Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Einfluß der Schenkung auf dritte Personen. herauszuzahlende Geld als Darlehen behalten. Afrikanusnun gab den ersten dieser Sätze zu, als ein benigne re- ceptum, den zweyten verneinte er (e); Ulpian nimmt auch den zweyten an, weil es consequent sey, Dasjenige was der Glaubiger, ohne sichtbares Handeln, durch Zwey ihm gegenüber stehende Personen bewirken könne, auch durch Eine Person geschehen zu lassen (f). -- In beiden Rechts- fragen liegt also vor unsren Augen die allmälige Entwick- lung des constituti possessorii in seinem Einfluß auf an- dere Rechtsgeschäfte. Es kann aber keinen Zweifel ha- ben, daß die neueste und freyeste Entwicklung jenes Rechts- instituts als das eigentliche Resultat, folglich als der letzte Ausspruch der ganzen Gesetzgebung, anzusehen ist (g); mag nun die Aufnahme älterer und beschränkterer Mey- nungen aus einem Versehen der Compilatoren hervorge- (e) L. 34 pr. mandati (17. 1.). (f) L. 15 de reb. cred. (12. 1.). Vergl. oben § 44. s. -- Zu der freyeren Behandlung, bey dem Darlehen, bekennen sich auch L. 11 pr. de reb. cred. (12. 1.), L. 3 § 3 ad Sc. Maced. (14. 6.), L. 8 C. si certum pet. (4. 2.), welche sämmtlich annehmen, ein Darle- hen könne auch durch eine nicht in Geld bestehende (von dem Em- pfänger zu verkaufende) Sache ge- schlossen werden, und durch diese Annahme gleichfalls mit L. 34 pr. mandati (17. 1.) in Widerspruch treten. (g) Man könnte einwenden, Celsus und Julian, die sich zu der freyeren Ansicht bekannten, seyen um Etwas älter als Afri- kanus. Allein in dem Fortschritt der Meynungen lassen sich nie- mals feste Zeitgränzen in der Art annehmen, daß vor und nach den- selben alle Meynungen unter sich übereinstimmend seyn müßten; es bedarf oft einer längeren Zeit, damit die freyere Meynung, An- fangs vertheidigt und angefoch- ten, endlich zu allgemeiner An- erkennung gelange. 38*
Einfluß der Schenkung auf dritte Perſonen. herauszuzahlende Geld als Darlehen behalten. Afrikanusnun gab den erſten dieſer Sätze zu, als ein benigne re- ceptum, den zweyten verneinte er (e); Ulpian nimmt auch den zweyten an, weil es conſequent ſey, Dasjenige was der Glaubiger, ohne ſichtbares Handeln, durch Zwey ihm gegenüber ſtehende Perſonen bewirken könne, auch durch Eine Perſon geſchehen zu laſſen (f). — In beiden Rechts- fragen liegt alſo vor unſren Augen die allmälige Entwick- lung des constituti possessorii in ſeinem Einfluß auf an- dere Rechtsgeſchäfte. Es kann aber keinen Zweifel ha- ben, daß die neueſte und freyeſte Entwicklung jenes Rechts- inſtituts als das eigentliche Reſultat, folglich als der letzte Ausſpruch der ganzen Geſetzgebung, anzuſehen iſt (g); mag nun die Aufnahme älterer und beſchränkterer Mey- nungen aus einem Verſehen der Compilatoren hervorge- (e) L. 34 pr. mandati (17. 1.). (f) L. 15 de reb. cred. (12. 1.). Vergl. oben § 44. s. — Zu der freyeren Behandlung, bey dem Darlehen, bekennen ſich auch L. 11 pr. de reb. cred. (12. 1.), L. 3 § 3 ad Sc. Maced. (14. 6.), L. 8 C. si certum pet. (4. 2.), welche ſämmtlich annehmen, ein Darle- hen könne auch durch eine nicht in Geld beſtehende (von dem Em- pfänger zu verkaufende) Sache ge- ſchloſſen werden, und durch dieſe Annahme gleichfalls mit L. 34 pr. mandati (17. 1.) in Widerſpruch treten. (g) Man könnte einwenden, Celſus und Julian, die ſich zu der freyeren Anſicht bekannten, ſeyen um Etwas älter als Afri- kanus. Allein in dem Fortſchritt der Meynungen laſſen ſich nie- mals feſte Zeitgränzen in der Art annehmen, daß vor und nach den- ſelben alle Meynungen unter ſich übereinſtimmend ſeyn müßten; es bedarf oft einer längeren Zeit, damit die freyere Meynung, An- fangs vertheidigt und angefoch- ten, endlich zu allgemeiner An- erkennung gelange. 38*
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nun gab den erſten dieſer Sätze zu, als ein benigne re-
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den zweyten an, weil es conſequent ſey, Dasjenige was
der Glaubiger, ohne ſichtbares Handeln, durch Zwey ihm
gegenüber ſtehende Perſonen bewirken könne, auch durch
Eine Perſon geſchehen zu laſſen (f). — In beiden Rechts-
fragen liegt alſo vor unſren Augen die allmälige Entwick-
lung des constituti possessorii in ſeinem Einfluß auf an-
dere Rechtsgeſchäfte. Es kann aber keinen Zweifel ha-
ben, daß die neueſte und freyeſte Entwicklung jenes Rechts-
inſtituts als das eigentliche Reſultat, folglich als der
letzte Ausſpruch der ganzen Geſetzgebung, anzuſehen iſt (g);
mag nun die Aufnahme älterer und beſchränkterer Mey-
nungen aus einem Verſehen der Compilatoren hervorge-
(e) L. 34 pr. mandati (17. 1.).
(f) L. 15 de reb. cred. (12. 1.).
Vergl. oben § 44. s. — Zu der
freyeren Behandlung, bey dem
Darlehen, bekennen ſich auch L. 11
pr. de reb. cred. (12. 1.), L. 3
§ 3 ad Sc. Maced. (14. 6.), L. 8
C. si certum pet. (4. 2.), welche
ſämmtlich annehmen, ein Darle-
hen könne auch durch eine nicht
in Geld beſtehende (von dem Em-
pfänger zu verkaufende) Sache ge-
ſchloſſen werden, und durch dieſe
Annahme gleichfalls mit L. 34 pr.
mandati (17. 1.) in Widerſpruch
treten.
(g) Man könnte einwenden,
Celſus und Julian, die ſich zu
der freyeren Anſicht bekannten,
ſeyen um Etwas älter als Afri-
kanus. Allein in dem Fortſchritt
der Meynungen laſſen ſich nie-
mals feſte Zeitgränzen in der Art
annehmen, daß vor und nach den-
ſelben alle Meynungen unter ſich
übereinſtimmend ſeyn müßten; es
bedarf oft einer längeren Zeit,
damit die freyere Meynung, An-
fangs vertheidigt und angefoch-
ten, endlich zu allgemeiner An-
erkennung gelange.
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/609>, abgerufen am 16.02.2025. |