ex injusta causa
(§ 163. h), und eben ſo im Fall der verſäumten Inſinua-
tion; denn in beiden Fällen ſtand die factiſch vorhandene
donationis causa im Widerſpruch mit abſoluten Rechtsre-
geln. Ein ſolcher Widerſpruch iſt hier nicht vorhanden,
ſondern es iſt nur dem Geber das Recht eingeräumt, die
an ſich gültige Schenkung zu entkräften. Donellus nimmt
an, jede Schenkung enthalte den ſtillſchweigenden Vertrag,
daß der Empfänger die Undankbarkeit meiden ſolle; bey
Verletzung dieſes Vertrags gelte die condictio ob causam
datorum (a). Dieſe Annahme iſt aber gezwungen und will-
kührlich, da in der Wirklichkeit faſt Niemand zur Zeit der
Schenkung an ein ſolches künftiges Misverhältniß denken
wird; wo zu ſolchen Gedanken Grund iſt, werden eher
andere Formen, als die der Schenkung, gewählt werden.
— Niemand zweifelt, daß aus der Natur der Schenkung
dieſe Art des Widerrufs durchaus nicht abgeleitet werden
könne, und daß wir ihn gar nicht zulaſſen würden, wenn
nicht ein beſtimmtes Geſetz von Juſtinian ihn eingeführt
hätte; daher habe ich kein Bedenken, die Klage eine con-
dictio ex lege zu nennen.
Das Recht zu dieſer Klage hat nur der Geber ſelbſt,
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