Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Beylage XIV. namentlich mag sie wohl in dem Prozeß des Roscius nichtvorgekommen seyn, da sonst Cicero nicht hätte in Frage stellen können, ob ein Darlehn, eine Stipulation, oder eine Expensilation, der Klage zum Grunde liege. Viel- leicht hing es also von der Willkühr des Klägers ab, ob eine Demonstratio hinzugefügt werden sollte oder nicht. Wo diese Condiction eine specielle Veranlassung hatte, wie z. B. Diebstahl, Indebitum u. s. w., da mag wohl die De- monstratio stets hinzugefügt worden seyn. -- Sogar müs- sen wir annehmen, daß diese nähere Bezeichnung des Ent- stehungsgrundes einer Forderung unmittelbar in der In- tentio ausgedrückt werden konnte (Si paret, ex stipulatu centum dari oportere) (b), so daß also in dieser Bezie- hung ein freyer Spielraum für die Fassung der Formeln gestattet worden ist. In dem Prozeß des Roscius kann, aus dem eben angegebenen Grunde, diese nähere Bezeich- nung auch in der Intentio nicht enthalten gewesen seyn. Dagegen wird in der oben aus Quinctilian angeführten Stelle (X. k.) vorausgesetzt, daß die Stipulation als Kla- gegrund in der Formel ausgedrückt war; sey es nun in der Demonstratio, oder in der Intentio, welches bey Quinc- tilian unbestimmt bleibt. Die eigenthümliche, höchst wichtige, Wirkung dieser (b) Gajus IV. § 55. "Item
palam est, si quis aliud pro alio intenderit, nihil eum pe- reclitari (velut) ... si quis ex testamento dari sibi oportere intenderit, cui ex stipulatu de- bebatur." Daß er in der That eine in die Intentio aufgenom- mene Bezeichnung meint, zeigt un- widersprechlich die Vergleichung mit § 58. Beylage XIV. namentlich mag ſie wohl in dem Prozeß des Roscius nichtvorgekommen ſeyn, da ſonſt Cicero nicht hätte in Frage ſtellen können, ob ein Darlehn, eine Stipulation, oder eine Expenſilation, der Klage zum Grunde liege. Viel- leicht hing es alſo von der Willkühr des Klägers ab, ob eine Demonstratio hinzugefügt werden ſollte oder nicht. Wo dieſe Condiction eine ſpecielle Veranlaſſung hatte, wie z. B. Diebſtahl, Indebitum u. ſ. w., da mag wohl die De- monstratio ſtets hinzugefügt worden ſeyn. — Sogar müſ- ſen wir annehmen, daß dieſe nähere Bezeichnung des Ent- ſtehungsgrundes einer Forderung unmittelbar in der In- tentio ausgedrückt werden konnte (Si paret, ex stipulatu centum dari oportere) (b), ſo daß alſo in dieſer Bezie- hung ein freyer Spielraum für die Faſſung der Formeln geſtattet worden iſt. In dem Prozeß des Roscius kann, aus dem eben angegebenen Grunde, dieſe nähere Bezeich- nung auch in der Intentio nicht enthalten geweſen ſeyn. Dagegen wird in der oben aus Quinctilian angeführten Stelle (X. k.) vorausgeſetzt, daß die Stipulation als Kla- gegrund in der Formel ausgedrückt war; ſey es nun in der Demonstratio, oder in der Intentio, welches bey Quinc- tilian unbeſtimmt bleibt. Die eigenthümliche, höchſt wichtige, Wirkung dieſer (b) Gajus IV. § 55. „Item
palam est, si quis aliud pro alio intenderit, nihil eum pe- reclitari (velut) … si quis ex testamento dari sibi oportere intenderit, cui ex stipulatu de- bebatur.” Daß er in der That eine in die Intentio aufgenom- mene Bezeichnung meint, zeigt un- widerſprechlich die Vergleichung mit § 58. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0624" n="610"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/> namentlich mag ſie wohl in dem Prozeß des Roscius nicht<lb/> vorgekommen ſeyn, da ſonſt Cicero nicht hätte in Frage<lb/> ſtellen können, ob ein Darlehn, eine Stipulation, oder<lb/> eine Expenſilation, der Klage zum Grunde liege. Viel-<lb/> leicht hing es alſo von der Willkühr des Klägers ab, ob<lb/> eine <hi rendition="#aq">Demonstratio</hi> hinzugefügt werden ſollte oder nicht.<lb/> Wo dieſe Condiction eine ſpecielle Veranlaſſung hatte, wie<lb/> z. B. Diebſtahl, Indebitum u. ſ. w., da mag wohl die <hi rendition="#aq">De-<lb/> monstratio</hi> ſtets hinzugefügt worden ſeyn. — Sogar müſ-<lb/> ſen wir annehmen, daß dieſe nähere Bezeichnung des Ent-<lb/> ſtehungsgrundes einer Forderung unmittelbar in der <hi rendition="#aq">In-<lb/> tentio</hi> ausgedrückt werden konnte (<hi rendition="#aq">Si paret, <hi rendition="#i">ex stipulatu</hi><lb/> centum dari oportere</hi>) <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV. § 55. „Item<lb/> palam est, si quis aliud pro<lb/> alio intenderit, nihil eum pe-<lb/> reclitari (velut) … si quis ex<lb/> testamento dari sibi oportere<lb/> intenderit, cui ex stipulatu de-<lb/> bebatur.”</hi> Daß er in der That<lb/> eine in die <hi rendition="#aq">Intentio</hi> aufgenom-<lb/> mene Bezeichnung meint, zeigt un-<lb/> widerſprechlich die Vergleichung<lb/> mit § 58.</note>, ſo daß alſo in dieſer Bezie-<lb/> hung ein freyer Spielraum für die Faſſung der Formeln<lb/> geſtattet worden iſt. In dem Prozeß des Roscius kann,<lb/> aus dem eben angegebenen Grunde, dieſe nähere Bezeich-<lb/> nung auch in der <hi rendition="#aq">Intentio</hi> nicht enthalten geweſen ſeyn.<lb/> Dagegen wird in der oben aus Quinctilian angeführten<lb/> Stelle (<hi rendition="#aq">X. k.</hi>) vorausgeſetzt, daß die Stipulation als Kla-<lb/> gegrund in der Formel ausgedrückt war; ſey es nun in<lb/> der <hi rendition="#aq">Demonstratio,</hi> oder in der <hi rendition="#aq">Intentio,</hi> welches bey Quinc-<lb/> tilian unbeſtimmt bleibt.</p><lb/> <p>Die eigenthümliche, höchſt wichtige, Wirkung dieſer<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [610/0624]
Beylage XIV.
namentlich mag ſie wohl in dem Prozeß des Roscius nicht
vorgekommen ſeyn, da ſonſt Cicero nicht hätte in Frage
ſtellen können, ob ein Darlehn, eine Stipulation, oder
eine Expenſilation, der Klage zum Grunde liege. Viel-
leicht hing es alſo von der Willkühr des Klägers ab, ob
eine Demonstratio hinzugefügt werden ſollte oder nicht.
Wo dieſe Condiction eine ſpecielle Veranlaſſung hatte, wie
z. B. Diebſtahl, Indebitum u. ſ. w., da mag wohl die De-
monstratio ſtets hinzugefügt worden ſeyn. — Sogar müſ-
ſen wir annehmen, daß dieſe nähere Bezeichnung des Ent-
ſtehungsgrundes einer Forderung unmittelbar in der In-
tentio ausgedrückt werden konnte (Si paret, ex stipulatu
centum dari oportere) (b), ſo daß alſo in dieſer Bezie-
hung ein freyer Spielraum für die Faſſung der Formeln
geſtattet worden iſt. In dem Prozeß des Roscius kann,
aus dem eben angegebenen Grunde, dieſe nähere Bezeich-
nung auch in der Intentio nicht enthalten geweſen ſeyn.
Dagegen wird in der oben aus Quinctilian angeführten
Stelle (X. k.) vorausgeſetzt, daß die Stipulation als Kla-
gegrund in der Formel ausgedrückt war; ſey es nun in
der Demonstratio, oder in der Intentio, welches bey Quinc-
tilian unbeſtimmt bleibt.
Die eigenthümliche, höchſt wichtige, Wirkung dieſer
(b) Gajus IV. § 55. „Item
palam est, si quis aliud pro
alio intenderit, nihil eum pe-
reclitari (velut) … si quis ex
testamento dari sibi oportere
intenderit, cui ex stipulatu de-
bebatur.” Daß er in der That
eine in die Intentio aufgenom-
mene Bezeichnung meint, zeigt un-
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/624>, abgerufen am 18.06.2024. |