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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
dere Absicht der Schenkung mit in die Beurtheilung her-
eingezogen werden (§ 146. 147).

Mit Unrecht aber würde man als Widerspruch gegen
die ganze hier behandelte verneinende Regel folgenden Fall
geltend machen. Wenn mir Einer Etwas zu tradiren be-
reit ist, entweder in Folge eines Kaufcontracts, oder auch
weil er es mir schenken will, und ich ihn damit an einen
Dritten verweise, um diesen zu beschenken, so gilt dieses
in der That als wahre von mir ausgehende Schenkung (a).
Allerdings nun habe ich, der Strenge nach, nicht ein er-
worbenes Recht abgetreten, sondern einen möglichen Er-
werb zum Vortheil jenes Dritten unterlassen; dennoch hat
dieser Fall mit den bisher behandelten keine wahre Ähn-
lichkeit. Es ist vielmehr hier blos eine, überall vorkom-
mende, Erleichterung und Abkürzung des Geschäfts; es
wird betrachtet, als wäre die Tradition in der That an
mich geschehen, und darauf weiter von mir an den Drit-
ten vorgenommen worden.



Es bleibt nun noch übrig, die dritte Klasse von Fäl-
len darzustellen, worin die Schenkung wegen fehlender
Veräußerung verneint werden muß (§ 145); wenn näm-
lich zwar der Eine Etwas aus seinem Vermögen zum
Vortheil eines Andern weggiebt, dieser Andere aber ein
außer dem Vermögen liegendes Recht dadurch erlangt.

Dahin gehört nach Römischem Recht die Freylassung

(a) L. 3 § 12. 13, L. 4, L. 56 de don. int. vir. (24. 1.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
dere Abſicht der Schenkung mit in die Beurtheilung her-
eingezogen werden (§ 146. 147).

Mit Unrecht aber würde man als Widerſpruch gegen
die ganze hier behandelte verneinende Regel folgenden Fall
geltend machen. Wenn mir Einer Etwas zu tradiren be-
reit iſt, entweder in Folge eines Kaufcontracts, oder auch
weil er es mir ſchenken will, und ich ihn damit an einen
Dritten verweiſe, um dieſen zu beſchenken, ſo gilt dieſes
in der That als wahre von mir ausgehende Schenkung (a).
Allerdings nun habe ich, der Strenge nach, nicht ein er-
worbenes Recht abgetreten, ſondern einen möglichen Er-
werb zum Vortheil jenes Dritten unterlaſſen; dennoch hat
dieſer Fall mit den bisher behandelten keine wahre Ähn-
lichkeit. Es iſt vielmehr hier blos eine, überall vorkom-
mende, Erleichterung und Abkürzung des Geſchäfts; es
wird betrachtet, als wäre die Tradition in der That an
mich geſchehen, und darauf weiter von mir an den Drit-
ten vorgenommen worden.



Es bleibt nun noch übrig, die dritte Klaſſe von Fäl-
len darzuſtellen, worin die Schenkung wegen fehlender
Veräußerung verneint werden muß (§ 145); wenn näm-
lich zwar der Eine Etwas aus ſeinem Vermögen zum
Vortheil eines Andern weggiebt, dieſer Andere aber ein
außer dem Vermögen liegendes Recht dadurch erlangt.

Dahin gehört nach Römiſchem Recht die Freylaſſung

(a) L. 3 § 12. 13, L. 4, L. 56 de don. int. vir. (24. 1.).
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[50/0064] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. dere Abſicht der Schenkung mit in die Beurtheilung her- eingezogen werden (§ 146. 147). Mit Unrecht aber würde man als Widerſpruch gegen die ganze hier behandelte verneinende Regel folgenden Fall geltend machen. Wenn mir Einer Etwas zu tradiren be- reit iſt, entweder in Folge eines Kaufcontracts, oder auch weil er es mir ſchenken will, und ich ihn damit an einen Dritten verweiſe, um dieſen zu beſchenken, ſo gilt dieſes in der That als wahre von mir ausgehende Schenkung (a). Allerdings nun habe ich, der Strenge nach, nicht ein er- worbenes Recht abgetreten, ſondern einen möglichen Er- werb zum Vortheil jenes Dritten unterlaſſen; dennoch hat dieſer Fall mit den bisher behandelten keine wahre Ähn- lichkeit. Es iſt vielmehr hier blos eine, überall vorkom- mende, Erleichterung und Abkürzung des Geſchäfts; es wird betrachtet, als wäre die Tradition in der That an mich geſchehen, und darauf weiter von mir an den Drit- ten vorgenommen worden. Es bleibt nun noch übrig, die dritte Klaſſe von Fäl- len darzuſtellen, worin die Schenkung wegen fehlender Veräußerung verneint werden muß (§ 145); wenn näm- lich zwar der Eine Etwas aus ſeinem Vermögen zum Vortheil eines Andern weggiebt, dieſer Andere aber ein außer dem Vermögen liegendes Recht dadurch erlangt. Dahin gehört nach Römiſchem Recht die Freylaſſung (a) L. 3 § 12. 13, L. 4, L. 56 de don. int. vir. (24. 1.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/64>, abgerufen am 21.11.2024.