§. 245. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortsetzung.)
sammen, so daß man die zweyte, als eine selbstständige, von der dritten verschiedene, füglich aufgeben kann.
§. 245. Aufhebung des Klagrechts. III.Verjährung. Bedingun- gen c. Bona fides. (Fortsetzung.)
Es bleibt also nur noch der Widerstreit der zwey letz- ten Meynungen zu betrachten übrig, welcher sich in der Frage ausdrucken läßt, ob die bona fides nur allein bey denjenigen persönlichen Klagen erfordert werde, die sich auf Restitution eines Besitzes beziehen, oder auf alle per- sönliche Klagen überhaupt; oder, nach einem schon oben angewendeten Ausdruck: ob sie blos gegen den debitor rei alienae in Betracht kommt, oder auch gegen den debitor rei propriae.
Diese Differenz der Meynungen ist von der höchsten praktischen Wichtigkeit, ohne Vergleichung wichtiger als die unter den drey ersten Meynungen. Denn die wahre Bedeutung der vierten Meynung kann keine andere seyn als die, daß die Verjährung ausgeschlossen seyn soll, wenn der Schuldner in irgend einem Augenblick das Bewußtseyn der Schuld hatte, indem man nun annehmen müsse, daß er mala fide unterlassen habe, den Glaubiger zu befriedi- gen. Es ist aber einleuchtend, daß dadurch das höchst wohlthätige Institut der Klagverjährung fast ganz vernich- tet wird. Denn alle Schuldner aus Verträgen oder De- licten haben wenigstens im Anfang das bestimmte Bewußt-
§. 245. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortſetzung.)
ſammen, ſo daß man die zweyte, als eine ſelbſtſtändige, von der dritten verſchiedene, füglich aufgeben kann.
§. 245. Aufhebung des Klagrechts. III.Verjährung. Bedingun- gen c. Bona fides. (Fortſetzung.)
Es bleibt alſo nur noch der Widerſtreit der zwey letz- ten Meynungen zu betrachten übrig, welcher ſich in der Frage ausdrucken läßt, ob die bona fides nur allein bey denjenigen perſönlichen Klagen erfordert werde, die ſich auf Reſtitution eines Beſitzes beziehen, oder auf alle per- ſönliche Klagen überhaupt; oder, nach einem ſchon oben angewendeten Ausdruck: ob ſie blos gegen den debitor rei alienae in Betracht kommt, oder auch gegen den debitor rei propriae.
Dieſe Differenz der Meynungen iſt von der höchſten praktiſchen Wichtigkeit, ohne Vergleichung wichtiger als die unter den drey erſten Meynungen. Denn die wahre Bedeutung der vierten Meynung kann keine andere ſeyn als die, daß die Verjährung ausgeſchloſſen ſeyn ſoll, wenn der Schuldner in irgend einem Augenblick das Bewußtſeyn der Schuld hatte, indem man nun annehmen müſſe, daß er mala fide unterlaſſen habe, den Glaubiger zu befriedi- gen. Es iſt aber einleuchtend, daß dadurch das höchſt wohlthätige Inſtitut der Klagverjährung faſt ganz vernich- tet wird. Denn alle Schuldner aus Verträgen oder De- licten haben wenigſtens im Anfang das beſtimmte Bewußt-
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§. 245. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortſetzung.)
ſammen, ſo daß man die zweyte, als eine ſelbſtſtändige,
von der dritten verſchiedene, füglich aufgeben kann.
§. 245.
Aufhebung des Klagrechts. III. Verjährung. Bedingun-
gen c. Bona fides. (Fortſetzung.)
Es bleibt alſo nur noch der Widerſtreit der zwey letz-
ten Meynungen zu betrachten übrig, welcher ſich in der
Frage ausdrucken läßt, ob die bona fides nur allein bey
denjenigen perſönlichen Klagen erfordert werde, die ſich
auf Reſtitution eines Beſitzes beziehen, oder auf alle per-
ſönliche Klagen überhaupt; oder, nach einem ſchon oben
angewendeten Ausdruck: ob ſie blos gegen den debitor rei
alienae in Betracht kommt, oder auch gegen den debitor
rei propriae.
Dieſe Differenz der Meynungen iſt von der höchſten
praktiſchen Wichtigkeit, ohne Vergleichung wichtiger als
die unter den drey erſten Meynungen. Denn die wahre
Bedeutung der vierten Meynung kann keine andere ſeyn
als die, daß die Verjährung ausgeſchloſſen ſeyn ſoll, wenn
der Schuldner in irgend einem Augenblick das Bewußtſeyn
der Schuld hatte, indem man nun annehmen müſſe, daß
er mala fide unterlaſſen habe, den Glaubiger zu befriedi-
gen. Es iſt aber einleuchtend, daß dadurch das höchſt
wohlthätige Inſtitut der Klagverjährung faſt ganz vernich-
tet wird. Denn alle Schuldner aus Verträgen oder De-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/349>, abgerufen am 23.12.2024.
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