Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. Luxus und Bequemlichkeit zu genießen bekommt, ohne da-durch reicher zu werden (c). Wird umgekehrt eine Woh- nung von 500 unentgeldlich einem Bewohner überlassen, der stets 800 an Miethgeld ausgab, so sind wieder nur 500 geschenkt, da der Eigenthümer nur diese aufopfert; die übrigen 300 erspart der Bewohner zwar auch, aber nicht durch die Freygebigkeit des Eigenthümers, sondern durch Entbehrungen, denen er sich unterwirft. -- Diese Art der Schenkung wird übrigens in vielen Fällen die An- wendung der positiven Regeln gar nicht veranlassen. Von der Insinuation wird dabey die Rede seyn, nur wenn durch Vertrag auf bestimmte künftige Zeit die Wohnung über- lassen wird, weil sich dann die Schenkung sogleich auf eine bestimmte Geldsumme zurückführen läßt; fehlt ein sol- cher Vertrag, so löst sich das Ganze in viele einzelne Schenkungen auf, und die Insinuation ist nicht anwend- (c) Auf diese Gestalt des Falls
geht, in einem ganz ähnlichen Rechtsverhältniß, L. 65 § 7 de cond. ind. (12. 6.). "Sic habi- tatione data, pecuniam condi- cam: non quidem quanti lo- care potui, sed quanti tu con- ducturus fuisses" (nämlich wenn dieses Letzte weniger beträgt als das Erste). Wie durch den sol- vendi animus im Fall des Irr- thums die Anwendung der con- dictio begründet wird, so durch den donandi animus die Anwen- dung der positiven Regeln der Schenkung. Beide Anwendungen sind bedingt durch Veräußerung, d. h. durch übereinstimmendes Ge- ben und Empfangen, und darum beweist die angeführte Stelle auch hier. -- Ganz auf denselben An- sichten beruht auch L. 25 § 16 de her. pet. (5. 3.). Der redliche Besitzer einer Erbschaft soll nur herausgeben, was er lucrirt hat; sind Vorräthe der Erbschaft ver- zehrt worden, so ersetzt er nur, was er außerdem aus eigenem Vermögen angeschafft hätte, also nun erspart hat. "Et verius est, ut ex suo patrimonio decedant ea, quae, etsi non heres fuis- set, erogasset." Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Luxus und Bequemlichkeit zu genießen bekommt, ohne da-durch reicher zu werden (c). Wird umgekehrt eine Woh- nung von 500 unentgeldlich einem Bewohner überlaſſen, der ſtets 800 an Miethgeld ausgab, ſo ſind wieder nur 500 geſchenkt, da der Eigenthümer nur dieſe aufopfert; die übrigen 300 erſpart der Bewohner zwar auch, aber nicht durch die Freygebigkeit des Eigenthümers, ſondern durch Entbehrungen, denen er ſich unterwirft. — Dieſe Art der Schenkung wird übrigens in vielen Fällen die An- wendung der poſitiven Regeln gar nicht veranlaſſen. Von der Inſinuation wird dabey die Rede ſeyn, nur wenn durch Vertrag auf beſtimmte künftige Zeit die Wohnung über- laſſen wird, weil ſich dann die Schenkung ſogleich auf eine beſtimmte Geldſumme zurückführen läßt; fehlt ein ſol- cher Vertrag, ſo löſt ſich das Ganze in viele einzelne Schenkungen auf, und die Inſinuation iſt nicht anwend- (c) Auf dieſe Geſtalt des Falls
geht, in einem ganz ähnlichen Rechtsverhältniß, L. 65 § 7 de cond. ind. (12. 6.). „Sic habi- tatione data, pecuniam condi- cam: non quidem quanti lo- care potui, sed quanti tu con- ducturus fuisses” (nämlich wenn dieſes Letzte weniger beträgt als das Erſte). Wie durch den sol- vendi animus im Fall des Irr- thums die Anwendung der con- dictio begründet wird, ſo durch den donandi animus die Anwen- dung der poſitiven Regeln der Schenkung. Beide Anwendungen ſind bedingt durch Veräußerung, d. h. durch übereinſtimmendes Ge- ben und Empfangen, und darum beweiſt die angeführte Stelle auch hier. — Ganz auf denſelben An- ſichten beruht auch L. 25 § 16 de her. pet. (5. 3.). Der redliche Beſitzer einer Erbſchaft ſoll nur herausgeben, was er lucrirt hat; ſind Vorräthe der Erbſchaft ver- zehrt worden, ſo erſetzt er nur, was er außerdem aus eigenem Vermögen angeſchafft hätte, alſo nun erſpart hat. „Et verius est, ut ex suo patrimonio decedant ea, quae, etsi non heres fuis- set, erogasset.” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0048" n="34"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> Luxus und Bequemlichkeit zu genießen bekommt, ohne da-<lb/> durch reicher zu werden <note place="foot" n="(c)">Auf dieſe Geſtalt des Falls<lb/> geht, in einem ganz ähnlichen<lb/> Rechtsverhältniß, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 65 § 7 <hi rendition="#i">de<lb/> cond. ind.</hi> (12. 6.). „Sic habi-<lb/> tatione data, pecuniam condi-<lb/> cam: <hi rendition="#i">non quidem quanti lo-<lb/> care potui, sed quanti tu con-<lb/> ducturus fuisses</hi>”</hi> (nämlich wenn<lb/> dieſes Letzte weniger beträgt als<lb/> das Erſte). Wie durch den <hi rendition="#aq">sol-<lb/> vendi animus</hi> im Fall des Irr-<lb/> thums die Anwendung der <hi rendition="#aq">con-<lb/> dictio</hi> begründet wird, ſo durch<lb/> den <hi rendition="#aq">donandi animus</hi> die Anwen-<lb/> dung der poſitiven Regeln der<lb/> Schenkung. Beide Anwendungen<lb/> ſind bedingt durch Veräußerung,<lb/> d. h. durch übereinſtimmendes Ge-<lb/> ben und Empfangen, und darum<lb/> beweiſt die angeführte Stelle auch<lb/> hier. — Ganz auf denſelben An-<lb/> ſichten beruht auch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 25 § 16 <hi rendition="#i">de<lb/> her. pet.</hi></hi> (5. 3.). Der redliche<lb/> Beſitzer einer Erbſchaft ſoll nur<lb/> herausgeben, was er lucrirt hat;<lb/> ſind Vorräthe der Erbſchaft ver-<lb/> zehrt worden, ſo erſetzt er nur,<lb/> was er außerdem aus eigenem<lb/> Vermögen angeſchafft hätte, alſo<lb/> nun erſpart hat. <hi rendition="#aq">„Et verius est,<lb/> ut ex suo patrimonio decedant<lb/> ea, quae, etsi non heres fuis-<lb/> set, erogasset.”</hi></note>. Wird umgekehrt eine Woh-<lb/> nung von 500 unentgeldlich einem Bewohner überlaſſen,<lb/> der ſtets 800 an Miethgeld ausgab, ſo ſind wieder nur<lb/> 500 geſchenkt, da der Eigenthümer nur dieſe aufopfert;<lb/> die übrigen 300 erſpart der Bewohner zwar auch, aber<lb/> nicht durch die Freygebigkeit des Eigenthümers, ſondern<lb/> durch Entbehrungen, denen er ſich unterwirft. — Dieſe<lb/> Art der Schenkung wird übrigens in vielen Fällen die An-<lb/> wendung der poſitiven Regeln gar nicht veranlaſſen. Von<lb/> der Inſinuation wird dabey die Rede ſeyn, nur wenn durch<lb/> Vertrag auf beſtimmte künftige Zeit die Wohnung über-<lb/> laſſen wird, weil ſich dann die Schenkung ſogleich auf<lb/> eine beſtimmte Geldſumme zurückführen läßt; fehlt ein ſol-<lb/> cher Vertrag, ſo löſt ſich das Ganze in viele einzelne<lb/> Schenkungen auf, und die Inſinuation iſt nicht anwend-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0048]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Luxus und Bequemlichkeit zu genießen bekommt, ohne da-
durch reicher zu werden (c). Wird umgekehrt eine Woh-
nung von 500 unentgeldlich einem Bewohner überlaſſen,
der ſtets 800 an Miethgeld ausgab, ſo ſind wieder nur
500 geſchenkt, da der Eigenthümer nur dieſe aufopfert;
die übrigen 300 erſpart der Bewohner zwar auch, aber
nicht durch die Freygebigkeit des Eigenthümers, ſondern
durch Entbehrungen, denen er ſich unterwirft. — Dieſe
Art der Schenkung wird übrigens in vielen Fällen die An-
wendung der poſitiven Regeln gar nicht veranlaſſen. Von
der Inſinuation wird dabey die Rede ſeyn, nur wenn durch
Vertrag auf beſtimmte künftige Zeit die Wohnung über-
laſſen wird, weil ſich dann die Schenkung ſogleich auf
eine beſtimmte Geldſumme zurückführen läßt; fehlt ein ſol-
cher Vertrag, ſo löſt ſich das Ganze in viele einzelne
Schenkungen auf, und die Inſinuation iſt nicht anwend-
(c) Auf dieſe Geſtalt des Falls
geht, in einem ganz ähnlichen
Rechtsverhältniß, L. 65 § 7 de
cond. ind. (12. 6.). „Sic habi-
tatione data, pecuniam condi-
cam: non quidem quanti lo-
care potui, sed quanti tu con-
ducturus fuisses” (nämlich wenn
dieſes Letzte weniger beträgt als
das Erſte). Wie durch den sol-
vendi animus im Fall des Irr-
thums die Anwendung der con-
dictio begründet wird, ſo durch
den donandi animus die Anwen-
dung der poſitiven Regeln der
Schenkung. Beide Anwendungen
ſind bedingt durch Veräußerung,
d. h. durch übereinſtimmendes Ge-
ben und Empfangen, und darum
beweiſt die angeführte Stelle auch
hier. — Ganz auf denſelben An-
ſichten beruht auch L. 25 § 16 de
her. pet. (5. 3.). Der redliche
Beſitzer einer Erbſchaft ſoll nur
herausgeben, was er lucrirt hat;
ſind Vorräthe der Erbſchaft ver-
zehrt worden, ſo erſetzt er nur,
was er außerdem aus eigenem
Vermögen angeſchafft hätte, alſo
nun erſpart hat. „Et verius est,
ut ex suo patrimonio decedant
ea, quae, etsi non heres fuis-
set, erogasset.”
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