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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Die Condictionen. XXVI.
klärt wird (e). Dieses wird auch dadurch nicht gebessert,
daß nachher, scheinbar übereinstimmend mit Gajus, hinzu-
gesetzt wird: In personam actio est, qua cum eo agimus,
qui obligatus est nobis ad faciendum aliquid vel dandum.

Denn eine solche Verpflichtung auf dare oder facere
findet sich in der That bey allen Obligationen ohne Aus-
nahme, ist also nicht der unterscheidende Character der
Condictionen. Da aber diese Stelle des Ulpian mit so
vielen anderen Stellen desselben Verfassers in entschiedenem
Widerspruch steht, so ist mit großer Wahrscheinlichkeit an-
zunehmen, daß sie von den Compilatoren stark umgeändert
worden ist. -- Von einer Institutionenstelle ist schon oben
(Num. XXV. a.) bemerkt worden, daß sie den Worten
nach mit Gajus gleichlautend ist, dem Sinne nach die
condictio für jede persönliche Klage überhaupt erklärt. --
Eine ähnliche Erweiterung des Sprachgebrauchs, doch
weniger entschieden, findet sich in einer Stelle des Codex (f).

Weit wichtiger und bedenklicher würde es seyn, wenn
sich Stellen der alten Juristen nachweisen ließen, worin
bey einzelnen Rechtsverhältnissen der Ausdruck condictio
gebraucht würde, um eine wirkliche bonae fidei actio,
namentlich die actio praescriptis verbis, zu bezeichnen.

(e) L. 25 pr. de O. et A.
(44. 7.), vgl. System § 206.
(f) L. 1 C. de don. q. sub
modo
(8. 55.) "... condictio
quidem tibi in hoc casu, id est
in personam actio,
jure pro-
cedit"
... Man kann die Worte
id est etc. als Erklärung des
Ausdrucks condictio verstehen,
(also in demselben Sinn wie L. 25
pr. de V. O.
), sie können aber
auch sagen wollen: "welche per-
sönliche Klage im vorliegenden Fall
eine condictio seyn würde."
V. 38

Die Condictionen. XXVI.
klärt wird (e). Dieſes wird auch dadurch nicht gebeſſert,
daß nachher, ſcheinbar übereinſtimmend mit Gajus, hinzu-
geſetzt wird: In personam actio est, qua cum eo agimus,
qui obligatus est nobis ad faciendum aliquid vel dandum.

Denn eine ſolche Verpflichtung auf dare oder facere
findet ſich in der That bey allen Obligationen ohne Aus-
nahme, iſt alſo nicht der unterſcheidende Character der
Condictionen. Da aber dieſe Stelle des Ulpian mit ſo
vielen anderen Stellen deſſelben Verfaſſers in entſchiedenem
Widerſpruch ſteht, ſo iſt mit großer Wahrſcheinlichkeit an-
zunehmen, daß ſie von den Compilatoren ſtark umgeändert
worden iſt. — Von einer Inſtitutionenſtelle iſt ſchon oben
(Num. XXV. a.) bemerkt worden, daß ſie den Worten
nach mit Gajus gleichlautend iſt, dem Sinne nach die
condictio für jede perſönliche Klage überhaupt erklärt. —
Eine ähnliche Erweiterung des Sprachgebrauchs, doch
weniger entſchieden, findet ſich in einer Stelle des Codex (f).

Weit wichtiger und bedenklicher würde es ſeyn, wenn
ſich Stellen der alten Juriſten nachweiſen ließen, worin
bey einzelnen Rechtsverhältniſſen der Ausdruck condictio
gebraucht würde, um eine wirkliche bonae fidei actio,
namentlich die actio praescriptis verbis, zu bezeichnen.

(e) L. 25 pr. de O. et A.
(44. 7.), vgl. Syſtem § 206.
(f) L. 1 C. de don. q. sub
modo
(8. 55.) „… condictio
quidem tibi in hoc casu, id est
in personam actio,
jure pro-
cedit”
… Man kann die Worte
id est etc. als Erklärung des
Ausdrucks condictio verſtehen,
(alſo in demſelben Sinn wie L. 25
pr. de V. O.
), ſie können aber
auch ſagen wollen: „welche per-
ſönliche Klage im vorliegenden Fall
eine condictio ſeyn würde.“
V. 38
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[593/0607] Die Condictionen. XXVI. klärt wird (e). Dieſes wird auch dadurch nicht gebeſſert, daß nachher, ſcheinbar übereinſtimmend mit Gajus, hinzu- geſetzt wird: In personam actio est, qua cum eo agimus, qui obligatus est nobis ad faciendum aliquid vel dandum. Denn eine ſolche Verpflichtung auf dare oder facere findet ſich in der That bey allen Obligationen ohne Aus- nahme, iſt alſo nicht der unterſcheidende Character der Condictionen. Da aber dieſe Stelle des Ulpian mit ſo vielen anderen Stellen deſſelben Verfaſſers in entſchiedenem Widerſpruch ſteht, ſo iſt mit großer Wahrſcheinlichkeit an- zunehmen, daß ſie von den Compilatoren ſtark umgeändert worden iſt. — Von einer Inſtitutionenſtelle iſt ſchon oben (Num. XXV. a.) bemerkt worden, daß ſie den Worten nach mit Gajus gleichlautend iſt, dem Sinne nach die condictio für jede perſönliche Klage überhaupt erklärt. — Eine ähnliche Erweiterung des Sprachgebrauchs, doch weniger entſchieden, findet ſich in einer Stelle des Codex (f). Weit wichtiger und bedenklicher würde es ſeyn, wenn ſich Stellen der alten Juriſten nachweiſen ließen, worin bey einzelnen Rechtsverhältniſſen der Ausdruck condictio gebraucht würde, um eine wirkliche bonae fidei actio, namentlich die actio praescriptis verbis, zu bezeichnen. (e) L. 25 pr. de O. et A. (44. 7.), vgl. Syſtem § 206. (f) L. 1 C. de don. q. sub modo (8. 55.) „… condictio quidem tibi in hoc casu, id est in personam actio, jure pro- cedit” … Man kann die Worte id est etc. als Erklärung des Ausdrucks condictio verſtehen, (alſo in demſelben Sinn wie L. 25 pr. de V. O.), ſie können aber auch ſagen wollen: „welche per- ſönliche Klage im vorliegenden Fall eine condictio ſeyn würde.“ V. 38

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/607>, abgerufen am 18.06.2024.