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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 191. Zeit. 4. Utile tempus. (Fortsetzung.)
geln an, deren eine auf jedes Rechtsverhältniß, worin von
einem Zeitraum die Rede sey, nothwendig angewendet wer-
den müsse:

1) utile tempus utraque ratione.
2) utile ratione initii, continuum ratione cursus.
3) continuum ratione initii, utile ratione cursus.
4) continuum utraque ratione.

In der Bildung und Bezeichnung dieser Begriffe herrscht
große Übereinstimmung, und nur darüber wird eigentlich
gestritten, ob alle diese Combinationen, oder nur einige
derselben, in einzelnen Rechtsverhältnissen wirklich durch
unsre Rechtsquellen anerkannt seyen (f).

Daß nun die hier angewendete Terminologie nicht in
unsren Quellen vorkommt, ist noch der geringste Vorwurf,
der sie trifft, obgleich dieser Umstand wohl geeignet war,
Zweifel und Prüfung zu erregen (g); schlimmer ist es, daß
jene Ausdrücke etwas ganz Anderes sagen, als was in
der That von den Schriftstellern, welche sie brauchen, ge-
meynt ist. Wollte man dieselben in ihrem wahren Sinn
anwenden, so müßte es z. B. einen Unterschied machen,
ob ein Klagberechtigter zur Zeit der Entstehung seines

(f) Thibaut I. § 97 (Braun
Erörterungen S. 151.) behauptet,
der Fall welcher hier im Text un-
ter Num. 3 bezeichnet ist, komme
bey keinem Rechtsverhältniß vor.
(g) Bey den alten Juristen ist
sehr oft die Rede davon, ob in
einem gegebenen Fall utile oder
continuum tempus gelte, aber
stets werden diese Ausdrücke als
absolute Bezeichnungen einfacher
Begriffe gebraucht, ohne Hindeu-
tung auf ein halbes utile oder
ein halbes continuum. Als eine
solche Hindeutung darf insbeson-
dere nicht verstanden werden das
ad aliquid utiles, s. o. § 189.
l und bb.

§. 191. Zeit. 4. Utile tempus. (Fortſetzung.)
geln an, deren eine auf jedes Rechtsverhältniß, worin von
einem Zeitraum die Rede ſey, nothwendig angewendet wer-
den müſſe:

1) utile tempus utraque ratione.
2) utile ratione initii, continuum ratione cursus.
3) continuum ratione initii, utile ratione cursus.
4) continuum utraque ratione.

In der Bildung und Bezeichnung dieſer Begriffe herrſcht
große Übereinſtimmung, und nur darüber wird eigentlich
geſtritten, ob alle dieſe Combinationen, oder nur einige
derſelben, in einzelnen Rechtsverhältniſſen wirklich durch
unſre Rechtsquellen anerkannt ſeyen (f).

Daß nun die hier angewendete Terminologie nicht in
unſren Quellen vorkommt, iſt noch der geringſte Vorwurf,
der ſie trifft, obgleich dieſer Umſtand wohl geeignet war,
Zweifel und Prüfung zu erregen (g); ſchlimmer iſt es, daß
jene Ausdrücke etwas ganz Anderes ſagen, als was in
der That von den Schriftſtellern, welche ſie brauchen, ge-
meynt iſt. Wollte man dieſelben in ihrem wahren Sinn
anwenden, ſo müßte es z. B. einen Unterſchied machen,
ob ein Klagberechtigter zur Zeit der Entſtehung ſeines

(f) Thibaut I. § 97 (Braun
Erörterungen S. 151.) behauptet,
der Fall welcher hier im Text un-
ter Num. 3 bezeichnet iſt, komme
bey keinem Rechtsverhältniß vor.
(g) Bey den alten Juriſten iſt
ſehr oft die Rede davon, ob in
einem gegebenen Fall utile oder
continuum tempus gelte, aber
ſtets werden dieſe Ausdrücke als
abſolute Bezeichnungen einfacher
Begriffe gebraucht, ohne Hindeu-
tung auf ein halbes utile oder
ein halbes continuum. Als eine
ſolche Hindeutung darf insbeſon-
dere nicht verſtanden werden das
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l und bb.
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[447/0461] §. 191. Zeit. 4. Utile tempus. (Fortſetzung.) geln an, deren eine auf jedes Rechtsverhältniß, worin von einem Zeitraum die Rede ſey, nothwendig angewendet wer- den müſſe: 1) utile tempus utraque ratione. 2) utile ratione initii, continuum ratione cursus. 3) continuum ratione initii, utile ratione cursus. 4) continuum utraque ratione. In der Bildung und Bezeichnung dieſer Begriffe herrſcht große Übereinſtimmung, und nur darüber wird eigentlich geſtritten, ob alle dieſe Combinationen, oder nur einige derſelben, in einzelnen Rechtsverhältniſſen wirklich durch unſre Rechtsquellen anerkannt ſeyen (f). Daß nun die hier angewendete Terminologie nicht in unſren Quellen vorkommt, iſt noch der geringſte Vorwurf, der ſie trifft, obgleich dieſer Umſtand wohl geeignet war, Zweifel und Prüfung zu erregen (g); ſchlimmer iſt es, daß jene Ausdrücke etwas ganz Anderes ſagen, als was in der That von den Schriftſtellern, welche ſie brauchen, ge- meynt iſt. Wollte man dieſelben in ihrem wahren Sinn anwenden, ſo müßte es z. B. einen Unterſchied machen, ob ein Klagberechtigter zur Zeit der Entſtehung ſeines (f) Thibaut I. § 97 (Braun Erörterungen S. 151.) behauptet, der Fall welcher hier im Text un- ter Num. 3 bezeichnet iſt, komme bey keinem Rechtsverhältniß vor. (g) Bey den alten Juriſten iſt ſehr oft die Rede davon, ob in einem gegebenen Fall utile oder continuum tempus gelte, aber ſtets werden dieſe Ausdrücke als abſolute Bezeichnungen einfacher Begriffe gebraucht, ohne Hindeu- tung auf ein halbes utile oder ein halbes continuum. Als eine ſolche Hindeutung darf insbeſon- dere nicht verſtanden werden das ad aliquid utiles, ſ. o. § 189. l und bb.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/461>, abgerufen am 16.07.2024.