führte der Name naturalis computatio unvermerkt dahin, diese Rechnungsart als die regelmäßige anzusehen, die überall eintreten müsse, wo nicht eine Ausnahme besonders nachgewiesen werden könne. Alle diese Ansichten also hat- ten sich auf die angegebene unkritische Weise vor aller Untersuchung festgesetzt, und so konnte eine unbefangene Auslegung der entscheidenden Stellen, worauf am Ende Alles ankommt, kaum erwartet werden.
Der hier angegebene ächte Kunstausdruck ist auch noch in folgender Beziehung von Wichtigkeit. Offenbar wird hier der Ausdruck non a momento völlig gleichbedeutend gebraucht mit civiliter. Dieses aber deutet darauf hin, daß der Begriff des civiliter durch die bloße Negation der Momentenrechnung erschöpft wird. Schon daraus folgt aber, daß die civile Berechnung nur auf die nächst- liegende Mitternacht führen kann, nicht auf eine entfern- tere, weil die Annahme dieser letzteren über die Negation des momentum weit hinaus gehen würde.
Diese Betrachtungen können über die hier vorkommen- den Fragen nicht entscheiden, sondern nur die Entscheidung vorbereiten, welche selbst aus einer sorgfältigen Betrach- tung der diesen Gegenstand betreffenden Stellen des Rö- mischen Rechts hervorgehen muß. Damit aber deren Aus- legung eine kritische Grundlage erhalte, muß noch die Er- örterung von zwey wesentlichen Vorfragen unternommen werden. In mehreren, und gerade den wichtigsten Stellen
§. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung.
führte der Name naturalis computatio unvermerkt dahin, dieſe Rechnungsart als die regelmäßige anzuſehen, die überall eintreten müſſe, wo nicht eine Ausnahme beſonders nachgewieſen werden könne. Alle dieſe Anſichten alſo hat- ten ſich auf die angegebene unkritiſche Weiſe vor aller Unterſuchung feſtgeſetzt, und ſo konnte eine unbefangene Auslegung der entſcheidenden Stellen, worauf am Ende Alles ankommt, kaum erwartet werden.
Der hier angegebene ächte Kunſtausdruck iſt auch noch in folgender Beziehung von Wichtigkeit. Offenbar wird hier der Ausdruck non a momento völlig gleichbedeutend gebraucht mit civiliter. Dieſes aber deutet darauf hin, daß der Begriff des civiliter durch die bloße Negation der Momentenrechnung erſchoͤpft wird. Schon daraus folgt aber, daß die civile Berechnung nur auf die nächſt- liegende Mitternacht führen kann, nicht auf eine entfern- tere, weil die Annahme dieſer letzteren über die Negation des momentum weit hinaus gehen würde.
Dieſe Betrachtungen können über die hier vorkommen- den Fragen nicht entſcheiden, ſondern nur die Entſcheidung vorbereiten, welche ſelbſt aus einer ſorgfältigen Betrach- tung der dieſen Gegenſtand betreffenden Stellen des Rö- miſchen Rechts hervorgehen muß. Damit aber deren Aus- legung eine kritiſche Grundlage erhalte, muß noch die Er- örterung von zwey weſentlichen Vorfragen unternommen werden. In mehreren, und gerade den wichtigſten Stellen
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§. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung.
führte der Name naturalis computatio unvermerkt dahin,
dieſe Rechnungsart als die regelmäßige anzuſehen, die
überall eintreten müſſe, wo nicht eine Ausnahme beſonders
nachgewieſen werden könne. Alle dieſe Anſichten alſo hat-
ten ſich auf die angegebene unkritiſche Weiſe vor aller
Unterſuchung feſtgeſetzt, und ſo konnte eine unbefangene
Auslegung der entſcheidenden Stellen, worauf am Ende
Alles ankommt, kaum erwartet werden.
Der hier angegebene ächte Kunſtausdruck iſt auch noch
in folgender Beziehung von Wichtigkeit. Offenbar wird
hier der Ausdruck non a momento völlig gleichbedeutend
gebraucht mit civiliter. Dieſes aber deutet darauf hin,
daß der Begriff des civiliter durch die bloße Negation
der Momentenrechnung erſchoͤpft wird. Schon daraus
folgt aber, daß die civile Berechnung nur auf die nächſt-
liegende Mitternacht führen kann, nicht auf eine entfern-
tere, weil die Annahme dieſer letzteren über die Negation
des momentum weit hinaus gehen würde.
Dieſe Betrachtungen können über die hier vorkommen-
den Fragen nicht entſcheiden, ſondern nur die Entſcheidung
vorbereiten, welche ſelbſt aus einer ſorgfältigen Betrach-
tung der dieſen Gegenſtand betreffenden Stellen des Rö-
miſchen Rechts hervorgehen muß. Damit aber deren Aus-
legung eine kritiſche Grundlage erhalte, muß noch die Er-
örterung von zwey weſentlichen Vorfragen unternommen
werden. In mehreren, und gerade den wichtigſten Stellen
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/371>, abgerufen am 24.11.2024.
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