Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
man es nöthig, die regelmäßigen Gerichtstage zu vermeh-
ren; August legte 30 Tage hinzu, und M. Aurel brachte
die Gesammtzahl auf 230 (ii); ohnehin waren unter den
Kaisern die alten Comitialtage bald ganz disponibel ge-
worden. Im J. 389 wurden die Gerichtstage, mit Rück-
sicht auf die Einrichtungen der christlichen Kirche, neu
geordnet, und nun betrug die Gesammtzahl etwa 240 (kk).
Durch die Beachtung dieses Hindernisses der Rechtsverfol-
gung, des regelmäßigsten und daher wichtigsten unter allen,
wird daher der utilis annus auf etwa anderthalb Jahre
erweitert.

Diese letzte Art des Hindernisses, wodurch das utile
tempus
anwendbar werden konnte, war wichtiger als alle
übrigen; denn diese beruhten doch nur auf zufälligen, zum
Theil sehr seltenen Ereignissen: jenes kam regelmäßig und
in so bedeutender Ausdehnung vor, daß dadurch etwa der
dritte Theil jedes Jahres absorbirt wurde. Ja es ist nicht
unwahrscheinlich, daß Dieses allein zur Ausbildung des utile
tempus
Anlaß gegeben hat, und daß daneben die übrigen
Fälle der Verhinderung nur gelegentlich, und der Conse-
quenz wegen, mit hinzu gezogen wurden. Um so mehr
muß gleich hier bemerkt werden, daß dieses letzte, für die
Römer wichtigste, Hinderniß aus unsrem heutigen Rechte
verschwunden ist. Nach unsren Einrichtungen kann eine

(ii) Sueton. Octavianus C. 32.
Capitolin. Marcus C.
10.
(kk) L. 19 C. Th. de feriis
(2. 8); in früheren Ausgaben ist
es L. 2.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
man es nöthig, die regelmäßigen Gerichtstage zu vermeh-
ren; Auguſt legte 30 Tage hinzu, und M. Aurel brachte
die Geſammtzahl auf 230 (ii); ohnehin waren unter den
Kaiſern die alten Comitialtage bald ganz disponibel ge-
worden. Im J. 389 wurden die Gerichtstage, mit Rück-
ſicht auf die Einrichtungen der chriſtlichen Kirche, neu
geordnet, und nun betrug die Geſammtzahl etwa 240 (kk).
Durch die Beachtung dieſes Hinderniſſes der Rechtsverfol-
gung, des regelmäßigſten und daher wichtigſten unter allen,
wird daher der utilis annus auf etwa anderthalb Jahre
erweitert.

Dieſe letzte Art des Hinderniſſes, wodurch das utile
tempus
anwendbar werden konnte, war wichtiger als alle
übrigen; denn dieſe beruhten doch nur auf zufälligen, zum
Theil ſehr ſeltenen Ereigniſſen: jenes kam regelmäßig und
in ſo bedeutender Ausdehnung vor, daß dadurch etwa der
dritte Theil jedes Jahres abſorbirt wurde. Ja es iſt nicht
unwahrſcheinlich, daß Dieſes allein zur Ausbildung des utile
tempus
Anlaß gegeben hat, und daß daneben die übrigen
Fälle der Verhinderung nur gelegentlich, und der Conſe-
quenz wegen, mit hinzu gezogen wurden. Um ſo mehr
muß gleich hier bemerkt werden, daß dieſes letzte, für die
Römer wichtigſte, Hinderniß aus unſrem heutigen Rechte
verſchwunden iſt. Nach unſren Einrichtungen kann eine

(ii) Sueton. Octavianus C. 32.
Capitolin. Marcus C.
10.
(kk) L. 19 C. Th. de feriis
(2. 8); in früheren Ausgaben iſt
es L. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0446" n="432"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
man es nöthig, die regelmäßigen Gerichtstage zu vermeh-<lb/>
ren; Augu&#x017F;t legte 30 Tage hinzu, und M. Aurel brachte<lb/>
die Ge&#x017F;ammtzahl auf 230 <note place="foot" n="(ii)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Sueton.</hi> Octavianus C. 32.<lb/><hi rendition="#k">Capitolin.</hi> Marcus C.</hi> 10.</note>; ohnehin waren unter den<lb/>
Kai&#x017F;ern die alten Comitialtage bald ganz disponibel ge-<lb/>
worden. Im J. 389 wurden die Gerichtstage, mit Rück-<lb/>
&#x017F;icht auf die Einrichtungen der chri&#x017F;tlichen Kirche, neu<lb/>
geordnet, und nun betrug die Ge&#x017F;ammtzahl etwa 240 <note place="foot" n="(kk)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 19 <hi rendition="#i">C. Th. de feriis</hi></hi><lb/>
(2. 8); in früheren Ausgaben i&#x017F;t<lb/>
es <hi rendition="#aq">L.</hi> 2.</note>.<lb/>
Durch die Beachtung die&#x017F;es Hinderni&#x017F;&#x017F;es der Rechtsverfol-<lb/>
gung, des regelmäßig&#x017F;ten und daher wichtig&#x017F;ten unter allen,<lb/>
wird daher der <hi rendition="#aq">utilis annus</hi> auf etwa anderthalb Jahre<lb/>
erweitert.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e letzte Art des Hinderni&#x017F;&#x017F;es, wodurch das <hi rendition="#aq">utile<lb/>
tempus</hi> anwendbar werden konnte, war wichtiger als alle<lb/>
übrigen; denn die&#x017F;e beruhten doch nur auf zufälligen, zum<lb/>
Theil &#x017F;ehr &#x017F;eltenen Ereigni&#x017F;&#x017F;en: jenes kam regelmäßig und<lb/>
in &#x017F;o bedeutender Ausdehnung vor, daß dadurch etwa der<lb/>
dritte Theil jedes Jahres ab&#x017F;orbirt wurde. Ja es i&#x017F;t nicht<lb/>
unwahr&#x017F;cheinlich, daß Die&#x017F;es allein zur Ausbildung des <hi rendition="#aq">utile<lb/>
tempus</hi> Anlaß gegeben hat, und daß daneben die übrigen<lb/>
Fälle der Verhinderung nur gelegentlich, und der Con&#x017F;e-<lb/>
quenz wegen, mit hinzu gezogen wurden. Um &#x017F;o mehr<lb/>
muß gleich hier bemerkt werden, daß die&#x017F;es letzte, für die<lb/>
Römer wichtig&#x017F;te, Hinderniß aus un&#x017F;rem heutigen Rechte<lb/>
ver&#x017F;chwunden i&#x017F;t. Nach un&#x017F;ren Einrichtungen kann eine<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[432/0446] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. man es nöthig, die regelmäßigen Gerichtstage zu vermeh- ren; Auguſt legte 30 Tage hinzu, und M. Aurel brachte die Geſammtzahl auf 230 (ii); ohnehin waren unter den Kaiſern die alten Comitialtage bald ganz disponibel ge- worden. Im J. 389 wurden die Gerichtstage, mit Rück- ſicht auf die Einrichtungen der chriſtlichen Kirche, neu geordnet, und nun betrug die Geſammtzahl etwa 240 (kk). Durch die Beachtung dieſes Hinderniſſes der Rechtsverfol- gung, des regelmäßigſten und daher wichtigſten unter allen, wird daher der utilis annus auf etwa anderthalb Jahre erweitert. Dieſe letzte Art des Hinderniſſes, wodurch das utile tempus anwendbar werden konnte, war wichtiger als alle übrigen; denn dieſe beruhten doch nur auf zufälligen, zum Theil ſehr ſeltenen Ereigniſſen: jenes kam regelmäßig und in ſo bedeutender Ausdehnung vor, daß dadurch etwa der dritte Theil jedes Jahres abſorbirt wurde. Ja es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß Dieſes allein zur Ausbildung des utile tempus Anlaß gegeben hat, und daß daneben die übrigen Fälle der Verhinderung nur gelegentlich, und der Conſe- quenz wegen, mit hinzu gezogen wurden. Um ſo mehr muß gleich hier bemerkt werden, daß dieſes letzte, für die Römer wichtigſte, Hinderniß aus unſrem heutigen Rechte verſchwunden iſt. Nach unſren Einrichtungen kann eine (ii) Sueton. Octavianus C. 32. Capitolin. Marcus C. 10. (kk) L. 19 C. Th. de feriis (2. 8); in früheren Ausgaben iſt es L. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/446
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/446>, abgerufen am 22.11.2024.