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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
also auch für jenen, die Tageszeit meist gar nicht aus-
zumitteln seyn. -- Diese Schwierigkeit wird noch ver-
mehrt durch die wechselnde Länge der Tage und Stunden
(§ 180), welche selbst neben den vollkommensten Uhren noch
immer eine künstliche Reduction nöthig macht. -- In weit
höherem Grade aber wurde sie bey den Römern vermehrt
durch ihre von der unsrigen ganz abweichende Einrichtung
der Stunden (§ 180) (x).

Wenn wir uns das vereinigte Gewicht dieser Umstände
anschaulich machen, so muß es einleuchten, daß ein ge-
naues Zusammenfallen des juristischen Endpunks mit dem
mathematischen zu bewirken in den meisten Fällen kaum
möglich ist, daß wir uns vielmehr für die wirkliche An-
wendung mit einer annäherndern Genauigkeit begnügen
müssen. Wollten wir nun bey diesem blos negativen Re-
sultat stehen bleiben, so würde das nicht unbedenklich seyn;
denn auf der einen Seite könnte die zugegebene Ungenauig-
keit zu Übertreibung und Misbrauch verleiten, auf der an-
dern Seite aber würde der stets wiederkehrende Versuch,
im einzelnen Fall jene Schwierigkeiten zu überwinden, zu
einer Verschwendung von Kräften führen, die ganz außer

(x) Diese letzte Schwierigkeit
verschwindet bey den in ganzen
Jahren bestehenden Zeiträumen
(wie bey der Usucapion), sie fin-
det sich aber bey den im R. R.
vorkommenden Zeiträumen von
60 oder 100 Tagen, von Drey
oder Sechs Monaten u. s. w., ja
sie war hier fast unübersteiglich
zu nennen. Denn sie konnte nur
beseitigt werden durch so künstli-
che Reductionstabellen, wie sie bey
den Römern schwerlich hätten ent-
stehen, gewiß aber niemals in
allgemeine Anwendung kommen
können.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
alſo auch für jenen, die Tageszeit meiſt gar nicht aus-
zumitteln ſeyn. — Dieſe Schwierigkeit wird noch ver-
mehrt durch die wechſelnde Länge der Tage und Stunden
(§ 180), welche ſelbſt neben den vollkommenſten Uhren noch
immer eine künſtliche Reduction nöthig macht. — In weit
höherem Grade aber wurde ſie bey den Römern vermehrt
durch ihre von der unſrigen ganz abweichende Einrichtung
der Stunden (§ 180) (x).

Wenn wir uns das vereinigte Gewicht dieſer Umſtände
anſchaulich machen, ſo muß es einleuchten, daß ein ge-
naues Zuſammenfallen des juriſtiſchen Endpunks mit dem
mathematiſchen zu bewirken in den meiſten Fällen kaum
möglich iſt, daß wir uns vielmehr für die wirkliche An-
wendung mit einer annäherndern Genauigkeit begnügen
müſſen. Wollten wir nun bey dieſem blos negativen Re-
ſultat ſtehen bleiben, ſo würde das nicht unbedenklich ſeyn;
denn auf der einen Seite könnte die zugegebene Ungenauig-
keit zu Übertreibung und Misbrauch verleiten, auf der an-
dern Seite aber würde der ſtets wiederkehrende Verſuch,
im einzelnen Fall jene Schwierigkeiten zu überwinden, zu
einer Verſchwendung von Kräften führen, die ganz außer

(x) Dieſe letzte Schwierigkeit
verſchwindet bey den in ganzen
Jahren beſtehenden Zeiträumen
(wie bey der Uſucapion), ſie fin-
det ſich aber bey den im R. R.
vorkommenden Zeiträumen von
60 oder 100 Tagen, von Drey
oder Sechs Monaten u. ſ. w., ja
ſie war hier faſt unüberſteiglich
zu nennen. Denn ſie konnte nur
beſeitigt werden durch ſo künſtli-
che Reductionstabellen, wie ſie bey
den Römern ſchwerlich hätten ent-
ſtehen, gewiß aber niemals in
allgemeine Anwendung kommen
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[346/0360] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. alſo auch für jenen, die Tageszeit meiſt gar nicht aus- zumitteln ſeyn. — Dieſe Schwierigkeit wird noch ver- mehrt durch die wechſelnde Länge der Tage und Stunden (§ 180), welche ſelbſt neben den vollkommenſten Uhren noch immer eine künſtliche Reduction nöthig macht. — In weit höherem Grade aber wurde ſie bey den Römern vermehrt durch ihre von der unſrigen ganz abweichende Einrichtung der Stunden (§ 180) (x). Wenn wir uns das vereinigte Gewicht dieſer Umſtände anſchaulich machen, ſo muß es einleuchten, daß ein ge- naues Zuſammenfallen des juriſtiſchen Endpunks mit dem mathematiſchen zu bewirken in den meiſten Fällen kaum möglich iſt, daß wir uns vielmehr für die wirkliche An- wendung mit einer annäherndern Genauigkeit begnügen müſſen. Wollten wir nun bey dieſem blos negativen Re- ſultat ſtehen bleiben, ſo würde das nicht unbedenklich ſeyn; denn auf der einen Seite könnte die zugegebene Ungenauig- keit zu Übertreibung und Misbrauch verleiten, auf der an- dern Seite aber würde der ſtets wiederkehrende Verſuch, im einzelnen Fall jene Schwierigkeiten zu überwinden, zu einer Verſchwendung von Kräften führen, die ganz außer (x) Dieſe letzte Schwierigkeit verſchwindet bey den in ganzen Jahren beſtehenden Zeiträumen (wie bey der Uſucapion), ſie fin- det ſich aber bey den im R. R. vorkommenden Zeiträumen von 60 oder 100 Tagen, von Drey oder Sechs Monaten u. ſ. w., ja ſie war hier faſt unüberſteiglich zu nennen. Denn ſie konnte nur beſeitigt werden durch ſo künſtli- che Reductionstabellen, wie ſie bey den Römern ſchwerlich hätten ent- ſtehen, gewiß aber niemals in allgemeine Anwendung kommen können.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/360>, abgerufen am 23.11.2024.