Derselbe Erfolg, welchen die doli clausula einer Sti- pulation herbeyführte, konnte auch noch auf einem ande- ren Wege bewirkt werden, wenn nämlich als Inhalt der Stipulation ausgedrückt wurde die Gesammtheit der Ver- pflichtungen, welche bisher aus einem b. f. contractus ent- sprungen waren, z. B. wenn ein Verpächter von dem Pächter stipulirte: quidquid te mihi dare facere opor- tet(f). Denn durch diese Fassung wurde gerade derjenige Inhalt in die Stipulation gelegt, den außerdem die locati actio gehabt haben würde.
XVIII.
Es geschah aber nicht blos durch den Willen der Par- teyen, daß freye Klagen in strenge verwandelt wurden, sondern auch der Prätor pflegte nicht selten eine solche Verwandlung zu bewirken. Wo er es jedoch aus eigenem Antriebe that, da lag nicht sowohl die Absicht zum Grunde, die strenge Prozeßart der freyen vorzuziehen, als vielmehr bestimmte Strafen vertragsmäßig herbeyzuführen, wozu die Stipulation die einzige Form darbot (Num. XI.).
Die actio constitutae pecuniae war vom Prätor neu eingeführt, also ein arbitrium; um aber ihre Wirkung zu verstärken, zwang der Prätor den Beklagten zu einer Sti- pulation, worin er dem Kläger eine Succumbenzstrafe
(f)L. 89 de V. O. (45. 1.), L. 1 § 4 quar. rer. actio (44. 5.), L. 27 de novat. (46. 2.).
Beylage XIII.
Derſelbe Erfolg, welchen die doli clausula einer Sti- pulation herbeyführte, konnte auch noch auf einem ande- ren Wege bewirkt werden, wenn nämlich als Inhalt der Stipulation ausgedrückt wurde die Geſammtheit der Ver- pflichtungen, welche bisher aus einem b. f. contractus ent- ſprungen waren, z. B. wenn ein Verpächter von dem Pächter ſtipulirte: quidquid te mihi dare facere opor- tet(f). Denn durch dieſe Faſſung wurde gerade derjenige Inhalt in die Stipulation gelegt, den außerdem die locati actio gehabt haben würde.
XVIII.
Es geſchah aber nicht blos durch den Willen der Par- teyen, daß freye Klagen in ſtrenge verwandelt wurden, ſondern auch der Prätor pflegte nicht ſelten eine ſolche Verwandlung zu bewirken. Wo er es jedoch aus eigenem Antriebe that, da lag nicht ſowohl die Abſicht zum Grunde, die ſtrenge Prozeßart der freyen vorzuziehen, als vielmehr beſtimmte Strafen vertragsmäßig herbeyzuführen, wozu die Stipulation die einzige Form darbot (Num. XI.).
Die actio constitutae pecuniae war vom Prätor neu eingeführt, alſo ein arbitrium; um aber ihre Wirkung zu verſtärken, zwang der Prätor den Beklagten zu einer Sti- pulation, worin er dem Kläger eine Succumbenzſtrafe
(f)L. 89 de V. O. (45. 1.), L. 1 § 4 quar. rer. actio (44. 5.), L. 27 de novat. (46. 2.).
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Beylage XIII.
Derſelbe Erfolg, welchen die doli clausula einer Sti-
pulation herbeyführte, konnte auch noch auf einem ande-
ren Wege bewirkt werden, wenn nämlich als Inhalt der
Stipulation ausgedrückt wurde die Geſammtheit der Ver-
pflichtungen, welche bisher aus einem b. f. contractus ent-
ſprungen waren, z. B. wenn ein Verpächter von dem
Pächter ſtipulirte: quidquid te mihi dare facere opor-
tet (f). Denn durch dieſe Faſſung wurde gerade derjenige
Inhalt in die Stipulation gelegt, den außerdem die locati
actio gehabt haben würde.
XVIII.
Es geſchah aber nicht blos durch den Willen der Par-
teyen, daß freye Klagen in ſtrenge verwandelt wurden,
ſondern auch der Prätor pflegte nicht ſelten eine ſolche
Verwandlung zu bewirken. Wo er es jedoch aus eigenem
Antriebe that, da lag nicht ſowohl die Abſicht zum Grunde,
die ſtrenge Prozeßart der freyen vorzuziehen, als vielmehr
beſtimmte Strafen vertragsmäßig herbeyzuführen, wozu die
Stipulation die einzige Form darbot (Num. XI.).
Die actio constitutae pecuniae war vom Prätor neu
eingeführt, alſo ein arbitrium; um aber ihre Wirkung zu
verſtärken, zwang der Prätor den Beklagten zu einer Sti-
pulation, worin er dem Kläger eine Succumbenzſtrafe
(f) L. 89 de V. O. (45. 1.), L. 1 § 4 quar. rer. actio (44. 5.),
L. 27 de novat. (46. 2.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/512>, abgerufen am 23.12.2024.
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