auf veränderte Anwendung von Rechtsregeln beygelegt werden. Da nämlich die alte und neue Bezeichnung der Tage viele Jahrhunderte lang neben einander angewendet wurden (§ 180), so müßte man, nach der Meynung der Gegner, annehmen, Diejenigen, welche nach Kalenden und Idus datirten, hätten einen andern Schalttag gehabt, als Die, welche schon unsre Weise angenommen hatten; jene den 24., diese den 29. Februar. Jenen aber müßten noch Die zugezählt werden, welche sich der Heiligentage für das Datum bedienten. Etwas so Unausführbares wird aber Niemand behaupten wollen.
Der eigentliche Grund, der für jene irrige Meynung zu sprechen scheint, liegt in der kleinen Unbequemlichkeit, die aus der Combination des Schalttags mit unsrer Art die Tage zu zählen hervorgeht, und in den Irrungen, die hierdurch veranlaßt werden können. Diese Rücksicht könnte höchstens einen Gesetzgeber bestimmen, den Schalttag zu verlegen, die Rechtsgelehrten sind dazu gewiß nicht be- fugt; aber auch für den Gesetzgeber würde eine solche Än- derung des Kalenders, dessen Festigkeit und allgemeine Gleichförmigkeit wichtiger ist, als die hier erwähnte Schwie- rigkeit, nicht räthlich seyn. Diese Schwierigkeit ist durch eine mäßige Aufmerksamkeit wohl zu überwinden; wollte man aber ein besonderes Gewicht darauf legen, so gäbe es ein sehr einfaches Mittel sie zu beseitigen, ohne den ei- gentlichen, nun schon weit über 1800 Jahre bestehenden, Kalender zu berühren. Man brauchte nur in einem Schalt-
§. 192. Zeit. 5. Schalttag.
auf veränderte Anwendung von Rechtsregeln beygelegt werden. Da nämlich die alte und neue Bezeichnung der Tage viele Jahrhunderte lang neben einander angewendet wurden (§ 180), ſo müßte man, nach der Meynung der Gegner, annehmen, Diejenigen, welche nach Kalenden und Idus datirten, hätten einen andern Schalttag gehabt, als Die, welche ſchon unſre Weiſe angenommen hatten; jene den 24., dieſe den 29. Februar. Jenen aber müßten noch Die zugezählt werden, welche ſich der Heiligentage für das Datum bedienten. Etwas ſo Unausführbares wird aber Niemand behaupten wollen.
Der eigentliche Grund, der für jene irrige Meynung zu ſprechen ſcheint, liegt in der kleinen Unbequemlichkeit, die aus der Combination des Schalttags mit unſrer Art die Tage zu zählen hervorgeht, und in den Irrungen, die hierdurch veranlaßt werden können. Dieſe Rückſicht könnte höchſtens einen Geſetzgeber beſtimmen, den Schalttag zu verlegen, die Rechtsgelehrten ſind dazu gewiß nicht be- fugt; aber auch für den Geſetzgeber würde eine ſolche Än- derung des Kalenders, deſſen Feſtigkeit und allgemeine Gleichförmigkeit wichtiger iſt, als die hier erwähnte Schwie- rigkeit, nicht räthlich ſeyn. Dieſe Schwierigkeit iſt durch eine mäßige Aufmerkſamkeit wohl zu überwinden; wollte man aber ein beſonderes Gewicht darauf legen, ſo gäbe es ein ſehr einfaches Mittel ſie zu beſeitigen, ohne den ei- gentlichen, nun ſchon weit über 1800 Jahre beſtehenden, Kalender zu berühren. Man brauchte nur in einem Schalt-
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§. 192. Zeit. 5. Schalttag.
auf veränderte Anwendung von Rechtsregeln beygelegt
werden. Da nämlich die alte und neue Bezeichnung der
Tage viele Jahrhunderte lang neben einander angewendet
wurden (§ 180), ſo müßte man, nach der Meynung der
Gegner, annehmen, Diejenigen, welche nach Kalenden und
Idus datirten, hätten einen andern Schalttag gehabt, als
Die, welche ſchon unſre Weiſe angenommen hatten; jene
den 24., dieſe den 29. Februar. Jenen aber müßten noch
Die zugezählt werden, welche ſich der Heiligentage für
das Datum bedienten. Etwas ſo Unausführbares wird
aber Niemand behaupten wollen.
Der eigentliche Grund, der für jene irrige Meynung
zu ſprechen ſcheint, liegt in der kleinen Unbequemlichkeit,
die aus der Combination des Schalttags mit unſrer Art
die Tage zu zählen hervorgeht, und in den Irrungen, die
hierdurch veranlaßt werden können. Dieſe Rückſicht könnte
höchſtens einen Geſetzgeber beſtimmen, den Schalttag zu
verlegen, die Rechtsgelehrten ſind dazu gewiß nicht be-
fugt; aber auch für den Geſetzgeber würde eine ſolche Än-
derung des Kalenders, deſſen Feſtigkeit und allgemeine
Gleichförmigkeit wichtiger iſt, als die hier erwähnte Schwie-
rigkeit, nicht räthlich ſeyn. Dieſe Schwierigkeit iſt durch
eine mäßige Aufmerkſamkeit wohl zu überwinden; wollte
man aber ein beſonderes Gewicht darauf legen, ſo gäbe
es ein ſehr einfaches Mittel ſie zu beſeitigen, ohne den ei-
gentlichen, nun ſchon weit über 1800 Jahre beſtehenden,
Kalender zu berühren. Man brauchte nur in einem Schalt-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/473>, abgerufen am 22.11.2024.
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