Zweytens wird in unsre Frage ungehörig eingemischt die exceptio non numeratae pecuniae. Wenn über ein Darlehen ein Schuldschein ausgestellt ist, so soll dieser zwey Jahre lang (früher Fünf Jahre) nicht als Beweis gebraucht werden können. Das nennt man die Verjäh- rung der exceptio non numeratae pecuniae(e), und glaubt also damit wenigstens für Eine Exception die Verjährung bewiesen zu haben, deren Möglichkeit dann auch wohl auf andere Exceptionen angewendet werden könne. Allein diese Frist, die übrigens in unsren Quellen nirgend mit der Klagverjährung zusammen gestellt wird, bezieht sich in der That gar nicht auf die Exception als solche, sondern ledig- lich auf diese ganz eigenthümliche Regel über den Gebrauch von Beweisurkunden. Diese Behauptung läßt sich von zwey Seiten her rechtfertigen. Gesetzt, es wäre in einem solchen Fall kein Schuldschein ausgestellt, und es würde aus der mit dem angeblichen Darlehen verbundenen Sti- pulation geklagt, so wäre von dem Beklagten ganz die- selbe doli exceptio, wie in jenem Fall, zu gebrauchen, nur könnte keine Rede von einer Frist seyn, weil keine eigenthümliche Beweisregel zur Anwendung käme. Wenn
Jucidentfrage gleich unmittelbar erledigt werden.
(e) Daß dieses Rechtsmittel überhaupt eine Exception genannt wird, erklärt sich blos aus der Römischen Sitte, mit dem Darle- hen eine Stipulation zu verbinden. Aus der Stipulation wurde ge- klagt, deren Daseyn war nicht ab- zuleugnen, und so bedurfte der Be- klagte eine doli exceptio, die in dieser besonderen Anwendung non numeratae pecuniae heißt. Ge- gen die reine Darlehensklage hätte eine absolute Verneinung genügt, die Beweisregeln aber blieben die- selben. § 2 J. de except. (4. 13.).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Zweytens wird in unſre Frage ungehörig eingemiſcht die exceptio non numeratae pecuniae. Wenn über ein Darlehen ein Schuldſchein ausgeſtellt iſt, ſo ſoll dieſer zwey Jahre lang (früher Fünf Jahre) nicht als Beweis gebraucht werden können. Das nennt man die Verjäh- rung der exceptio non numeratae pecuniae(e), und glaubt alſo damit wenigſtens für Eine Exception die Verjährung bewieſen zu haben, deren Möglichkeit dann auch wohl auf andere Exceptionen angewendet werden könne. Allein dieſe Friſt, die übrigens in unſren Quellen nirgend mit der Klagverjährung zuſammen geſtellt wird, bezieht ſich in der That gar nicht auf die Exception als ſolche, ſondern ledig- lich auf dieſe ganz eigenthümliche Regel über den Gebrauch von Beweisurkunden. Dieſe Behauptung läßt ſich von zwey Seiten her rechtfertigen. Geſetzt, es wäre in einem ſolchen Fall kein Schuldſchein ausgeſtellt, und es würde aus der mit dem angeblichen Darlehen verbundenen Sti- pulation geklagt, ſo wäre von dem Beklagten ganz die- ſelbe doli exceptio, wie in jenem Fall, zu gebrauchen, nur könnte keine Rede von einer Friſt ſeyn, weil keine eigenthümliche Beweisregel zur Anwendung käme. Wenn
Jucidentfrage gleich unmittelbar erledigt werden.
(e) Daß dieſes Rechtsmittel überhaupt eine Exception genannt wird, erklärt ſich blos aus der Römiſchen Sitte, mit dem Darle- hen eine Stipulation zu verbinden. Aus der Stipulation wurde ge- klagt, deren Daſeyn war nicht ab- zuleugnen, und ſo bedurfte der Be- klagte eine doli exceptio, die in dieſer beſonderen Anwendung non numeratae pecuniae heißt. Ge- gen die reine Darlehensklage hätte eine abſolute Verneinung genügt, die Beweisregeln aber blieben die- ſelben. § 2 J. de except. (4. 13.).
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Zweytens wird in unſre Frage ungehörig eingemiſcht
die exceptio non numeratae pecuniae. Wenn über ein
Darlehen ein Schuldſchein ausgeſtellt iſt, ſo ſoll dieſer
zwey Jahre lang (früher Fünf Jahre) nicht als Beweis
gebraucht werden können. Das nennt man die Verjäh-
rung der exceptio non numeratae pecuniae (e), und glaubt
alſo damit wenigſtens für Eine Exception die Verjährung
bewieſen zu haben, deren Möglichkeit dann auch wohl auf
andere Exceptionen angewendet werden könne. Allein dieſe
Friſt, die übrigens in unſren Quellen nirgend mit der
Klagverjährung zuſammen geſtellt wird, bezieht ſich in der
That gar nicht auf die Exception als ſolche, ſondern ledig-
lich auf dieſe ganz eigenthümliche Regel über den Gebrauch
von Beweisurkunden. Dieſe Behauptung läßt ſich von
zwey Seiten her rechtfertigen. Geſetzt, es wäre in einem
ſolchen Fall kein Schuldſchein ausgeſtellt, und es würde
aus der mit dem angeblichen Darlehen verbundenen Sti-
pulation geklagt, ſo wäre von dem Beklagten ganz die-
ſelbe doli exceptio, wie in jenem Fall, zu gebrauchen,
nur könnte keine Rede von einer Friſt ſeyn, weil keine
eigenthümliche Beweisregel zur Anwendung käme. Wenn
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(e) Daß dieſes Rechtsmittel
überhaupt eine Exception genannt
wird, erklärt ſich blos aus der
Römiſchen Sitte, mit dem Darle-
hen eine Stipulation zu verbinden.
Aus der Stipulation wurde ge-
klagt, deren Daſeyn war nicht ab-
zuleugnen, und ſo bedurfte der Be-
klagte eine doli exceptio, die in
dieſer beſonderen Anwendung non
numeratae pecuniae heißt. Ge-
gen die reine Darlehensklage hätte
eine abſolute Verneinung genügt,
die Beweisregeln aber blieben die-
ſelben. § 2 J. de except. (4. 13.).
(d) Jucidentfrage gleich unmittelbar
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/430>, abgerufen am 23.12.2024.
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